Archiv für den Monat April 2010

Die Patina II

Plötzlich merkte ich, auch unser Leben bekommt die Patina. Nicht nur das Porzellan hat Problem mit der Patina, sondern auch ich.

Die Windpocken gehen nicht einfach spurenlos vorbei. Das Gesicht erholt sich recht rasch, aber paar Punkte mehr sind ehrlich gesagt nicht willkommend. Mein Körper wurde geschwächt, während die Arbeit nicht weniger wird. Ich bekomme die leise Schritte der Zeit, die an meinen Körper und meinen Geist färben und malen. Ich werde alt.

Nachmittags besuchte ein schöner junger Japaner Shui Tang und wir redete wieder über die Patina. Er, hübsch, jung und gut erzogen. Ich roch an seine gute asiatische Haltung von gutem Haus. Er fand alles spannend, was ich ihm so erzählte. Aber ich sah die Begeisterung seiner Augen und wußte, dass er mich nicht wirklich verstand. Nicht wirklich, weil er alles so poetisch fand, anstatt zu realisieren, dass es die Seufzer sind von einer alternden Seele. Er sei ein Mode-Designer. Also, versteht er die Patina?

Plötzlich wurde es mir bewußt, dass ich mein Leben auch so führen kann wie Porzellan. Das Porzellan erlaubt kein Patina. An Porzellan reiben, putzen und polieren wir, damit es jung frisch auszusehen. Und an uns? Wie wäre es mit Hyaluronsäure?

Dieser junge Mann interessiert sich für Pu Er. „Why?“ Er antwortet, „I am interessted for aged tea. I can not imagine about it!“ Ich seufzte wieder. Wir tranken den Rescue Pu Er 1990! Leicht rauchige Kiefernote, erfreulicher Kampferduft und sanfte erdige Ton. Wir wurden stil. Ich sagte, dieser Tee sei für mich ein Rescue-Tea. Seine schwarze Augen wurden hell. „Why?“ „Because of the Patina.“

Ein Tee, der durch die Patina sanfter, schöner und geschmeidiger werden kann, tut einfach gut.

„Then, what is a tea, which can not be old?“

„Matcha, Sencha and Gyokuro?“ Meine Augen waren voller Schalk. Diese Tees bewahre ich in Shui Tang im Kühlschrank, dessen Temperatur von der Gesundheitspolizei kontrolliert wird. Die Tees von Atong bewahrt er irgendwo in seinem Büro.

Vorraussetzungen für ein Teegeschäft in Zürich

Sehr lustig fand ich, als die junge Chinesin in Shui Tang auftauchte.

Hungrig und müde war ich als sie kam, denn ich bereits mehrere Gäste bewirtete. Bevor Men auftauchte, musste ich unbedingt etwas essen! Sie fragte, ob sie mir paar Fragen stellen konnte, da eine gute Freundin von ihr auch ein Teegeschäft in Zürich aufmachen will.

Mich um Rat zu bitten, wenn man in Zürich ein Teegeschäft aufmachen will! Was für eine Ehre?

Tatsächlich wußte ich in jenem Moment nicht, ob ich lachen sollte oder den Kopf schütteln sollte. Ich bemühte mich, gute Auskunft zu geben. Eine Chinesin, die seit 20 Jahren in der Schweiz lebt, eine leidenschaftliche Teetrinkerin ist, möchte gerne so ein Geschäft eröffnen wie Shui Tang und im Zentrum Zürichs.

Die Teeliebhaber in Zürich haben nun wirklich Glück, immer mehr Teehäuser erleben zu können! Wie wäre es, wenn Teehäuser so populär werden wie Cafes? Dann wird die Stellung des Tees wohl auch aufgehoben wie die von Kaffee oder Wein! Eigentlich eine tolle Sache.

Was waren dann meine Ratschläger?

Ich versuchte ihr sehr ehrlich zu sagen, dass man mindestens 150,000 CHF hinblättern muss für den gesamten Auftritt des Ladens, oder man hat einen unglaublich guten Geschmack und kann alles selbst gestalten und hat unednlich viel Energie alles selbst zu machen. Wie so nicht?

