Archiv für den Monat Mai 2006

Oriental Beauty, wer bist Du?

Oriental BeautyDer Oriental Beauty aus Beipu, Taiwan.

Oriental Beauty hat nun verschiedene Kandidaten. Der einstige Formosa Oolong ist nun konfrontiert mit verschiedenen Kandidaten aus China. Fujian war ursprünglich die Heimat von verschiedenen Oolongs, die von anderen nachgeahmt wurden. Paochung und Dancong sind Kopie von Wuyi Yancha, während Tie Guanyin aus Taiwan auf den Tie Guanyin aus Anxi zurückzuführen war. Nun gibt es auch Kopie von Oriental Beauty aus Fujian. Eine historische Ironie?

Als China noch kulturelles Mutterland war, pilgerten Japaner, Koreaner, Südasiaten nach dem Reich der Mitte. Dort lernten sie Buddhismus, Tee und verschiedene Sitten kennen. Japanischer Kimono ist eine abgeguckte Mode aus Sechs Dynastien in China. Diese kulturelle Adaption erlebt in dem jeweiligen nacheifernden Land eine kulturelle Blüte und dessen Früchte können wir heute sehr gut beobachten. Japanische Kultur ernährt sich aus dem chinesischen Boden, aber entwickelt sich zu einem eigenständigen Stil und Richtung. Japaner verstehen ihre Kultur als eine eigenständige, nicht als eine Kopie.

Der Tee kam nach Taiwan durch chinesische Einwanderer, die eigentlich Wirtschaftsflüchtlinge waren. Sie fanden in Taiwan eine neue Heimat und pflanzten dort ihren Tee, den sie in ihrer Heimat gerne tranken. Durch den Engländer Dodd wurde Formosa Oolong Ende 19. Jahrhundert (1866) richtig weltberühmt – dieser Formosa Oolong war der Oriental Beauty (Baihao Wulong Cha)! Ein Zufallsprodukt, der aus Sparsamkeit und Überlebenswille des taiwanesischen Teebauer entstanden ist. Wir wussten nicht mehr, woher dieser Name stammt. Wir wussten nur, dass dieser Tee eine einzige taiwanesische Kreation ist. Alle andere Formosa Oolong, sei es Paochung, sei es Dongding oder Hochlandoolong, sind mehr oder weniger inspiriert von dem Fujian Oolong. Sie entwickelt sich zwar zu einer eigenen Richtung, aber ihr Ursprung ist chinesisch. Nur den Oriental Beauty könnte man nirgends in der chinesischen Literatur im Festland China, in ihrer Tradition nachschlagen.

Nun findet die Einwanderungsrichtung umgekehrt statt. Es ist so unberechenbar wie die Geschichte. Taiwanesische Einwanderer gehen nun Richtung China – nicht als Wirtschaftsflüchtlinge, sondern als Investoren! Taiwanesischer Teebauer kehrt nach Anxi zurück und pachte Länderei, um ihren „taiwanesisierten“ Oolong herzustellen. Darunter auch Oriental Beauty. Manche produzieren Oriental Beauty nach dem Formosa Vorbild, manche… produzieren einfach etwas und verkaufen weiter ins Ausland!

Der Wind weht nun in einer anderen Richtung. In Europa gibt es nun verschiedene Oriental Beauty! Die „wirkliche“ Beauty, die von Insekten gebissen wurden und wunderschönen honigarigen fruchtigen Aufguss anbieten, ist konfrontiert mit anderen „Beauties“, die halbkugelige Form und starke Röstung zeigen, oder nach Kastanien schmecken. Die Konsumenten in Eurpan können sich als Kaiser fühlen, zwischen verschiedenen Oriental Beauties aus verschiedenen Herkünften zu wählen. Aber wer ist die „wirkliche“?

Der chinesische Harry Potter erzählt seine Geschichte schon mit 9 Bänden, während das englische Original weniger hat – nur 6 Bände. Wer ist die Kopie, wer ist der original? China ist die Weltfabrik.

Wenn der Teehändler in Europa sich nicht mit der Geschichte des Tees und der Sprache des Tees beschäftigt, ist ausgeliefert von dem so genannten „Experten“ aus Asien. Der Expert oder der Verkäufer kann immer etwas erzählen, aber ein Tee spricht immer dieselbe Sprache, wie er ist. Der Händler hätte dann Interesse sein Fachwissen selbst weiter zu bilden und den Tee wirklich zu verstehen, wenn der Konsument ihn auffordert.

