Für mich gehört Lishan meiner Erinnerung vom Geschmack des Apfels.
Als Taiwan noch ein subtropisches Entwicklungsland war, war Apfel ein Symbol des absoluten Luxus. Als Kinder bekam ich ein Stück dieses paradiesischen Frucht zum Genuss war außer Festtagen nicht denkbar. Äpfeln bekamen wir nur von reichen Verwandten und Geschäftsfreunde des Vaters geschenkt und wurden von Oma sorgfältig gelagert. Diese gelagerten Äpfel schmeckten mehlig und weich. Den Geschmack könnte ich mich noch sehr gut erinnern. Ein einfacher kindlicher Verstand kapierte damals nicht, wie so Adam und Eva wegen dem Geschmack des Apfels das Paradies freilich verlassen wollten.
Äpfel in damaligem Taiwan wurden meistens importiert – außer aus Lishan. Die ehemaligen Soldaten von Jiang Kaishek verwandelten dem von Formosa Jäger – das Volk Taiya 泰雅 bewohnten wilden nützlosen Bergen in einer furchtbaren Farm. Fushoushan Farm wurde landesweit berühmt und Jiang baute eine Villa in dieser Farm. Dort pflanzten sie Äpfeln und Birnen an. Die Qualität des Apfels konnte leider nicht mit den Importwaren konkurrieren, aber der Anbau mit Birne, die japanische Herkunft hat, erntete Erfolg. Lishan bekam einen neuen Name, der den ursprünglichen Name, den Ureinwohner Taiya einst gaben, endgültig ersetzt.
Seit 70er Jahren fing Familie Chen an, Tee auch in Lishan anzubauen. Durch wirtschaftliches Wachstum und zunehmenden Wohlstand bekommen immer mehr Taiwaneser auf den Geschmack des Hochlands. Man sucht nach der Exklusivität. Man glaubt, das Qi 气 – die Energie unser heiligen Bergen im Oolong erkennen zu können. Dieser Hochlandsqi – Gaoshanqi 高山气macht einen Oolong zum Hochlandoolong! Der Lishan-Oolong ist teuer? Das macht nichts. Die Neureichen brauchen gerade das neue Statussymbol, um sich von anderen abzuheben! Aber das Qi (?), das von den wilden zentralen Gebirgen in die reichen zivilisierten Städte weht, summt wohl eine Welle von Wehmut!
Blüte von Birnen in Lishan
Nun lebe ich in Deutschland. Man nennt hier Apfel als eine göttliche Frucht. Ein Kilo kostet in Aldi nicht Mal 1 Euro. Trotz dem preiswerten Charakter kann ich mit dieser Frucht nicht anfreunden. Der Apfel und sein Geschmack gehören in einer taiwanesischen Erinnerung immer noch etwas – was Außeralltägliches und Unerreichbares… und es sollte auch so bleiben.