Archiv der Kategorie: Der Teeweg

Bai-Duan Ni 白段泥 Zisha „太湖石 Taihu Shi“ von Liu Rong 劉蓉- 1

Ein Experiment von Shui Tang in Zusammenarbeit mit Künstlerin Liu Rong

Jie erzählte mir von einem speziellen Ton Stück das er erworben hat. Wir baten Liu Rong für uns Teekanne aus diesem Duanni Ton herzustellen! Nach vielen gescheiterten Brand und Korrektur von dem richtigen Temperatur ist das neue Werk endlich entstanden!

Taihu Shi – Stein aus Taihu See ( Ich werde ein Blog schreiben – was ist Taihu Stein?)

Duanni Ton, von Liu Rong

Teegespräch in einer unsicheren Zeit

Vielen Leute sagen Weihnachten und Schenken sind Ausdruck von Konsum.

Konsum als Akt ist neutral. Wie man es tätigt ist das Thema das man sich stellen muss.

Ein unabhängiger Mensch ist das zu tun was für ihn innerlich wichtig ist, egal was die anderen etwas verteufeln oder gut finden. Jemanden etwas zu schenken um einen neuen Kreislauf der Energie zu geben, ist eine wunderbare Sache. Und als Kulturträger haben wir Möglichkeit damit eine Kultur zu fördern!

https://www.shuitang.ch/blogs/pu-er-und-gelagerter-tee/teegespraech-nr-41-bruecken-schlagen

Wozu Tianqing Ni 天青泥

Bea kam zu Besuch und brachte mir 5 kgs Ton aus dem Rhein. Ich werde mit dieser Erde nach Taiwan fliegen und Meister Lo Senhao zeigen. Er sagte, wenn wir Glück haben, könnte er mir bei meinem Rückkehr bereits fertige Werke mitgeben! Lo hat die Vision uns zu zeigen wie man mit Keramik arbeitet noch wie vor 1000 Jahren. Zuerst muss der Schweizer Ton getestet werden.

Für unser Gespräch habe ich mein neues Spielzeug von Yin Mins Tianqing Ni getestet. Jie, der Galerist erzählt mir, dass Tianqing Ni und Qinghui Ni oft verwechselt werden, weil sie sehr eng vorkommen.

Qinghui Ni war sehr populär Ende Ming Dynastie (17. Jh), ist rar heute. Dieser Ton bekommt der Name von Hai Fisch, weil dessen Oberfläche körnige Spuren hat. Ein sehr geschätzte Ton. Tianqing Ni war populär in Qing Dynastie (17-19. Jh), hat ebenfalls diesen körnigen Charakter auf der Oberfläche. Es klebt weniger gut, schwer zu gestalten. Kein einfaches Material für den Gestalter. Der Brenn- Temperatur ist höher als andere Tonarten. Die Kanne aus Tianqing Ni sollte wunderbar für duftenden Tee. Weil der Mineneinsturz 1953 geschah, kann die Ausgrabung nicht mehr weiter fortgesetzt werden. Deswegen Tianqing Ni ist fast nicht mehr auf dem Markt.

Mich interessiert solche Daten eigentlich nicht so sehr. Mich interessiert, ob der Tee gut in dieser Kanne schmeckt. Ich bereitete den Hong Erduo Gushu Puer 2024, der mich in diesen sehr beschäftigenden Periode unterstützt. Bea fragte mich, „wow, der Tee – so süss! Bei mir kam er nicht so raus! Ich habe es zum ersten Mal so deutlich gemerkt.“ Ich auch! Diese Kanne von Tianqingni öffnet mir ein neues Fenster zum Tee!

Wie wichtig ist ein Teatoy?

Ich trank den Hong Erduo. Er war klar und fröhlich. Seine Struktur war so schön deutlich auf meine Zunge und der Geschmack so freundlich süss und voller Klang! Ich habe nie erlebt. Ist es Tianqing Ni? Ist es das, was ich schon immer wartete?

Xishi Hu von Yin Min

Tianqing Ni 天青泥,nie gehört. Es bringt mich immer durcheinander, wenn ich von 青灰 Qinghui, Qinghui Duanni青灰段, oder Qing Duan 青段 höre. Neulich habe ich eine Kanne von 孫超 Sun Chao erhalten. Diese Kanne sollte Zini sein, aber Reduktionsbrand. Die Kanne von Sun Chao sieht fast genau so aus wie Qinghui Duan. Es ist kein Wunder, dass der Kauf einer Yixing Kanne eine Vertrauenssache ist.