Dongding Oolong heute und gestern 凍頂鳥龍茶的过去和现在

Formosa Dongding Oolong 凍頂鳥龍茶 aus Mitte Taiwan 南投 Nantou wird sogar offiziell von Beijing Regierung als chinesische Spezialität für Olympia 2008 gewählt. Das Volk in Formosa könnte wohl tiefst berührt sein.
Was hat China mit dem Formosa Dongding zu tun?
Ende des 19. Jahrhunderts ein Mandariner Lin Fengchi 林鳳池 aus Lugu bestand kaiserliche Hofbeamte-Prüfung von Manchu 滿洲 (Manchu herrschte in dieser Zeit in Taiwan. Jahrzehnte später übergab Manchu die Macht über Taiwan an die Japaner.) Als Dank an sein Clan, das ihn finanziell unterstützte, brachte 1885 Oolongbäume aus Wuyi Gebirge 武夷山 nach Lugu 鹿谷zurück. Verwandte Lin Sanxian 林三顯 pflanzte die Teebäume im Dongding Berg 凍頂山 (700 M ü. M.). Dieser Teebaum heißt Qingxin Wulong, dessen Verwandte heute in China Aijiao Wulong heißt.
Heute werden nicht nur Qingxin Oolong 青心烏龍 im Dongding-Berg angepflanzt. Jinxuan und Cuiyu (Jadeoolong) erobern auch den „heiligen“ Berg des Formosa Oolongs!
Früher war der Dongding Oolong ein Oolong, der orangenfarbigen Aufguss zeigt und leicht nach Osmanthus duftet (typische Duftnote von Qingxin Oolong 青心烏龍 – da Duft von Osmanthus in Europa nicht bekannt ist, versuche ich diese Duftnote umzubeschreiben – mit Maiglockchen-Duft). Die aufgegossenen Blätter weisen deutlich rötliche Ränder und olivgrüne Farbe im Zentrum der Blätter. Der Geschmack ist vielseitig, lieblich, leicht säuerlich und geschmeidig. Der Duft ist langhaltig und langsam entfaltend. Farbe und verschiedene Bilder werden hervorgerufen. Ich, Roger und Miriam hatten das Glück, diesen Tee in dieser alten Art zu trinken – am einen regnerischen Nachmittag an der Limmat. Roger fragte mich, ob er diesen Tee haben könnte. Leider war der Tee ausverkauft. Man muss heute Teebauer bieten, diesen Tee in dieser Art herzustellen. Mal sehen, ob der Teebauer in diesem Winter wieder macht. Frühlingsernte enthält oft zu viel Feuchtigkeit, die diese Art von Tee nicht besonders begünstigt. Tie Guanyin aus Anxi ist deswegen berühmt für seine Herbst-Ernte, nicht für die Frühlingsernte.
Heute ist der Dongding ein grüner Oolong geworden. Heute heißt alle Formosa Oolong außer Oriental Beauty und Hochlandoolong Dongding Oolong. Eigentlich hat Dongding eine typsichen Duftnote und einen typischen Geschmack, denn der Dongding Berg ein spezielles Klima hat, das Teeanbau besonders begünstigt. Aber wer kann uns heute garantieren, dass dieser Dongding Oolong aus Dongding kommt? Selbst für den Tee-Wettbewerb in Dongding wird Tee aus Hochland eingekauft und als Dongding bezeichnet. Solcher „falscher“ Dongding gewinnt sogar Preise im Wettbewerb. Wenn man nur an die Wörter der Menschen glaubt, nicht mehr an dem Tee selbst, verliert man immer mehr Bezug zu der Realität!

Dongding Berg

Dongding Berg

Wo Geld eine Rolle spielt, wird wohl die Qualität eines Menschen getestet. Eigentlich kann man nur der Formosa Oolong Dongding bezeichnen, wenn der Tee aus Zhangya, Fenghuang und Yonglong Dörfer stammen. Heute werden umgehende Dörfer auch zu Dongding gezählt. Ruitian 瑞田 (nur 100 M. ü. M.) und Fenghuang 鳳凰山 (Teegarten von National Taiwan Universität, 800 M. ü. M.) sind zwei völlig verschiedene Teegegend und Klimazone. Aber ihr Tee heißt immer Dongding Oolong. Also viel Glück braucht ein Teeliebhaber, wenn er Dongding Oolong einkauft.