Dann noch einmal 100,000 CHF für das erste halbe Jahr ausgeben, um gut über die Runde zu kommen. Also, ein gutes finanzielles Basis sollte man tatsächlich haben. (Ich erzähle kein Witz: die Made-in Switzerland-Visitenkarte von Shui Tang kostet pro Stück 1,2 CHF)

Also ein sehr gutes Business-Plan schreiben.

In Shui Tang kommen viele begeisterte Modeschöpfer und Leute aus Mode-Branchen. Ich unterhalte mich sehr gerne mit diesen Menschen aus der anderen Welt. Von ihnen lerne ich die Welt anders zu sehen. Da Shui Tang ein kleines Diaspora für Schlitzaugen ist, kommen auch viele mutige Frauen zu mir und fragen wie man hier ein Geschäft für Mode eröffnen kann. Meine Mode-Profi-Klienten hörten solche Storys von mir und lachten. Sie sagten mir, wenn ein Geschäft in Zürich überlebt, dann überlebt es überall. Das Publikum hier ist unglaublich anspruchsvoll. Das Publikum hier erlaubt nichts Halbherziges, kein Halbwissen und keine Bastelei!

So erzählte ich auch der jungen Chinesin. Es ist hart, in Zürich behaupten zu wollen. Nur Leidenschaft für Tee reicht nicht. Professionalität ist das Wichtigste! Versteht sie Tee?

Ich rate ihr die Professionalität als eine Teehändlerin richtig auszubauen.

Am besten mit einem sehr guten Sprachvermögen.

Dann viel Mut, viel Glück und vor allem Ausdauer!

Wenn Menglin es schon schafft bis heute zu überleben, warum nicht Du? Es ist für viele Chinesen sehr ermutigend, Shui Tang an der Spiegelgasse zu sehen. Das bedeutet, auch sie können es schaffen und noch besser!

Ach, und sie wollte noch unbedingt wissen, wie ich Tee importiere. Ich rate ihr selbst bei den Ämter von Eidgenossen zu fragen. Meine Worte zählen in diesem Fall gar nicht!

Die Patina

Ich werde alt. Die Seufzer von Vergänglichkeit und Hinfälligkeit des Körpers sind keine Muße mehr.

Viele Menschen mögen das Patina an dem Porzellan nicht. Auch die Tassen in Shui Tang werden mit Patina gefärbt. Carola hat ein Wundermittel, um das lästige Phänomen zu entfernen. Sie rettet die Tassen in Shui Tang immer wieder vor „Überalterung“.

Auch wenn ich gegen meine Natur die Tassen täglich fleissig putze und reibe, bleiben immer das Patina wie ein Phantom und wirft Schatten auf die Zeit in Porzellan.

Die Patina an Porzellan gleicht für viele wie der Todesurteil gegen das schöne Bone China.

Bon China, das unsterbliche glänzende Objekt, war zu begehren in besten Häuser. Einst korkettierten sich die europäischen Adel mit ihrem Porzellankabinett, während man heute sich mit Bon China einen bestimmten Lfe-Style zur Schau stellt. Anders als die alte gute Zeit, wo Porzellan noch in seinem Alter „verehrt“ wurde. Heute behandelt man das Bone China – ein Objekt, das eigentlich auch alt werden kann, wenn sie tatsächlich benutzt und von Patina heimgesucht wird, als nutzlos.
Was machen denn die meisten Menschen mit dem von Patina-besetzten Bon China?
Brockenhaus ist oft die eingefallene Idee.
Oder Ebay.

Was machen wir mit alten Menschen in unserer Nähe? Schockt der Nachricht uns von dem Film von vier Pflegerinnen in Alterheim Entlisberg?

Anders als Lackware, anders als Zeladon, hat Porzellan einfach ein prikäres Schicksal. Sie müssen immer jung, frisch und glänzend aussehen – so wie Menschen in unserer Gesellschaft. Wie wäre es mit einem Lifting-Kur? Ach, was stört uns denn das Patina an Porzellan?

