Archiv für den Monat April 2020

Der Duft entfaltet sich

Es war fast Abend.

Es waren Gaisblattblüten. Sie blühten am Wegrand. Egal ob Menschen ihre Schritte wegen ihrer Schönheit halten, entfalten sie sich für sich selbst. Es ist der Duft von Yashixiang – Shuixian YinhuaXiang. Ein Tee, der zwar wunderbar duftet, aber eine herbe Note mit sich trägt. Das macht ihn nicht beliebt bei meisten Teeliebhabern.

„Soft“ Shut Down in der Schweiz ist sanft, verändert trotzdem den Rhythmus meines Alltags. Endlich kann ich erst aufstehen, wenn ich plötzlich aufwache. Endlich kann ich grundlos faul sein mit Menschen umzugehen. Endlich brauche ich keine Vorwand, um Stubenhocker zu sein. Das Einzige, was mir Mühe bereitet, ist essen zu organisieren.

Meine Schweizer Freunde sind lieb und fragen mich nach meinem Wohl. Sie gehen oft davon aus, dass ich mir Sogren um meine Familie in Taiwan machen würde und ich unter der Trennung leiden würde. „Sie sind sicher in Taiwan“ antwortete ich immer höflich. In Taiwan läuft das normale Leben. Oder sie dachten, dass das geschlossene Geschäft mir die Sorgen ums Geld bereiten würde. Ich zähle gerne Geld. Aber die Sache mit dem Geld ist nicht bestimmt von mir. Auch wenn ich viel Kapital zur Verfügung würde, würde es nicht heissen, dass ich es selbst zum Genuss komme. Es ist schöner, von Freunde eingeladen werden, in ihren Ferienhäuser Ferien zu machen.

Der Wind weht. Der Duft von Flieder kam plötzlich. Dieses Jahr duftet er anders. Anders als der Sijichun, der sich in meiner Erinnerung wie Flieder entfaltet. Beim Oolong Produktion liebe ich am meisten den Prozess von Da Lang. Teeblätter wenden sich und mischen sich miteinander und durcheinander. Der Duft ist wie die Welle von einem Teich, wo sich die Ripple durch den Wind entfalten! Der Duft wie lebendige entfaltende Blumenmeer. Aber der jetzige Frühling, die Poren fliegen herum, färben die Augen und Nasen. Das warme Wetter lässt die Blumen rasch verwelken. Der Duft von Flieder verschwindet in der Luft.

Es ist wohl so, dass ich meine Welt mit Duft wahrnehme. Und ich verorte mich damit.

Nach dem schmalen Bücke, nach der Steigerung erreicht man die kleine Kirche mit spitzige Glockenturm. Am Kichewand kletterten gelbe Rosen. Lächelnd und entzückend. Unter seinen Blätter stehen die scharfen Dorn. Der sanfte Duft von gelben Rosen singt wie ein Gedicht. Es ist das Gedicht von Oriental Beauty, den ich am liebsten mit einem Gaiwan trinke. Mit einer Gaiwan Oriental Beauty bin ich im Feld Taiwans, wo Glühwürmchen in der Nacht nach der Liebe suchen und leuchten.

Der Körper ist eingeschränkt. Aber ich rieche meine Flügel. Meine Flügel tragen den Duft und die Freiheit trägt mich. Ich schmecke die Freiheit in einer Tasse Tee. Vielleicht wenn man schläft, hat man auch die Flügel von Chagal und kann dort hin, wo man sich zugehörig fühlt. Und wenn Du Ohren hast, werden die Noten Deine Flügel. Sie fliegen Dich zwischen Zeit und Raum.

Die Sache mit dem Geschmack, ist fragil. Man darf keine Kompromisse machen. Wenn ich in Shui Tang Kompromisse schliesse, dann geht etwas in dieser Welt für immer verloren.

Vielleicht ist es genau so mit der Blumen in der Natur. Wenn sie verschwinden, gibt es Freiheit nicht mehr.

Im Frühling möchte ich Gaissblatt begegnen. Den Shuixian begegnen, der herbe Note trägt und für sich selbst duftet. Egal wie die Zeiten sich ändern, ob Menschen auf sie aufmerksam sind, entfalten sie sich für sich selbst.

身體雖然被困住了,但是我聞得到翅膀。只要帶有香氣的翅膀,自由的氣息就在當下。也許睡覺時,每一個人都有夏卡爾的翅膀,可以飛去該去的方向。或若有耳朵,音符就是那翅膀。
味道這種東西,是最不能妥協的。我們這一代妥協了,這世界上有些東西,就永遠消失。
花也是吧。在春天,一定要遇見金銀花,遇見香氣襲人,自帶苦味的水仙。無畏他人喜好,自在芬芳。

Entfalten „綻放 Zhan Fang“ Zisha Kanne

綻放 „Zhan Fang“ – Entfalten/Blühen Yixing Kanne von Künstlerin An Demin 安德敏

Qinghui Duanni Zisha 青灰鍛泥紫砂茶壺

Pflaumen Kanne von Zhang Feng III

Wenn man nicht genügend lang gelebt hat, kann man praktisch nicht eine Pflaumen-Kanne in diesem ewigen Widerspruch „Alt-Scharf“ und „Kalt-Geschmackvoll“gestalten. Junge Künstler müssen mit Nachahmung anfangen und mit Leben lernen.