Dongding Oolong wird 5 Ernte pro Jahr vom April bis November getätigt. Momentan gibt mind. 3 verschiedene Teewettbewerbe von Dongding und jeweils im Frühling und Winter. Der erste Preis kostet oft 1000 € für 600g!! Warum sollte man gegen den Trend und Geld arbeiten?

Dong Dong Oolong (Tung Ting Oolong) 鹿谷凍頂烏龍茶

Dongding Aufguss

Aufguss von Dongding 2006 Frühling. Der goldene Aufguss und offene reife Blätter. Wenn man genau hinschaut, wird dieser Tee übewiegend aus reifen offenen Blätter hergestellt. Selten mit Tipps. Olivgrüne Farbe des Tees und leichte Rötung am Rande der Blätter offenbaren der Fermentation und den Welkensprozess.

 

Hast Du schon Mal die Maiglockchen vor der Nase gehabt? Maiglockchen blühen leise und unauffällig im Wald und am Wegrand. Grosse Blätter von dieser kleinen winzigen weißen Blüte könnten Menschen umbringen, wenn man sie mit Bärlauch verwechselt. Die winzigen weißen Blüten duften intensiv und atemberaubend. Ein intensive zitrusfrüchteartige erfrischende fast „kalte“ Duft, der wohl jeden mühe Wanderer auf den Weg erfrischen und entspannen sollte.

Heute glaube ich diesen Duft in dem Dongding Oolong wieder zu erkennen, als der Duft des Tees in meine Nase erreichte. Dongding Oolong aus dem Dongding Berg ist nun auch eine Seltenheit geworden. Dieser Dongding zeigt mir einen schönen vertrauten goldenen Aufguss. Sein Duft ist warm, anders als der „kalte“ Duft von Maiglockchen. Aber in einer ähnlichen Intensivität und beim Abgang ähnlich in einer zitrusartig fruchtigen Note. Blumig und zugleich bereits fruchtig.

Teataster Chen erklärt mir, wie er Oolong versteht. Ein klassischer Paochung hat ebenfalls einen goldenen Aufguss, aber zeigt frische Duftnote, wie eine zarte Blume gerade sein Lächeln offenbar…

Ein schöner Dongding und Buddha Hand zeigen intensive reife Duftnote, der blumig und zugleich fruchtig ist – es sind eben stärker fermentiert und geröstet, während ein klassischer Tie Guanyin fast nach einem reifen Frucht duftet – noch in stärkerer Röstung, die die Blätter jedoch nicht verkohlt.

Ein nicht gelungener Oolong schmeckt zwar frisch, hat allerdings nur Gemüse Duftnote.

Der Aufguss schmeckt warm, duftend und geschmeidig. Ein Hauch des Frühlings und ein Wink aus Formosa!
Dongding Oolong 2006 aus Nantou 南投, Dongding Berg 凍頂山, Zhangya Dorf 彰雅村.

 

Lebensenergie pflegen mit Tee 以茶養生

Nach der alten chinesischen Ernährungslehre ist jeder Geschmack zu einem wichtigen Organ im Körper zugeordnet (im Westen bekannt als 5 Elemente):
Sauer               Leber
Bitter               Herz
Süss                 Milz
Scharf              Lunge
Salzig               Nieren
In der Qing-Dynastie erklärt Mediziner Zhang Muping erneut diese Theorie:
Bei Leber-Krankheit ist der Scharfe Geschmack mit Mass zu geniessen.
Bei Herzkrankheit ist der salzige Geschmack mit Mass zu geniessen.
Bei Milz-Krankheit (Stoffwechsel-Probleme) ist der sauere Geschmack mit Mass zu geniessen.
Nieren-Krankheit ist der süsse Geschmack mit Mass zu geniessen.
Lungen-Krankheit ist der bittere Geschmack mit Mass zu geniessen.

Mancher Tee schmeckt süsslich und fordert die Verdauung und den Stoffwechsel. Z. B. wie Oolongtee und alter gelagerter Pu Er.

