Archiv für den Monat Dezember 2021

So süß wie Traubenzucker

Die „Geschmacklosigkeit“ macht alles farblos. Alle Klänge fallen weg. Wie Taub, wie farbblind, wie das Leben auf einem Planet, wo eine Blume ohne Duft blüht.

Diese taube farblose Welle treibt einem in die Depression. Ein Oriental Beauty wie alle anderen Tee. Ein Abenteuer-Film wie der Alltag. Ein Aufwachen wie im Turm. Zum Glück gibt es das Bewusstsein. Das Bewusstsein spiegelt der Seele, wo bist Du? Wo bin ich? Wenn der Film wie eintöniger Alltag erscheint, habe ich zum Glück meine Erinnerung. Erinnerung vom Aufbruch.

Ich erinnere mich an unserer Herrbstreise. Eine Weinreise nach Piemonte. Eine Reise von verschiedenen Generationen, die miteinander Wissen austauschen können und weitergeben können. die Farbe war Gold. Leuchtend und ewig, Der Winzer Christoph sagte, man kann anhand von der Farben der Weinblätter im Herbst sehen, wie die Pflanzen behandelt und gepflegt werden. Ich erinnere mich, dass Franco immer neben den Wein gestanden war und nicht aufhören konnte, Trauben zu essen. Auch ich verstand zum ersten Mal was Reife Trauben bedeuten. Die reifen Weintrauben vergehen im Mund, es bleiben nur Schale und Samen. Es gibt kein Fruchtfleisch, das bereits zum Saft verschmolzen ist.

Die Anwesenheit von 3 jährigen Sol macht uns immer klar, dass es außer Erwachsenden noch andere „Lebewesen“ gibt. Es pflegt anderen Lebensrhythmus und andere Phantasie des Lebens. Das Kind hat andere Farben, andere Gerüche und andere Worte, um diese Welt zu erkunden. Die Reise wurde so reich, weil es vielschichtig war.

Auch die Reise knapp war, vergaßen wir nicht, Tee zu trinken. Die herbstliche Sonne schien auf unseren Rücken und Körper. Wir haben Pu’er und Oolong geteilt. Die Farbe des Tees leuchtet so gold in der Erinnerung, wie der Pu’er aus Banzhang. Diesen Tee habe ich aus Yus Lager ausgegraben, ich vergaß ihn und er ihn ebenfalls. Durch die Lagerung reift er wie der Wein von Christoph im Keller, ungestört und friedlich. Er wartet auf seine Zeit. In dieser geschmacklosen Zeit denke ich immer wieder an den Tee, der aus dem Dorf Beikanan in Banzhang. Der Tee von Dort sollte so süß wie Traubenszucker, so Gold wie die herbstlichen Weinblätter sein. Breit und tief.

Der Tee und der Wein bilden eine schöne Brücke für Menschen, die gerne guten Geschmack haben. Eine Reise ist schön zum Erinnern, weil es farbenreich ist, um uns an Schönheit des Lebens zu erinnern! So süß wie Traubenzucker kann ein Tee sein in einer geschmacklosen Zeit!

Wie ein Blumenstrauß

Fladen von Teeblüten. Ich sah es zum ersten Mal als ich zur Eröffnungsfeier von Yu geschenkt bekam. Sie waren wunderschön und schmeckte mild, nach Pollen und zarten Blüten.

Dann vergaß ich die im Schrank. Sabine und Rolando lieben diesen Tee. Sie fragten mich immer wieder ob ich ihn noch vorrätig habe. Nach 12 Jahren sahen sie tatsächlich immer noch unverändert aus. Aus dem Papier sah ich noch Blüten-Nektar Spuren!

Da Kaspar mich wieder danach angefragt habe, versuchte ich wieder welche zu erwerben. Sie sind ganz frisch aus dem Wald. Die Teebäumen blühen nur einmal im Jahr und zwar gemeinsam im Oktober, wenn sie nicht gestresst sind. Falls Du in einem Teegarten Teeblüte rund ums Jahr blühen, dann weiß Du dass es Hilfsruf des Pflanzens ist.

Schöne Fladen voller Blüten. Jede Blüte wie ein Ruf aus dem Wald. Meine Laune und mein Gemüt werden auf einmal fröhlich! Wie eine Biene tauche ich in die Tasse – hoffe gestärkt anstatt besoffen zu sein!

Die Bezogenheit

Vielleicht ist es wegen dem abnehmenden Licht spüre ich mehr Bedürfnis ins Inneren. Auch wegen dem kommenden betriebsamen Monat muss ich nach der anstrengenden Arbeit viel Zeit nehmen fürs Nachdenken und Loslassen. Oft trinke ich gerne Tianmenshan. Dieser Tee schenkt mir oft das Gefühl, wie ein Giraffe, der seinem Rücken strecken kann, über meinen Tellerrand hinaus andere Teile von Himmel zu sehen!

Gestern erinnerte mich wieder ein Ereignis in einer kleinen norditalienischen Pension, als ich einen kurzen Ausflug unternahm. Beim Eintreten von Frühstücksraum sassen vier Menschen, also zwei Paare im grossen Raum, redeten laut auf Schweizerdeutsch. Sie waren sehr laut. Ich wollte eigentlich einen Kulissenwechseln von diesem Alpenland.