Die Kunst ist für einen Yixing-Kannekünstler zu leben. Im Leben sammeln sie die Wahrnehmungen und Empfindungen. Wenn das Wahrgenommene und das Empfundene ineinander fließen können, entsteht das Erkenntnis. Mit diesem Erkenntnis praktiziert Zhang Feng wie die meisten Pionier seiner Kunst. 

Alt, krank und trocken sind die Beschreibung über den Pflaumen-Baumstamm. Sie deuten auf das Unangepasste. Das alte, kranke und vertrocknete sind zugleich dazu da, um die blühende zarten Blüten neben dem Stamm zu erzählen. Der blühende Zweig kommt aus der Luft neben dem rauen Rinde. Ätherisch und entzückend. Er markiert den Widerspruch des Seins. 

Auch der Widerspruch geht vorüber. Zhang Feng lässt den Widerspruch nicht unversöhnlich stehen. Er verbindet das Alte und das Zarte, das Verwelkte und das Wachsende und das Leben und den Tod mit einer Zeitlosigkeit. Eine Kanne Tee getrunken um die Zeit zu vergessen. In dieser Zeitlosigkeit betrachtet der Teemensch, die Blumen blühen und verwelken; die Wolken zusammenziehen oder vorbeiziehen; die Höhe des Lebens und ebenfalls die Krise in der Ungewissheit.

Möge jeder Teeliebhaber seine Pflaumen-Kanne begegnen kann.

Zhang Feng, 1979.

Pflaumenkanne, Mei Hu aus Qinghui Duanni. Original Yixing Zisha.

Shui Tang Frühlingsselektion 2020

Frühlingsselektion 2020 | Spring Selection 2020

Und zwei neue schöne Oolongs!

Lishan Dongpian

Alishan Gaoshan Tanbei Ooong

梅壺 Pflaumen Kanne II

Wozu hat Zhang Feng eine Teekanne mit Pflaumenmuster gestaltet?

Ueber Pflaumen als ein kulturelles ästhetisches Symbol in der chinesischen Kultur habe ich bereits vieles geschrieben. Heute möchte ich gerne mehr über die künstlerische Details erzählen.

In der Zisha-Kannenkunst gibt es drei Kategorien: Hua-Qi, Guang-Qi oder Jinwen-Qi. Qi bedeutet hier das Objekt oder das Ding. Jinwen Qi offenbart die Aesthetik der Linien. Guang-Qi. Guang-Qi schätzt man die Proportion des Körpers und Geschmeidigkeit der Oberfläche auf den Hände. Und Hua-Qi, Ein Objekt mit Muster. Warum findet man ein Objekt mit Muster schön?

Diese Frage werde ich sehr oft in Shui Tang gestellt. Viele Klienten mögen Muster auf der Kanne nicht, weil sie angeblich Minimalisten sind.

Wenn man sehr von sich überzeugt, ist es vergebens mit ihnen zu sprechen. Ueber Glauben kann man nicht reden. Man kann höchstens eine Frage höflich zurückstellen, „Sind Sie sicher, dass ein Minimalist Symbole verpönt?“ Wie kann man heute ohne Symbole miteinander kommunizieren? Auch ein Kreis ist ein Symbol.

Der heutige Mensch hat oft eine hohe Meinung von sich selbst. Wenn man einmal in Yunnan war, ist man bereits ein Puer Expert.

Die Linien und die Formen sind zugänglicher im Vergleich mit Symbolen für Menschen aus einer anderen Kultur, zu verstehen. Obwohl wir stets mit Symbolen kommunizieren, verstehen wir oft nicht, was einzelne Symbole in jeweiligem Kontext bedeutet. Weil es schwer zugänglicher ist, ist es einfacher zu ignorieren. Ich gebe zu, ich finde auch nicht immer Zugang zu allen symbolischen Sprache von China und Europa. Aber es fasziniert mich sehr, vor allem unser Psycho kennt keine Grenze und keinen Raum. Im Traum und in der Meditation offenbaren Symbole von der Lebenswelt und leben so in ihren eigenen Rhythmus. Und wenn ich den inneren Weg gehe, das Geschehen um mich und in mir verstehen will, komme ich an der Auseinandersetzung mit Symbolen nicht vorbei.