Mancher Tee schmeckt leicht bitter und macht wach (Kreislauf simulierend). Z. B. Wie grüner Tee.

Der Meeroolong aus Südtaiwan, wenn er im Winter hergestellt wird, besitzt er eine leichte salzige Note. Für Menschen, die zu stark auf Harn treibenden Effekt des Tees reagieren, wäre dieser Tee vielleicht eine Alternative?

Teetrinken und Lebensenergie Pflegen 養生

Meine Mutter studierte die klassische chinesische Literatur an der Universität. Als ihre Kinder bekommen wir strenge klassische konfuzianische Erziehung. Als wir drei wurden, mussten wir bereits Gedichte und Texte auswendig lernen. Später versuchte ich mich von dieser alten Welt befreien und lass Goethe, Voltaire und Heine. Die Auseinandersetzung mit der Eltern-Kind Erziehung widerspiegelt durch die Auseinandersetzung zwischen den Kulturen. Ich ging nach dem Westen und glaube meinen Weg im Okzident zu finden.

Im Okzident wurde es mir klar, dass ich aus einer anderen Welt komme und eine ganz andere kulturelle Wurzel habe. Plötzlich fing ich an, mich Gedanke zu machen, woran die Verschiedenheit der unterschiedlichen Kulturen zugrunde liegt? Liegt es an der Weltanschauung? Ich wollte mich selbst verstehen – das Ich, was meine Mutter (Über-Ich) mir vermittelt. Ich fing an, mich über Tee und Buddhismus zu interessieren, über Qi zu forschen und Teezeremonie zu lernen. Meine eigene Identität bekomme ich durch meine Fremderfahrungen zwischen den Fremden. Meine deutsche Umwelt und Mitwelt haben mir klar gemacht, wer ich bin – keine Cosmo Girls, kein Weltbürger oder Globalplayer, sondern schlicht und einfach – ein Schlitzauge.

Alte Chinesen betrachten unpassende Ernährung als Wurzel aller Krankheiten. Eine gute Ernährung ist der erste Schritt, Lebensenergie zu pflegen. Lebensenergie pflegen ist das Geheimnis der Vitalität. Eine passende Nahrung ist individuell. Die geographischen Unterschiede, Jahreszeiten und der individuelle Körperbau sind entscheidende Faktoren. Während man im heissen Klima und Sommer Chili scharf und Chilli essen sollte, ist diese Art von Essen im kalten Klima und Jahreszeit nicht passend. Chilli treibt Schweiss und öffnet die Poren. Nach einem scharfen Essen geht man direkt in die Schneelandschaft, kann man gleich zitternden Körper beobachten. Ein Ingwer Tee bringt Lebensenergie in unseren Tag, wenn wir ihn morgens trinken. Am Abend könnte dieser Tee uns zum Träumen und Unruhe in der Nacht treiben. Das Durcheinander der kulinarischen Auswahl bedeutet einerseits die Vielfalt der Genüsse Dank der Globalisierung, andererseits das mangelnde Bewusstsein der Nahrungszufuhr. Nicht alle Essen und Nahrungsmittel passen zu unserem Klima und Körper. Manche Menschen brauchen Wärme und manche brauchen stets Abkühlung. Der erste Schritt, eine richtige Nahrung für sich zu finden, ist sich selbst verstehen. Was brauche ich und was tut mir gut. Dogma bringt nicht viel, weil wir uns ständig verändern durch äussere und innere Einflüssen.

Mit Tee könnte man ebenfalls Lebensenergie pflegen. Einen guten Tee zu trinken, der in dem richtigen Zeitpunkt gepflückt und nach dem allen Schritt richtig hergestellt wird, ist eine Unterstützung unserer Gesundheit. Lu Yu warnte uns bereits vor 1000 Jahren, dass unreifer und falsch hergestellter Tee uns krankt macht. Im warmen Klima und hektischer Zeit hilft uns grüner und weisser Tee, die innere „Hitze“ zu vertreiben und den Kopf kühl zu halten. Am morgen und kalter Jahreszeit wäre ein wärmender Tee, wie Z. B. Pu Er, Dian Hong und Oriental Beauty ideal. Der Oolong ist augrund seinem neutralen Charakter – als ein halb-fermentierter Tee, für viele Menschen geeignet.