Sie waren so laut, dass ich etwas dazu äussern musste, „Sie sprechen sehr laut.“ Der sprechende weisse Schweizer Mann sprach weiter so laut, dass er mich „ignorierte“. Dann sagte ich auf Hochdeutsch mit einer Klarheit, „Sie müssen leise reden!“. Er sprach einfach weiter und die anderen ebenfalls. Und seine Partnerin erwiderte mir sogar spöttisch, „Gehen Sie zurück zu Ihrem Zimmer, wenn Sie uns zu laut finden.“

In dieser Situation wurde ich nicht lauter, aber noch bestimmter, ich sagte, „In diesem Raum gibt es nicht nur Schweizer! Ist es Euch klar?“

Auf einmal war Ruhe und Schweigen. Nach paar Sekunde war es nur noch leise Flüstern.

So einfach geht es? Was für eine Magie liegt in meinem Mantra? Ich weiss nicht. Aber die Antwort von dieser Frau beschäftigte mich bis heute. Warum war ihre Bezogenheit nur auf ihre Gruppe? Und weshalb sollte die anderen den Raum frei geben, damit sie ihre Gewohnheit weiterführen? Ausser ihrer unhöflichen Art sah sie nicht, dass sie im Unrecht stand?

Ja, ich habe im Europa zunehmend beobachtet, dass viele Menschen ihre Bezogenheit nur auf sich selbst oder ihre kleinste Familie fixieren. Und diese Un-bezogenheit auf die anderen und die Allgemeinheit ist sehr egoistisch. Es gäbe keine anderen, ausser „uns“. Ich leide sehr oft unter dieser Un-bezogenheit, auch wenn ich glaubte, dass ich durch meine Arbeit mit Tee einen Denkanstoss für anderen Menschen geben könnte.

Neulich hörte ich von einer Freundin, warum sie im Dezember in die Ferien fahren wollte. Sie fahren gerne dann und dann, wenn andere nicht in die Ferien fahren. Weil man damit viel Geld sparen kann. Wenn ich sie nicht gut kennen würde, würde ich danke, dass sie eine smarte Frau ist und gut rechnen kann, oder sie hat es notwendig so zu handeln. Ihre Bezogenheit ist auf ihre kleine Familie gerichtet und auf ihre Gewohnheit, Geld zu sparen. Ich weiss, dass ihre Arbeitskollegin in sehr stressigen Zeit allein schaffen muss und „Geld sparen müssen“ bietet uns ein Muster, das unser Denken vielleicht einengt. Und innere Werte zu leben hat mit Geld sparen oft nichts zu tun. (Wenn man über die Wirtschaftspolitik kritisiert, weil das so genannte Westen mit China unbedingt Geschäft machen will, muss man selbst ebenfalls reflektieren, ob das Geld doch in unsrem Leben unbewusst immer eine zentrale Rolle spielt.)

Neulich kam eine Teefreundin zu Besuch. Sie nimmt seit Jahren Shuitangs Abo. Als sie es wieder erneuerte, dass sie mir, dass das Abo etwas in ihrem Leben bewegte. Sie war damals sparsam und bescheiden. Ich sagte aber so frech zu ihr, „Frauen gönnen sich selten etwas, auch wenn sie sich etwas für ihre Entwicklung leisten können.“ In jenem Moment entschied sie sich, ein Abo zu nehmen. „Weiss Du, Menglin, ich habe gemerkt, dass ich nicht weniger Geld habe!“ Umgekehrt, sie freut sich alle drei Monaten über neue Tees, die sie nicht kennen gelernt hätte!

Ich bewundere Ihre Wandelbarkeit! Ich vertraue die Wandelbarkeit des Menschen! Sich verwandeln gehört zu einem tiefen Bedürfnis unseres Lebens, sei es zu einem Star, sei es zu einem Prinzessin oder zu einer Berühmtheit. Wir haben den Wunsch, unser Leben zu gestalten. Irgendwann fällt einem auf, dass eine Berühmtheit oder eine Kanzlerin zu werden nicht möglich oder nicht interessant ist. Was die Aufgabe für ein Leben sein kann, ist zu fragen, „lebe ich das, was ich bin?“ Dann ist das Zuhören plötzlich eine wichtige Fähigkeit um auf diesen Weg zu gehen. Höre zu, wer da spricht – in unserem Herzen und im Aussen, wenn ein Denkanstoss kommt!

Das Leben funktioniert mit komplementären Prinzipien. Yin und Yang. Stetige Wandlung. Über den Tellerrand hinaus, sehe ich ein anderes Horizont. Ich höre gerne in Italien zu, wie die Menschen sprechen, leben und essen. Auch ohne die Sprache kann man mit Menschen dort kommunizieren. Man lacht einem ins Auge. Man nickte einen auf der Strasse, wenn die Augen sich treffen. Aber ich weiss, dass dieses Land sehr viel Sorgen hat und viele dunkle Seite hat. Viele von ihnen würden gerne in der Schweiz arbeiten. Wenn ich dort bin, lerne ich das, was ich nicht kenne, weiss aber sehr zu schätzen, was ich in Zürich habe. Ich habe viele liebe Menschen um mich, die ich ins Herzen geschlossen habe. Sie sind Teil meiner Familie. Aber mein Bezogen-sein geht noch viel weiter. Tee verbindet mich mit der Erde. Jeder von uns ist ein Teil von dieser Muttererde! Und jetzt muss ich zur Arbeit gehen.