China boomt. Der Preis steigt. Das Resultat des Wirschaftbooms bedeutet steigenden Teepreis, der mit der realen Qualität nichts mehr gemeinsam hat. Unter dieser Bedingung einen guten einfachen originellen Longjing zu finden ist tatsächlich eine Herausforderung. Seit März suchte ich nach einem guten bezahlbaren Longjing. Die Ergebnisse waren stets enttäuschend. Enttäuschend war auch die Suche nach einem guten Phönix Dancong. Die Longjings, die ich zur Verkostung bekam, war überwiegend von Kastanien-Noten geprägt. Eine Note, die zwar einen hochwertigen chinesischen Grüntee begleiten soll, aber nicht dominant wirken darf – meiner Meinung nach. Wenn ein Longjing hauptsächlich eine Kastatnien-Note hat, bedeutet er für mich, langweilig, eintönig und durchschnittlich, obwohl der Preis mir zuerst ein anders Bild vermittelte. Zickig beschwerte ich mich immer wieder bei meinen „Teespionen“ in China, dass sie ihre Arbeit nicht gut leisteten. Wahrscheinlich finden sie diese Frau unmöglich. Aber dieses Daran-Bleiben, hartnäckig zu bleiben, zeigt jedoch ein bisschen Fortschritt. Ich bekam einen Meijiawu (weil die andere Shifeng- Longjings etc. viel zu teuer sind und die Herkunft ist leider nicht zu garantieren.), der süß, fruchtig, leicht blumig schmeckt, klar im Aufguss und begleitet mit einer dezenten Kastanien-Note!
Die Blätter sind nicht ganz edel, das Blattgut nicht so perfekt. Aber die Verarbeitung macht aus diesem Longjing einen außergewöhnlichen Longjing. Er ist nicht langweilig, entspricht nicht die Mainstream-Erwartung und zeigt uns seinen eigenen Charakter. Einen einfachen guten Longjing, der nicht über 30 Sfr. Kostet, einfach und gut.
Vielleicht bin ich leicht versnobt, weil ich mit hochwertigen Teesorten handele. Onkel Jack in Australia warnte mir immer davor, dass ich ihm keine solche versnobte Teesorte schicke. Keinen Lishan, keinen Oriental Beauty und keineswegs Pu Er. Besser als mein Vater, der nur Gratis Teebeutel bevorzugt, hat er noch Raum für einen einfachen guten Jade Oolong, Bi Luochun und Longjing. Er trinkt ihn wegen seinem hohen Blutdruck. Aber Onkel war nicht immer so. Vor 20 Jahren war er ganz anders drauf. Wenn er uns zu Besuch kam, hatten meine Eltern Kopfschmerzen. Sie sprachen nicht vor den Kinder über anderen Menschen, aber das Essen mit dem Onkel Jack war immer ein Problem. Plötzlich wurde er bankrott. Er erzählte mir von diesem Glück seines Lebens, als er mich in Zürich besuchte.
Er klagte in den zwei Tagen ständig über den Preis in Zürich, der teuerste Hamburger seines Lebens ist in Zürich, der teuerste Kaffee der ganzen Welt (das stimmt nicht), das teuerste Hotel (nicht klimatisiert und eng!). Wir waren in Niederdorf und wollten Swiss Folklore-Küche kennen lernen. Für 5 Personen bestellte er 3 Portionen Fondue. Ihm war es egal, wie die Bedingung ihn schief anguckte. „Du bist so geizig wie mein Vater!“ „Dein Vater ist ein guter geiziger Typ!“ lächelte er. Er sagte mir beim Fondue, dass den Bankrott sein Leben rettete. In dieser schlimmsten Lage erkannte er sein Glück, so eine Frau neben ihm zu haben. Ohne seine starke Frau hätte er den Mut verloren, sein Leben zu verändern und anzupacken. Seine Kinder lernten normale Berufe und er fing alles von Null an. Er lernte die Welt anders zu sehen, einfache gute Dinge zu schätzen und ihm selber nicht mehr so wichtig zu nehmen. In der Einfachheit des Daseins verbirgt das höchste Glück, meinte er. Buddhist ist er geworden. Er meditierte, es überraschte mich total! Eine weltliche materialistische Person wie mein Onkel Jack sucht nach seiner spirituellen Entwicklung! Aber er ist wirklich geizig geworden, so geizig, dass er nicht Mal in Schobel Hot Chocolate trinken wollte und ich ihn einladen musste. Nur wenn sein Sangha (sein Orden) aufrief, flogt er nach Taiwan und trug Steinen an der Baustelle, nur um ein Krankenhaus in Huanlien für Armen zu bauen. Das Geld spielt keine Rolle, er schickt, wenn es gebraucht wird.
Onkel Jack ist durch Heu-Handel wieder steinreich geworden. Heu ist ein begehrtes Objekt, begehrter als der Tee. China, Korea, Arabien und Japan wollten Heu von ihm. Er weiß von der Exklusivität des einfachen Heus. Die Verwandtschaft lädt er ein, an die Hochzeit seines Sohnes zu kommen. Da ich bedürftig bin, bekam ich Geld für ein Ticket. Zu den 400 Personen-Eier Tanz habe ich keine Interesse. Auf seiner Insel kann ich nur mit Schaff sprechen. Ich schrieb ihm, dass ich das Geld behalte, weil man das Geschenk nicht zurückgibt, aber habe ehrlich keine Lust diese Dinge als Pflicht zu sehen. Er schrieb mir zurück, „You have a nice life.“ Yes, I do. Vergessen sollte ich nicht, seinen Longjing endlich Mal zuzuschicken. Nicht zu teuer, nicht zu versnobt, einfach und gut, meint er. Sein Hochblutdruck plagt ihn wegen der Hochzeitsvorbereitung und ein guter Longjing ist ein Balsam…