Qi MaschineModerne Highway zur Lebensernegie – Qi Maschine

Man muss nicht versuchen, selbst zu verstehen und den Rythmus der Natur zu achten. Einfach die Maschine ans Strom anzuschliessen. Der Weg ins schnellen „Heilway“.  

Der goldenen Regel gilt „der mittlere Weg“. Vergesse nicht das klare Wasser zwischen durch zu trinken. Zu viel Tee überfordert unsere Nieren und wir bekommen trockene Haut durch Flüssigkeitsverlust. Teetrinken könnte ein Genuss sein, wenn wir ihn in richtigen Zeitpunkt und in richtiger Menge trinken.

 

Ein Göttliches Geschenk – Teesamenöl 茶油

Öl aus Camelia Sinensis? Hast Du schon Mal davon gehört?

Jemand fragte Drogist Oppliger am Samstag in Monte Verita, was man mit dem Teesamen macht. Er erwiderte, dass man die Teepflanzen gar nicht zur Samenbildung lässt.

In einer Zeit, in der man Respekt vor dem Rhythmus der Natur noch hatte, konnte man bereits das wertvolle fette Öl schätzen. Teesamenöl kannte ich bereits seit meiner Kindheit – jeder in Taiwan kennt dieses Öl. Meine Oma auf dem Land benutzte das Öl, um ihre dünne lange Haare zu pflegen. Auf dem Land im Südtaiwan kannte man YSL oder Chanel nicht. Für Oma und Tante war das Öl aus Camelia Sinensis das beste Pflegemittel. Sie watschten ihre Haare selten. Meistens massieren sie ihre Haare mit diesem Öl ein und pflegt ihre Haut damit, vor allem im Winter und Herbst. Ab und zu habe ich auch gesehen, dass Tante den teueren Messer aus Jinmen Insel mit diesem Öl sorgsam rieb und aufbewahrte. Damals lebten meine Eltern in Taipei, um Geld zu verdienen. Mein Vater war ursprünglich ein englischer Lehrer in Kaoshiung, der diese Fremdsprache besser beherrscht als Chinesisch. (Wenn er mich schimpft, kann er nur auf Taiwanesisch!) Er wechselte seinen Beruf zu einem Kaufmann, der später immer auf Dienstreise in ganzer Welt tätig war. Meine Schwester und ich lebten mit der großen Familie meiner Mutter im Süden Tainan. Das war eine wunderschöne Zeit! Wir spielten mit anderen Kindern zwischen Pamelo Bäume, zwischen Ananasstrauch und jagten die Hühner. Tee… hat man nicht gekannt. Es war ja für Export bestimmt. Wir hatten einen speziellen Name für Wasser – wir nennen es als „Weißer Tee“… Aber das Öl hatten wir gehabt. Als Medizin gegen Magenprobleme, als Kosmetik für Frauen und als Speiseöl für köstliche Gerichte. Wenn wir Schweineschmalz nicht hatten, benutzte die Tante das Öl von Teesamen.

Das Abfallprodukt aus der Ölpressung benutzte meine Tante für Geschirr-Reinigung. Abfall war ein Fremdwort für das einfache Volk. Als meine Eltern mich zuerst nach Taipei holte und später meine Schwester, wurde das Leben anders. Keine Sonne vom Süden, sondern nur der Regen und die Laune einer anderen Großfamilie in Taipei. Meine kleine Schwester weinte ein Monat lang, sie wollte nie zu Eltern nach Taipei. Wir wären gerne dort geblieben. In Taipei konnten wir nur vom Fenster die Strasse blicken und die anderen Kinder aus der Entfernung anschauen, denn meine Mutter uns verbot, mit ihnen auf der gefährlichen Strasse zu spielen. In Taipei trank mein Opa Tie Guanyin, während das Teesamenöl nicht mehr in der Küche zu finden war. Die Köchin Assang kochte mit importiertem Speiseöl aus Amerika…

Als ich Teesamenöl wieder begegne, wurde es bereits ein Luxus-Artikel, das unter Healthy Food und kalt gepresstes Öl verkauft wird. Eine Falsche Teesamenöl kostet nun in Taiwan mehr als eine Flasche Olivenöl aus Italien! Die Teesamen, die in Taiwan gespresst werden, sind meistens auch Importwaren aus Vietnam. Nur Teebauer Feng und Gao in Shiding und Pinglin sammelten noch ihre Teesamen von alten Teebäumen. Das Made in Taiwan Kameliensamenöl ist entsprechend teuer.