Pflaumenbaum wurde gerne in der chinesischen Kunst mit „Alt-Scharf“ und „Kalt-Geschmackvoll“ dargestellt. Der von chinesischer Malerei geprägten japanische Maler Rosetsu 長沢芦雪 hat ein ausdrucksstarkes Bild von einem Pflaumenbaum gemalt. Alt, der Stamm fast zerfressen von Insekten, scharf gebogen wächst der Zweig Richtung Himmel. Kalt, farblos wirkt der Baum aufrichtig treu auf der Erde. Ein Geschmack von einem aufrichtigen Menschen!

Das ist die Sprache von einem chinesischen Pflaumenbaum. Ein alter Baum gewinnt durch das lange Leben die Distanz zur phänomenalen Welt. Mit dieser Distanz beobachtet der Baum die Vergänglichkeit und Sentimentalität. So werden die Augen scharfsinnig und kalt mit Geschmack. Unberührt nimmt der Baum Anteil an unser Leben in der Stille. Dieser Widerspruch macht einen Pflaumenbaum liebenswürdig, einem Menschen menschlich und eine Kunst lebendig.

Diese Ästhetik ist gegründet in alter chinesischen Kultur. Alt, das Alte bedeutet nicht das Vergangene oder das Sterbende, sondern das Zeitgefühl über die Zeit. Eine Zeit, die nicht vergänglich ist, die einfach Zeit ist. Dort unterscheidet sich die chinesische Ästhetik zur japanischen Wabi-Sabi. Alles Vergängliche, das bedeutet das Schöne, das Reiche, das Einsame oder das Freie kehren immer wieder zurück zum Null-Punkt – Zeitlosigkeit. Das ist ein Ausdruck zu Ping-Dan – reines Sein.

Vollmond Tee

Der Vollmond im Frühling erweckt in Rückzug geratene Seelen. Ein Rückzug – gezwungen oder nicht gezwungen, isoliert in einer Einzelhaft oder Familieweise. Ich gab zu, dass ich in letzter Woche tatsächlich etwas Zerstörerisches in mir spürte. Ich bildete mir ein, das Geschrei der Toten und Hilferufe der Leidenden in der Meditation zu hören. Ich fragte mich ebenfalls, ob es meins war?

Der Einsiedler Ryokan kehrte zu seinem Hütte zurück und sah, dass der Dieb sein Hab und Gut mitnahm, außer dem Mond am Fenster. Er schrieb zu diesem Ereignis ein Haiku:

le voleur                                   Der Dieb ließ ihn zurück

a tout pris sauf                                  den Mond

la lune a la fenetre                          Im Fenster

Ein Haiku von Ryokan, 1758-1831, japanischer Dichter und Mönch

Mit meinen Tee-Eltern, die inzwischen vor mir die Welt verlassen haben, spielte ich oft unser Chanoyu-Spiel.Wir tranken zu Vollmond, zu Weihnachten und zum Neujhar. Ingrid malte ein Bild als eine Antwort auf das Haiku von Ryokan.

„Wenn ich meine Schale richtig hinstelle, fange ich den Mond in meine Schale ein…“

Der Mond als das Sinnbild der inneren Freiheit prägt das Bewusstsein der chinesischen Kultur. Während wir fixiert sind auf die vermeintliche äußere Freiheit, leiden wir unter der Entbehrung von Gewohnheiten. Ich spreche nicht gegen diese Bewegungsfreiheit und die Gewohnheiten von Selbstverwirklichung. Ich möchte uns bewegen zum Nachdenken über den Sinn der Freiheit. Ist die vermeintliche äußerliche Freiheit höher als das Leben, wenn das Leben in Gefahr geraten ist? Ist das Insistieren von dieser Freiheit der Weg der Befreiung?

Tee ist für mich der Weg zur Befreiung. Hier rede ich von Befreiung des Leiden, der Vorstellung und Zwängen, die wir durch unsere Sozialisation und Entwicklung aufgezwungen und erlernt haben. Ich meine „tatsächlich“ die innere Freiheit, die ich durch den Tee erlebe. In einer Schale Tee, wo der Mond zu Dir und zu mir scheint. 

In der Schweiz haben wir bald 800 Toten und in Taiwan 5 Tote. Als Sars Taiwan heimsuchte, gab es 73 Tote, die Taiwaner Gesellschaft zum Schreien brachte und zur Veränderung brachten. Harmlos reden möchte ich nicht. Ich gestehe meine Angst. Ich bin kein Opfer. Ich möchte gerne den Prozess für gestalten. So werden Projekte in Shui Tang entstehen, was ich in nächsten Tagen hier erzählen werde.

Heute Abend ist ein Vollmond vor den Ostern. Geniesse den Mond, die wahre Freiheit, die zu Dir und zu mir scheint. Fange den Mond ein in Deiner Schale, schauen wir in die wahre Freiheit unserer Seele an. Wir sind wirklich frei, egal wo wir sind.