Teekanne von Sun Chao

Yin Min kenne ich seit sechs Jahren. Wir schrieben ab und zu. Für mich ist sie eine feine intellektuelle Dame, mit einem Charakter wie ein Mann – sie legt keinen Wert auf Streit über Banalität. Die Kleinigkeit der Kanne interessiert sie wenig. Ihre Kanne zeigt stets klare Linie und eine Grosszügigkeit. Anders als Liu Rong, die die Details mit grosser Sorgfalt bearbeitet.

Diesmal verwendet sie Tianqing Ni (eine Art von Zini), Duanni und Zhuni, um 西施壺 Xishi Hu zu interpretieren.

Xishi, eine Kanneform, absolut feminin. Keine Ecken, keine Kante und keine herausragende Details. Harmonisch, rund und zurückhaltend – das ideale Bild der Weiblichkeit der Teekultur. Stabile Haltung und würdige Henkel – kraftvoll und zugleich introvertiert. Die feine Aufguss Mündung und der Knopf verleihen die Lebendigkeit des Xishis, als ob eine Schönheit gerade mit uns sprechen würde.

Sie trinkt gerne Tee und versteht, wie wichtig eine Teekanne für einen guten Tee bedeutet. Weil sie den Teeweg praktiziert, weiss sie, wie wichtig die Form die Bewegung und die Ausstrahlung des Teemenschen unterstreichen kann.

Ich beobachte ihre Entwicklung und fühle mich reichlich beschenkt von dem Universum, dass wir eine tolle Teekanne erhalten dürfen! Die Tradition neu lebendig zu machen!

Zhuni glänzt wie die Lippen einer gesunden Frau ohne Lippenstift. Frisch und anmutig. Zhuni bringt eine Lebensbejahung in die Kanne. Tianqing Ni hat eher dunkle graue Farbe, die vermittelt die Widerstandsfähigkeit einer aufrichtigen Schönheit. Und Duanni, elegant und rein – es unterstreicht die Qualität des Weiblichen.

Yin Min

Duanni Chahai von Sun Chao

Sun Chao, Yixing Kannenmeister hat meine Bestellung vergessen. Um Wiedergutmachung zu zeigen, machte er mir zwei Chahai.

Duanni Chahai von Sun Chao

Das Chahai liegt wunderbar in der Hand und der Tee fließt elegant und schön in die Tasse!

Aber ist es ein Muss, ein Chahai aus Yi-Xing Ton zu haben? Ich war sehr skeptisch. Zu experimentieren habe ich heißes Wasser in diesem Chahai und in Porzellan Chahai gegossen. Die Arbeit in Shui Tang ließ mich das Experiment vergessen. Kurz vor Laden Schluss probierte ich das inzwischen kühl gewordene Wasser – wow! Ich fühle mich aufgeklärt: was heißt dick flüssig? Was heißt Textur? Wow!

Mein Mund war voller Wasser von klaren samtigen Textur. Zum ersten Mal meines Lebens glaubte ich ein bisschen von Duanni verstanden zu haben!

Xishi Hu im Jahr 2024

Yin Min, Teekannenmeisterin aus Yixing hat neue Kreation vorgestellt! Diesmal mit Tianqingni 天青泥. 180ml.

Xishi Hu von Yin Min Tianqing Ni
Diese Serie beinhaltet drei verschiedene Ton Arten: Duanni, Tianqing und Zhuni

Die Welt komplementär zu verstehen

Nach dem Teekonzert kamen interessierte Menschen zu mir, um meine Texte über Rilkes Musik zu fragen. Man wundert sich über die ehr als melancholische Texte von Rilke über Herbst und Einsamkeit interpretierten Texte, die von mir in einer anderen Öffnung gedeutet wurden. Vor allem die Kombination zwischen Gongfucha und Rilke wirkt frisch.