Die Zeiten verändern sich. Heute verkauft Primavera in Europa auch Kameliensamenöl. Für stolze 7 € 30ml!

Nun spiele ich einmal Chemiker: Inhaltstoffe des Teesamenöls sind

83% Ölsaure, 7,5% Linosäure, 7,5 % Palmitinsäure, Myristinsäure und 1% Stearinsäure.

Teesamen Teefrucht

In Taiwan gibt es zwei verschiedene Formen von deisem wertvollem Oel:

die Samen geröstet und gespresst: schmeckt aromatischer und hat eine goldene Farbe. Traditionell als Kosmetik und Medizin verwendet.

die Samen kalt gepresst: es schmeckt leicht nach frischem Grüntee, grassig und frisch. Klare gelbe Farbe.

Exotik, Erotik und dann?

Monte Verita Teegarten

Der Teegarten in Monte Verita

Teegarten in Monte Verita, ein ambitioniertes schweizer Projekt im eigenen Boden Tee herstellen zu wollen? Ein kleiner Fläche, wo Teepflanzen aus Japan eingeführt wurden und hier ihre neue Heimat gefunden hat, kann als Mustergarten dienen, allerdings nur beschränkte Produktion liefern. Drogist Peter Oppliger führte uns durch sein großartiges Projekt.

Die Gäste sehen zuerst zwei japanische Laternen vor dem Garten. Die Kodes deuten auf das Betreten des anderen fremden Reichs. Ein Holztor, das asiatisch aussieht, ergänzt wunderbar zu den Laternen. Selbst wenn die Gäste die Teepflanzen noch nicht erkannt hätten, hätten sie verstanden, dass hier irgendetwas mit Asien zu tun hat. Durch die Treppen gehen wir hinauf. Pass gut auf, hier ist die berühmte Steinlandschaft aus der Zen-Tradition! Wer unaufmerksam ist und nicht bei sich bleibt – z. B. wie ich – trete gleich ins „Meer“ (Sand) der im Regen versunkenen Steinlandschaft. Neben der Steinlandschaft steht ein Holzpavillon, was als Warteraum der Gäste zum Tee fungieren sollte.

Anschliessend besichtigten wir das Teehaus, das noch auf die Fertigstellung wartet. Darum suchte ich vergeblich nach Tokonoma (das Ort, wo der Gastgeber selbst mittels eine Hängerolle oder Blumen zum Anlass zur Sprache kommt) – überhaupt der wichtigste Platz im Teeraum und Warteraum! Anscheinend wird es später nur 3 Tatami-Matten geben, wo die Gäste wohl auf der Bank sitzen und zuschauen. Das Konzept verläuft nach dem Vorbild des Schauspiels. Der Gastgeber, der die Tee-Zubereitung als Performanz vor den Gästen vorführt, ist nicht mehr der Gastgeber, sondern der Schauspieler. Diese Phänomene können wir überall in großen Städten beobachten, wo Teezeremonie vorgeführt wurde.

Anwesende Teegäste bewunderten die schöne Kimono, die zarte Bewegung und überhaupt die fremdartige anmutige japanische Schönheit. Szenerie von der Usucha Zeremonie (dünner Tee) wurden vorgeführt. Herr Oppliger erzählte uns, dass man während des Verlaufs schweigen muss. Das hilft wohl uns auf das Geschehen zu konzentrieren.

Meine Teelehrerin Nojiri Sensei verlangte uns immer wieder, dass wir während der Teezubereitung auf Gäste eingehen und gleichzeitig auf den Tee konzentrieren müssen. In einer Usucha Zeremonie, die dort Szeneweise aufgeführt wurde, herrschte eine heitere Stimmung. Gäste und Gastgeber unterhalten sich und lachen. Die Kunst besteht in dem offenen Geist des Teilnehmenden. Man unterhält sich und zugleich konzentriert. Gäste und Gastgeber vergessen nicht, was sie tun sollen und zugleich die Atmosphäre zu genießen. Teezeremonie ist jenseits von Ernt und strengen Regel, sondern mitten im Leben!