Annette war so erfreut über ihre neue Schale von Zeladon. Matt, weiß und so warm geschmeidigt auf ihre Haut. Eine Schale, die tatsächlich einen auf seinen Weg des Tees, wenn man einen zulässt, begleitet und mit ihm gemeinsam alt wird. Ein Weggefährte, eben. Wer wartet nicht auf so einen und wer möchte nicht gerne so einen sein? Zusammen alt werden und zusammen durch die Höhe und Tiefe zu gehen. Um gewisse Dinge im Leben nicht mehr wiederholen zu wollen, bin ich so froh, nicht mehr „jung“ zu „sein“!

Als Paulus vor zwei Wochen zum Tee da war, sprachen wir über Reifung und Tee. Es wurde mir plötzlich bewußt, wie traurig das Schichsal des Bon China ist. Beziehungsweise, wie traurig wir das Bild des Bon China zuschreiben – jung, frisch und glänzend.

Auch die Patina hat mich erreicht. Ich werde alt. Und dann?

Es geschehen lassen

Die schwierigste Aufgabe in Shui Tang ist Kundinnen über Teatoys zu beraten. Die meisten Damen in diesem Land lieben weiss und wollen alles in einem Set haben!

Ein Set!

Was heisst ein Set? Eigentlich von Vorhang bis zum Sofa, von Tisch bis zu Schuhen und von Teller bis zur Teekanne! Wo steht der Mensch? Der Mensch steht immer in Augen des anderen…

„Wissen Sie, wenn ich nicht weiss kaufen würde, dann muss ich meine ganze Einrichtung komplett neu kaufen!“ Dieses Argument höre ich immer wieder und ich bleibe dabei relative cool…. Was hätte ich denn sagen sollen?

Was heisst Stil? Was heisst das ästhetische Vermögen….?

Es war eine Dame, die kam zu Shui Tang und wollte eine Lack-Tablett aus Tokyo kaufen. Der Preis schockte sie und der Stil irritierte sie. Trotzdem war sie begeistert von der Exotik und fragte mich, ob ihre grüne Teekanne auf diesem Tablett stehen kann. „Warum nicht?“ „Aber die Farbe…?“ „Wissen Sie, in der Ästhetik des Tees wird die Farbe, Stil und Material nie bei einem Tee wiederholt. Man wiederholt nicht bei einem Tee das gleiche Material, den gleichen Artist und den gleichen Stil. Brüche muss es geben.“ Sie schüttelte ihren Kopf. Eine schöne grüne Teekanne aus Yingge gefielt ihr sehr gut. Diese Celadon-Kanne traf an diesem Tag ganz frisch ein. Sie war sehr unsicher. Sie sagte, in der Schweiz sei man anders. Sie wollte mit ihrem Architekt kommen und er sollte ihr das O.K. geben. Ich war einverstanden – es war mir gleich.

Der junge Architekt war begeistert und sagte ihr, „Alles. Kaufe alles.“ Natürlich tat die Dame nicht und sie kaufte das Tablett. Die Kanne? „An diesen Tag als Sie da waren, hat eine junge Dame sie gleich gekauft.“ Sie war zwar geschockt, aber nicht zu schlimm. Tage später kam sie wieder.

„Ich suche etwas für das Tablett. Etwas für Schokolade oder Apero.“ Eine Schale? Sie nickte. Wir schauten verschiedene Dinge an. Sie zweifelte immer wieder an das Material, an die Farbe und an die Form. „Passt das überhaupt zusammen?“ sie stellte immer wieder die gleiche Frage. Ich sagte immer wieder ja ja. Sie schüttelte immer wieder ihren Kopf und wiederholte den Satz, „In der Schweiz sind wir anders.“

Warum denkt man dauernd, ob alles nicht zusammen passt? Mit welchen Augen betrachtet man die Dinge, die einem gefallen? Mit seinen eigenen oder mit jemanden anders? Ich kenne das Spiel sehr gut, denn ich zweifele auch immer an meinen Stil! (Habe ich einen?) Ich habe immer Zweifel an Kleider und Farbe. Am Ende kleide ich nur sehr konservative ein und kaufe immer bei dem gleichen Geschäft. Das Modische (das im Hier und Jetzt getragen werden soll) traue ich mir nie zu tragen. Also ich trage nie Dinge im Hier und Jetzt, sondern irgendwo. Einfach meine Art. Was die anderen so hoch halten, halte ich mich fern!