Teetisch von Benjamin
Teetisch von Anja

Bevor ich die Texte schrieb, hatte ich sehr Mühe die Komplementarität zu verstehen. Wie bedeutet es eigentlich? Erst als ich die Zeilen von Rilke lass, „wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange dauern.“ hatte ich das Gefühl ein wenig über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wer kein Haus hat, baut keines mehr, weil die Zeit vorbei ist. Es ist die Zeit das innere Haus zu pflegen und auf das zu zählen, was vorhanden ist. Kein Bedauern von gestern und kein Rückschau auf das, was nicht erreicht ist. Sondern auf die Gemeinschaft zählen, was da ist.

Wer Streit und Uneinigkeit hatte, muss nicht zu lange beim Brüchen bleiben, sondern auf das, was zwischen uns verbunden bleibt. Auf das zu zählen.

Das bedeutet nicht, dass Streit, Uneinigkeit und Hauslosigkeit unwichtig wäre, sondern, zu wissen, dass man Dinge nicht aufeinander reduzieren kann. Sie bedienen sich gegenseitig. Alle notwendige Eigenschaften bilden das Ganzen – das Andere ist wichtig. Diktatur töten das andere. Das ist das Problem. Der Wahn von Gesundheit und Wahrheit kann reflektiert werden. Ich schätze die Formulierung von Schweizer Bezeichnung über alternative Medizin als Komplementäre Medizin sehr. Denn die Schulmedizin und alternative Medizin sind gleichwertig und ergänzen sich gegenseitig.

Darum ist Shui Tang wichtig für Tee. Und ein „typisches“ deutsches Teegeschäft das immer fruchtige Gerüche verstreut auch wichtig. Das andere ist wichtig für uns, für das Zusammenleben und für die eigene Entwicklung.

Rilkes Botschaft ist doppeldeutig. Haus zu bauen – das äussere und das innere – ist wichtig. Wer das innere Haus nicht gepflegt hat, unterstützen andere, die es tun und zählen auf sie, die unsere Sichtweise öffnen können. Wer das äussere Haus nicht gebaut hat, zählen auf die Gemeinschaft – beim Gongfucha ist die Gemeinschaft der Teetisch – die uns unterstützen und halten. Festhalten ohne anzuhalten.

Ich danke sehr, dass die harte Zeit, in der ich mich von meiner Arbeit in Shui Tang zurückgezogen habe, Früchte tragen. Rilke hat meine Sichtweise für Gongfucha erweitert und mein Leben von „engen Gassen“ befreit. Und mein liebes Team und meine Tee-Gemeinschaft haben mich getragen und gehalten. Die Texte werde ich auf der Webseite von Shui Tang unter Teekultur veröffentlichen und man kann dort runterladen oder lesen – es dauert noch ein bisschen…

Mutation im Gongfucha

Seit zwei Monaten arbeite ich an das Konzept von unserem Jubiläumskonzert „Mutation und Gongfucha“. 15 Jahre sind nicht sehr lang für das Berufslebens eines Menschen, aber wohl lang genug für den frischen Wind des Lebens. Ich war inspiriert von den mutierten Teepflanzen, die wir diesmal als Jubiläumstee wählten. Ohne zu ahnen dass Mutation oft negativ vor allem in der Medizin konnotiert wurde.

Oft verwenden wir in der Wissenschaft den Begriff Transformation um einen Entwicklungsprozess zu beschreiben. Poetisch wird der Begriff Wandel oder Verwandlung angewendet. Warum insistiere ich in meinem Text noch das Wort Mutation zu verwenden?

Warum sprechen wir hier über eine Mutation anstatt über eine Transformation oder einen Wandel? In der fernöstlichen Kultur, vor allem im Zen-Buddhismus, versucht man das plötzliche Begreifen einer übergreifenden Sichtweise zu beschreiben. Der „magische“ Moment, in dem ein Mensch – zutiefst berührt – auf einmal eine nicht vorhergesehene neue Erkenntnis erlangt, wird als „Erleuchtung/Wu“ bezeichnet. Doch das ist nicht ein singulärer Moment, sondern er ist hervorgegangen aus einem langen Prozess des Wandels. Im Vergleich dazu veranschaulichen der Begriff Transformation oder der poetische Begriff Wandlung zwar die Entwicklung einer Öffnung zu etwas Anderem, aber das Geschehen des Unerwarteten bringen sie nicht zutreffend zum Ausdruck. Zwar könnte die Bezeichnung Mutation negativ konnotiert werden, sie drückt aber eben gleichzeitig den Prozess der Veränderung und das Eintreten des Unvorhersehbaren aus.

