Dank Joseph können wir ein NZZ-Artikel über Tee lesen.
Der Journalist berichtet über einen heissen Preis für Tee. Aber was für einen Tee?
Ist BIO gleich bedeutend nachhaltig? Ist Nachhaltigkeit mit Globalisierung zu vereinbaren? Seit wann spielt Kenya eine Rolle bei Teeproduktion? Seit wann ist Tee gleich mit Massenproduktion zu setzen?
Nicht der Preis ist heiss für Tee, sondern was kann Tee heiss halten? Gute Preise, gutes Gewissen oder ein guter Geschmack!?
……. viel Vergnüügen beim Lesen.
Der Preis ist heiss für Tee
Starke Nachfrage nach dem zweitbeliebtesten Getränk der Welt
Weltweit schätzen immer mehr Leute eine gute Tasse Tee. Die Nachfrage hat im vergangenen Jahrzehnt stark zugelegt. Die Preise sind gestiegen. In traditionellen Tee-Nationen wie Grossbritannien gibt es aber auch Ermüdungserscheinungen.
GERALD HOSP, LONDON
Der Eingang in der Londoner Strasse Strand ist leicht zu übersehen. Erst ein Blick nach oben verrät Tradition und Selbstbewusstsein: Ein goldener Löwe und zwei bunte chinesische Figuren zieren das Stammgeschäft des 1706 gegründeten Teehandelshauses Twinings. Der schlauchartige Verkaufsladen ist erstaunlich klein, gefüllt mit Gerüchen und Leuten. Die Ahnengalerie der Twinings blickt auf die Kundschaft herab, die auf der Jagd nach exotischen und weniger exotischen Teesorten ist. Das Handelshaus Twinings, das seit 1964 zum Lebensmittelkonzern Associated British Foods gehört, entwickelte sich von einem Kaffeehaus zu einer der führenden Teemarken weltweit und hat dazu beigetragen, den Briten das Teetrinken schmackhaft zu machen.
Im Gesundheitstrend
Das Vereinigte Königreich gehört immer noch zu denjenigen Ländern mit den eifrigsten Teetrinkern. Die Türken, Iren und Marokkaner zählen ebenso dazu. Die Briten scheinen aber den Gefallen an Tee – zumindest etwas – zu verlieren. Laut dem Forschungsunternehmen Mintel ist die Menge an verkauftem Tee auf der Insel zwischen 2010 und 2015 um 22% auf 76 Mio. kg zurückgegangen. Dafür wird auch der Aufstieg des Kaffeetrinkens verantwortlich gemacht. Gleichzeitig aber sind die Umsätze am britischen Teemarkt in diesem Zeitraum nur um 6% auf 654 Mio. £ zurückgegangen, was 978 Mio. Fr. entspricht. Dies hängt damit zusammen, dass vor allem der «gewöhnliche Teebeutel» auf dem Rückzug ist. Die Verkäufe von Früchte- und Kräutertees sowie von grünem Tee nahmen zu. Zudem eröffnen in London Spezialgeschäfte mit aussergewöhnlichen Mischungen sowie mit Teesorten wie Oolong oder Rooibos beinahe im Wochentakt.
Manche Traditionalisten haben bereits befürchtet, Grossbritannien könne zu einer Kaffeenation verkommen. Zwar sind Cappuccino, Latte Macchiato und Espresso nicht mehr aus dem britischen Alltag wegzudenken. Die Briten trinken laut Mintel aber jährlich immer noch 165 Mio. Tassen Tee und nur 70 Mio. Tassen Kaffee. Die Gesundheits- und Wellness-Welle unterstützt dabei die Nachfrage nach Tee.
Der Trend in Grossbritannien spiegelt auch teilweise die Entwicklung am Weltmarkt für Tee, dem nach Wasser beliebtesten Getränk überhaupt. In den vergangenen Jahren haben sowohl Nachfrage als auch Angebot stark zugenommen. Die Produktion von Grün- und Schwarztee stieg im Jahr 2013 laut den jüngsten Zahlen der Uno-Ernährungsorganisation FAO um 6% gegenüber dem Vorjahr auf 5,07 Mio. t, der Konsum steigerte sich um 5% auf 4,8 Mio. t. Die FAO rechnet damit, dass bis zum Jahr 2023 die Herstellung von Schwarztee um knapp 3%, die Produktion von Grüntee aber um mehr als 8% zunehmen wird. Das steilere Wachstum beim Grüntee gründet vor allem auf einer stärkeren Nachfrage in China. Aber auch die chinesischen Exporte würden ansteigen, um den Durst von Gesundheitsbewussten auf der ganzen Welt zu stillen. Das Reich der Mitte ist das wichtigste Anbauland für Grüntee, es folgen Japan, Vietnam und Indonesien. Beim Schwarztee sind Indien, Kenya, Sri Lanka und China führend. Kenya und Sri Lanka sind dabei die bedeutendsten Exporteure von Schwarztee.
Schrittmacher Kenya
Die starke Nachfrage der vergangenen Jahre liess auch die Preise zwischen 2002 und 2013 ansteigen. Wenn der Composite Price der FAO herangezogen wird, erhöhten sich die Teepreise bis 2009 massiv, stagnierten dann und gingen in den vergangenen zwei Jahren leicht zurück. Das Preisniveau ist aber immer noch höher als die Durchschnittsnotiz der vergangenen zwei Jahrzehnte. Der Composite Price bezieht sich auf Schwarztee und ist ein gewichtetes Mittel der Preise an den Märkten in Mombasa (Kenya), Colombo (Sri Lanka) sowie Kolkata und Cochin in Indien. Tee wird üblicherweise über Auktionen verkauft. Einen Terminkontrakt wie für viele andere Rohwaren gibt es nicht. Damit können sich Produzenten und Händler nicht gegen Preisschwankungen absichern. Weil Tee aber in zu vielfältigen Arten und Sorten angebaut wird, ist ein Terminkontrakt, der die Lieferung einer einheitlichen Qualität in der Zukunft garantiert, schwierig.
Als Referenzwert für den Schwarztee-Markt hat sich neben dem FAO-Preis die Notiz an den Auktionen in Mombasa herausgebildet. Der Kenya-Preis schwankt naturgemäss mehr als die zusammengesetzte Notiz. Zwischen Oktober 2012 und Oktober 2013 war der Preis für die mittlere Qualität Best Pekoe Fannings 1 von $ 3.70 je kg auf $ 2.20 gefallen. Bessere Ernten und eine nachlassende Nachfrage aus Ägypten und Pakistan hatten zum Preiszerfall geführt. Seit dem vergangenen Jahr geht es aber wieder aufwärts. Im Oktober dieses Jahres stieg der Preis auf $ 3.90. Der niederländische Teehändler Van Rees schrieb im jüngsten Marktbericht, dass der Ernteertrag in Kenya im Oktober um 10% geringer als im Vorjahr ausgefallen sei. Die Bedingungen seien aber vorteilhaft für eine gute Ernte.
Die FAO geht angesichts der Projektionen von einem robusten Teepreis in den nächsten Jahren aus. Die Anbauländer könnten jedoch selbst einen Preissturz hervorrufen, wenn sie den Anbau wegen der hohen Notiz übermässig erhöhen. Um den Mengenrückgang wie in der Tee-Nation Grossbritannien auszugleichen, müssen die Produzentenländer aber auf Nachfragetrends wie biologisch angebauten Tee verstärkt eingehen und selber mehr Tee trinken.