Was ist denn daran so schlimm, wenn man nicht gestylt ist? Oder wenn man einen unangepassten Stil hat? Was ist denn daran so schlimm, wenn man keinen Stil zeigt? Ist es ein Stil, nein — ein Style eine Vorraussetzung als ein „akzeptierter“ Mensch zu sein?

„Versuchen Sie einfach, das zu kombinieren, was für Sie schön und stimmt. Was die anderen sagen, ist es doch egal! Das Ästhetische ist in dem Kombinieren von Brüche!“

Die Dame blieb unsicher und wollte wieder mit ihrem Berater kommen.

Leider war ich nicht da, als sie mit dem Berater kam. Carola war da und die Schale, die sie sehnsüchtig kaufen wollte, waren allerdings nicht mehr da.

Carola erzählte mir von ihrem geschockten Gesicht. Die Dame konnte nicht glauben, weshalb sie immer die Dinge verpassen, was ihr eigentlich doch recht gefielen! Sie schrieb ihre Telefonnummer auf und ich sollte sie zurückrufen.

Ach, was könnte ich für sie tun? Beziehungsweise – das bringt doch nichts. Wenn man nicht im Hier und Jetzt lebt, wenn man immer in Augen des anderen lebt, wenn man nicht im richtigen Moment spontan entscheiden kann, verpasst man immer die Dinge, die einfach einmalig sind! Es tut mir zwar leid, aber was hätte ich machen sollen?

Man kann nicht alles kontrollieren, um anderen Menschen zu gefallen.

Es geschieht so, wie es sein sollte.

Es blüht Magnolien

Ich wurde vor paar Wochen krank. Eine seltene Krankheit in meinem hohen Alter. Eigentlich bekommt man Windpocken als Kind. Ich bekam es einmal als Kind in Taiwan. Später einmal als eine junge Studentin in Deutschland. Nun wieder das dritte Mal als frische Immigrantin in der Schweiz. Ein seltender Fall, sagte Medizinerin Heike. Ich stimmte zu.

Mit dem Jucken hatte ich im Griff. Aber mit meiner eigenen Eitelkeit nicht. Ich litt und leide unter dem schlimmen Gesicht. Ein Jammer.

Alle sagen mir, „Menglin, paaae auf! Du gibst zu viel.“

Das stimmt vielleicht. Aber bekomme ich wohl nicht zurück?

Was es den anderen Menschen angeht, geht es mir nicht an. Es ist allerdings meine eigene Aufgabe, auf mich selbst aufzupassen. Es ist mein Leben. Ich kann Menschen nur so nehmen, so wie sie sind und versuche sie und mich nicht zu verurteilen.

Es ist klar, man gibt sehr viel Energie für das Geschäft. Man setzt alles ein für die Klienten. Man gibt bevor man überhaupt etwas zurück erhalten kann.

In der Tat bekomme ich sehr viel von den Menschen, die zu Shui Tang kommen! Von Walter erhielt ich gestern wieder wunderschöne Tulpen! Sie lächeln nun am Schaufenster den Passanten an. Und von A. J. bekam ich eine wunderschöne Karte von blühenden Magnolien. Am einen ruhigen Mittag des Vorfrühlings trank er seinen Qilan Dancong und unser Gespräch wurde sentimentaler als wir von unserem Fremdsein sprachen. Fremd in seinem eigenen Land, fremd in einem fremden Land. Er schrieb mir ein Gedicht. Er sagte, meine Tränen waren ein Geschenk und inspirierte ihn:

Ein herzliches Lachen erhellt

die ganze Welt

und es sind

auf dem ganzen Erdreich

die Tränen gleich.

Es erkennt im weinen

der Mensch die Seinen.

Shui Tang sei nicht nur Liquid Delicacies, sondern – Liquid Pearls.

Schritte für Gongfu Cha

Schritte für Gongfu Cha

Auf die Frage, was wir tatsächlich in dem visuellen Auftritt von Shui Tang machen möchten, hat es lange gedauert, bis wir eine Antwort fanden.