Mich beeindruckt von der europäischen Zuneigung zu Asien immer wieder. Chinoserie und Japonismus sind nach wie vor im Trend! Die postmoderne Entwicklung, in der man alle kulturellen Elemente zusammenmischt und die tatsächliche Hybridität als Legitimation des kulturellen Austauschs argumentiert, könnte man bei New Age Bewegung, kulinarische Kochbüchern und auch hier beobachten. Man kann nicht ohne eigene Brille die Welt betrachten. Der Orientalist, den Said in dem postkolonialen Diskurs verewigte, ist immer noch präsent. Der Orientalist sieht das Orient im Spiegelbild der Okzident… Die jungsten Bespiele sind der Film „Geischa“ und Mohamed Karrikatur (ich habe bereits darüber kommentiert).

Das Vereinnahmen der fremden Kultur und das Fremde zum eigenen Zweck zu verwandeln sind im Kulturaustausch nicht neu. Die Frage ist, wohin die Teekultur in der Schweiz geht? Sich an einem unvollständigen japanischen Vorbild orientieren? Japanische „Folklore“ im schweizer Boden aufzubauen wäre ein Beitrag zur schweizer Teekultur?

Das Münchener japanische Teehaus Kan Sho An, der von Urasenke-Schule gestiftet wurde, könnte allen schweizer Teeliebhaber zum Nachdenken bringen!

Kan Sho An in München

Kan Sho An in München. Der Teeraum im Winter mit Ro.

Monte Verita, die Suche nach der Wahrheit

Das Wetter war wie Männer – wechselhaft. Zuerst schien die Sonne auf der Terrasse, dann weht der Wind und plötzlich kam der Regen. Im Kraftort Monte Verita besuchten wir einen Japan-Like Teegarten.
Lenin, Trotzki und Hesse waren schon da. Die Suche nach der Wahrheit im Berg der Wahrheit. Hier wurde Lebensform experimentiert, diskutiert und praktiziert. Nun werden nur Spuren hinterlassen, ausser einem Hotel, der Markierung des Kraftortes und dem exotisch angelegten Garten, nur Sagen und Erinnerungen. Unsere Gesellschaft und Erziehung wollen keine Sinnsuchende produzieren, sondern effiziente Arbeiter. Tee, Zen und Yoga gehören immer mehr zu Wellness-Welle. „Experte“, „Guru“ und „Meister“ reiten zusammen die Welle, damit alle sich „well“ fühlen und weiter arbeiten gehen. Unsere Welt ist somit in Ordnung.

Der Geist der Sinnsuchende und der Wahrheitsuchende wurden ersetzt mit Wellness und Exotik.
Buddha erzählte eine Geschichte von vier Blinden, die einen Elefant untersuchten. Jeder behauptet, dass er den Elefant „gesehen“ hat, indem er ein Teil dieses riesige Tier berührt hat. Ihre Wahrheit beruhte auf ihr beschränktes Erfahrungshorizont und konnte und insistierte auf diese Wahrheit.
Krieg, Gier und Missverständnisse sind wohl auf unsere beschränkte Sicht zur Wahrheit zurückzuführen.

Zen-Meister Michel Bovay aus Zürich erzählte mir einmal, dass er sich jedes Mal hinterfragt, ob er berechtigt sei, auf seinen Platz zu sitzen bevor er das Zazen (Zen-Meditation) leitet. Ein guter Meister sollte sich immer hinterfragen können – sagte er. Ich erinnere mich, was Teemeister Haas in Freiburg mir im März erzählte. Zu seiner Abschlusszeremonie der Ausbildung in Japan schenkte die Urasenke-Lehrerin jedem Teeschüler aus Europa auf der Heimreise einen Spruch „Vergesse nicht, dass Du eigentlich nichts kannst!“
Jedes Mal frage ich mich selbst, „ist es Dir klar, was Du hier niederschreibst?“


In Monte Verita

Der Wind weht und der Himmel tropft. Meine Haare kleben an mein Gesicht. Wehmutig stelle ich fest, dass die Wahrheit mich eigentlich nicht interessiert. Ich möchte nur die kosmische Ordnung verstehen, die hinter allen weltlichen Phänomenen verstecken. Diese Ordnung zu begreifen, die Menschen zusammenführt und trennt, die Zivilisation entstehen und zerstören lässt und uns zum Leben und Sterben bringt, und sich von „eigenen Vorstellung“ zu befreien ist wohl die eigentliche Erbe von Monte Verita?