Seit gestern ist die so genannte Winterzeit wieder eingestellt. Der Tag kürzer und die Nacht länger. Ein neues Zyklus beginnt. Mir gefällt wie Duben die Herkunft des Wortes „Wandern“ erklärt: wiederholt wenden, dann: hin und her gehen. Der Anfang ist das Ende, das gleichzeitig wieder der Anfang ankündigt. Ähnlich wie auf den Teetisch. Jeder Aufguss ist jeder neue Anfang. Wiederholt. Aufguss für Aufguss bis der Prozess zu Ende läuft. Jeder Abschied ist zugleich der Anfang der nächsten Zusammenkunft. Auf Wiedersehen.

Notizen zu 15. Jubiläumstee von Shui Tang

Fallen. Und du wirst vom Universum festgehalten!

Als die neuen Puer Lieferung eintraf, steht die Jahreszeit gerade im Wandel: noch paar schöne warme Tage, und dann bringen Regen und Wind auf einen Schlag alles zu Fall. Der schöne Tee aus Yibang und Yiwu überraschen mich mit dieser ausgezeichneten Ernte. Intensiver und aromatischer. Es liegt vielleicht an den Fortschritten des Produzenten und auch amWetter, auch wenn viele andere Gebiete unter Regenmangel litten. 

Der Herbst ist oft ein Synonym von Wandel. Tatsächlich spürte ich einen Wandel in mir als das 15. Jubiläum bewusstwurde. Wohin und wie weiter? Was für Spuren sind bereits hinterlassen? Woher bekomme ich die schöpferische Kraft für den weiteren Weg in den gebundenen Alltag? Gleichzeitig geschehen und geschahen unglaubliche Kriege und leidvolle Entwicklungen in der Aussenwelt. Fallen. Alles fällt.

Das Leben ist ein Mysterium. Ein Mysterium, weil oft die Widersprüche und Gegensätze zwischen Ego und dem Selbst; zwischen aussen und ihnen sich versöhnen oder Auswegegefunden werden müssen. Schöpferisch mit all den Fragen umzugehen ist der Pfad. Aber woher kommt die schöpferische Kraft? Wie kann man das Fallen und das Reifen als eins sehen? Wo ist der Ort, wenn Licht und die Dunkelheit sich treffen? Besteht es nicht eine alte Feindschaft zwischen dem Leben und der grossen Arbeit? (Rilke Requiem 1908) 

Der Dichter Rilke hat uns viele Vorschläge gemacht. In zwei Gedichten «Herbst» hat er uns von der wandelnden Welt erzählt, uns gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Natur und das Universum das einzig Beständige bleiben. Die Beständigkeit ist das Unbeständige im Leben. Das zu erkennen verbindet uns wieder mit dem Unendlichen und wir werden wieder eins mit Allem. 

In einem anderen Gedicht «Lied» schrieb Rilke, «Auch, in den Armen hab ich sie alle verloren, du nur, du wirst immer wieder geboren: weil ich niemals dich anhielt, halte ich dich fest.» (aus den «Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge».) 
Liebe verbindet uns mit uns selbst, mit anderen Menschen und mit der Welt. Ohne festzuhalten, weil wir die Verbindung unendlich leben, und uns über das selbstbestimmte Leben des Geliebten freuen. Wenn die Liebe gleichzeitig süss schmeckt und Trennung herb adstringiert, dann schmeckt das Leben tatsächlich wie der Tee: süss, herb und facettenreich. Je tiefer wir unsere innere Verbindung zur Welt erforschen und uns auf die Liebe einlassen, desto vielschichtiger wird der innere Diamant geschliffen und scheinen. Bevor der Diamant fertig geschliffen ist, und bevor die Quelle von schöpferischer Kraft integriert wird, brauchen wir alle Unterstützung, wenn der Tag dunkler wird. Die Hilfe kann der Tee, kann die Poesie und die Musik sein. Das Süsse des Tees ist wie die feste Umarmung von Rilkes Sprache: ich halte Dich ganz fest, ohne Dich auf Deinen Weg anzuhalten! 

Und die alte Feindschaft zwischen den zu organisierenden Alltag und dem Werk des Lebens ist die treibende Kraft zur Bewusstseinsmutation!

Meng-Lin Chou, Herbst 2024