Es sind bereits zu viele Shops, zu viele Selbstdarstellungen von Autoritäten und zu viele Marktschrei. Was möchten wir wirklich tun? Roger rat mir, anstatt ein Shop von vielen anderen zu sein, wäre es wichtig etwas für Bildung des Tees zu unternehmen. Das visuelle Shui Tang sollte Teefreunde präsentieren können, wie Tee „gespielt“ werden kann.

Was brauchen wir tatsächlich, um Gongfu Cha zu spielen? Was für Teatoys sind erforderlich um das Spiel mit dem Tee in verschiedenen Variationen zu experimentieren?

Heute trafen wir zusammen, machten unsere Skizze. Tashi sollte am Sonntag fotographieren, wie Gaiwan, Gongfu Cha und Matcha in Schritt-Folge durchgeführt werden. Ich bin selbst sehr gespannt!

Ein toter Tee

(Anluss an dem vorherigen Beitrag)

Er sagte mir, dass Herzen von meisten Menschen in diesem Bergland total versteinert sind. Sie können nicht mehr weinen.

Ich antwortete, weil die Tränen salzig sind. Wir vertragen es nicht, wenn wir etwas an uns selbst schmecken können… Wenn wir nicht einmal riechen dürfen!

Salzig ist auch unser Blut. Wenn unser Blut mit Sauerstoff in Berührung kommt, wird es rot.

Mich berühren immer Männer (und Menschen), die weinen können. Mein Bruder weint vor uns, wenn es ihm schlecht geht. Mein Vater weint, als sein geliebte Partie die Wahl verlor. Und er weint, wenn ich das Flugzeug nach Europa einsteige. Auch wenn ich wußte, dass seine Welt und meine Welt nicht immer die gleiche ist – das Herz meines Vaters war so nah.

Was ist dann, wenn man nicht mehr weinen kann? Wie muss man denn kontrollieren, dass die Tränen nicht runterfallen und das Herz nicht berührt wird? Wie muss man denn das eigene und das andere Leben kontrollieren, so dass alles genau so wie planmässig läuft, ohne Panne?

Die Schweiz ist ein perfektes Uhrwerk. In dem harten Leben im Gebirge musste man einst alles richtig organisieren und kontrollieren, damit man den harten langen Winter überlebte. So vergisst man nicht das Leben zu organisieren auch in der urbanen Moderne. In diesem perfekt funktionierenden Uhrwerk stört das Gefühl – das Leben! Das Gefühl ist wie Sand… Sand im Uhrwerk ist ein schlimmes Störfaktor!

Wie ist das, wenn das Leben durch und durch organisiert ist? Wie ist das, wenn die Gesellschaft durch und durch organisiert ist? Ein sehr alter Mann, ein früherer NZZ-Journalist kommt ab und zu zu Shui Tang. Einmal unterhielten wir darüber. Er sagte, das System macht die Menschen hier dumm. Und es muss auch so sein, damit sie leicht zu regieren sind.

Menschen können leichter manipuliert werden, wenn sie nach Erfolge, Ruhm und Prestige jaggen – überhaupt wenn sie Dinge nach Aussen verlangen. Haben anstatt Sein. In einem perfekten Uhrwerk lebt das Leben irgendwann nicht mehr, sondern nur funktioniert.

Was ist, wenn die Produktion des Tees einfach nur funktionieren muss?

Ich bekame zunehmend Tees zur verkosten, die tot riechen.

Dieser tote Geschmack schmeckt in ungeübter Nase häufig euphorisch als schokoladig gefeiert. Diese scheinbare schokoladige Note ist so penetrant und dominant, dass er sofort auffällt und unharmonisch sticht. Als ich zum ersten so einen Tee zum verkosten bekam, verdächtigte ich ihn als verkohlt. Ihn schickte ich zu Atong und bat um Kommentare. Mein Lehrer Atong gab mir zu wissen, dass dieser Tee Sauerstoff-Mangel erlitt – er wurde erstickt. Die Blatter waren zu zart. Der Teemaker hatte zu wenig Erfahrungen. Das Ganze sollte so effizient produziert werden, so dass die Zeit einfach fehlte! Die ausreichende Zeit und Geduld wäre die Rettung gewesen!