Shin Cha – der neuste Tee aus Japan

IppodoIppodo

Heute erhalte ich Newsletter von dem renomierten Teeladen Ippodo in Kyoto, Japan. Shin Cha ist da! Frischer Sencha im Jahr 2006 ist auf dem Markt. Für den Teeanbaugebiet Uji ist die Ernte für Frühlingstee erst im Mai. Nun stehen überall Plakate von Shin Cha auf der kyotoer Strasse.

Letztes Jahr war ich mit meiner Schwester, Teefreund Gerhard und seinem Sohn in Kyoto. Es war ein regnerischer Tee. Trotzdem genossen wir die aussergewöhnlichen Gastfreundlichkeit (manchmal eine zu geformte Gastfreundlichkeit), frischen feinen Tee und seine Süssigkeiten. Wir waren in Ippodo. Dort haben wir zuerst Matcha getrunken und Süssigkeit genommen. Gerhard führt ebenfalls einen renomierten Teeladen in der Schweizer Hauptstadt. Er bewunderten die Zeit, die man in einem asiatischen Geschäft für seine Gäste nimmt. Wir sollten einen sehr guten Gyokuro kaufen (ca. 8o€ /100g) und wollte vorher probieren. Die Verkäuferin bittete uns für einen kleinen Geduld. Sie zog eine „Duschhaube“ an und bereitete uns eine Tasse Gyokuro zu. In 5 Minuten bekam jeder von uns eine sensationelle Tasse von einem leuchtenden grünen Gyokuro! Der Laden hat viele Mitarbeiter, alle waren konzentriert auf ihre Arbeit, trotzdem freundlich und aufmerksam, wenn eine neue Kunde in den Laden eintratt! Ganz anders als hier in Deutschland oder in der Schweiz, dass man zuerst warten muss, bis man überhaupt begrüsst und registriert wird. Gerhard fragte mich, wie könnte der Laden sich leisten, so viele Personal zu bezahlen? Das ist wohl das Hauptproblem in Europa. „Menschen sind Kosten auf vier Beine! – Viel zu teuer!“

In früherer japanischen Zeit lagerte man den Tee, der im Mai geschnitten wurde, in Bergen. Im November wurde eine grosse Fest gefeiert, wenn der Tee „frisch“ geöffnet wurde! Tee wurde zuerst gelagert, so dass ihr Charakter stabiler und der Geschmack harmonisch werden könnten. Darum benutzen wir in der Teezeremonei für Usucha und Koicha mit leicht abgekühltem Wasser. Im Winter, wenn der Tee frisch ist (wird erst im Nov. geöffnet) könnte man mit kochendem Wasser aufgiessen. Im Sommer ist der Tee normalerweise alt, giesst man das mit kaltem Wasser gemische Wasser. 

Heute gibt es keine Sehnsucht mehr nach dem neuen Tee! Man könnte rund ums Jahr Long Jing, Gyokuro und Matcha kaufen. Moderne Kühltechnik hilft, das Gier, den Tee für jeder Zeit greifbar zu machen. Shincha ist ein neuer Produkt dieser Zeit. Weil man immer etwas neues braucht, um das reine Begehren zu stilen. Ist der frische Tee in der Gattung Sencha wirklich sensationell? Warum hat man früher den Tee absichtigt gelagert? Ich fragte einmal meine jap. Teelehrerin. Sie sagte mir, dass Sincha eigentlich in dieser Form nicht sein kann. Ganz frischer Tee schmeckt nicht harmonisch und sehr aufdringlich.

Aehnlich bei Tie Guanyin, Buddha Hand und Yan Cha. Diese Oolong Tee muss auch gelagert werden, damit sich ihre Aroma und Geschmack entfalten können.

Viele gute Dinge brauchen Zeit. Nicht alles Neues und Schnelles sind gut. Aber „Zeit ist das geknappste Gut, das wir haben.“ (Ernest Hemingway)

Shin Cha Shin Cha von Ippodo