Schwarztee ist wie Oolong, brauchen reife Pflückgut. Wenn man allerdings dem modernen Trend nach jaggt, zarten Pflückgut zu ernten, braucht man Zeit, Erfahrungen und Mut, gewisse Prozedure ausriechende Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, damit die Feuchtigkeit aus dem Pflückgut richtig ausgeschieden werden kann und die Fermentation richtig im Gang gesetzt werden kann. Wenn man allerdings nicht nach dem Leben sondern nach dem Konzept arbeitet, dann passt man nicht an den Gegebenheit an. Man macht einfach so nach dem Muster! (Was für ein Muster hast Du?) Alles so schnell wie möglich, so effizient wie möglich. Weil es zu wenig Zeit da war, spart man den Fermentationsprozess. Um aber diesen zu kompensieren, lässt man diesen Tee gestapelt ruhen. Damit es schneller geht, stapelt man die Schicht der Teeblätter so dick (!) – dass sie ersticken! Wenn Teeblätter nicht mehr atmen können, werden sie tot…

Und wir, fördern den Tod des Tees, wenn wir den toten Geschmack als „exotisch“ feiern. Wir fördern den Tod des Tees, wenn wir die Produktion des Tees einfach als „Funktion“ verstehen!

Wenn der Mensch in der Gesellschaft bloss ein Kostenfaktor ist! Wie können wir denn erwarten, dass der Tee noch genügend Sauerstoff bekommt, nicht tot riecht und schmeckt? Alles muss doch einfach nur funktionieren! Nach-Denken stört.

Suche nach Zhengshan Xiaozhong 正山小種

Zhengshan Xiaozhong heisst im Westen Lapsang Souchung. Er ist eigentlich ein stink normaler Tee. Zu normal, dass man einfach mit Schwarzwälderschinken verwechselt. Gerade, so ein normaler Tee zerbricht meinen Kopf, um einen richtigen Zhengshan Xiaozhong zu finden!

Er ist rauchig, stark und dunkel. Mehr weiß man nicht von ihm.

In der chinesischen Literatur steht: er duftet nach Dattel, wird von Hand verarbeitet und stammt aus einem Pass Tongmuguan in Wuyishan. Er ist der älteste Schwarztee in der Weltgeschichte und der einzige Schwarztee, der erhitzt wird, um den Fermentationsprozess zu vollenden. Weil es im Mai noch recht kalt war in Tongmuguan, wurde der Raum mit Kieferholz erhitzt und der Tee mit der Wärme vom Kieferholz verarbeitet. Durch diese klimatische Gegebenheit ist der weltberühmte Rauchtee entstanden.

Heute findet man überall Rauchtee im Westen. Kieferholz gibt es nicht mehr sehr viel. Um diese starke Nachfrage für den Export gerecht zu werden, gibt es natürlich künstliche Methode nachzuhelfen. Die Konsumenten orientieren sich meistens immer nur an das sofort wieder Erkennbare (!): Rauch und schwarz.

Ich will Dattel und honigsüße Note, die von der Leichtigkeit des Rauches beflügelt werden kann!

Heute in China ist man Teilnehmer von dem globalen Reichtum geworden und man hat immer mehr Anspruch auf den Genuss des Tees. Heute in China ist man beeindruckt von der Zartheit und Jungfräulichkeit der Dinge. Oolong hat in dem modernen Trend two-Leaves and one Bud – Fehlbedingung für einen guten Oolong. Schwarztee sollte immer zarter sein – am besten nur aus Tipps. Ich bekomme fünf Muster von Top – Zhengshan Xiaozhong. Jeder kostet mindestens im Grosshandel bereits ab 120 Euros – wer kauft heute so etwas? Selten Rauchnote – das kommt in China nicht gut an, sagte mein Tee-Spion. Sehr zart, zu zart! Ich beschwerte mich im Telefon, während sie in der anderen Seite von Telefonleitung staunten.

Ich sagte meinen lieben Spionen, diese Tees, die ich zur Probieren bekam, seien bereits tot. Sie waren zu zart, so zart, dass man ihn einfach falsch behandelt! Warum lässt man ihn nicht am Baum reifer werden, richtig behandeln, Zeit aufwenden, ihn richtig zu Ende fermentieren lassen anstatt mit Kalkül am Ende ihn ermorden lassen?

Möchtest Du wissen, wie ein toter Tee schmeckt?