Herbst in Berlin

Ich kann nie nein zu einem Glas Champagner sagen. Ich gestehe zu meiner Schwäche, zu allen problematischen Genüsse. Im Flugzeug war ich nur im Toilette, erbrochen und litt unter Durchfall. Mich schaute die Lufthansa Personal ganz mitgefühlsvoll an und brachte mir Kamillentee. War das Essen im Swiss Lounge so schlecht? Ja!

Mit diesem Gesicht kam ich in Berlin an und Kristine umarmte mich ganz fest! Es gab eine Fischsuppe, original nach Brandenburger Art! Ich fühlte plötzlich gestärkt, nur durch diese Fee vor mir und die Vorstellung von einer Fischsuppe!
Kristine warnte mir, dass sie einen Riesen daheim hat. Ich habe keine Angst vor deutschen Riesen, vielleicht hat er vor mir? Nein, er sei sehr gut eingeweiht mit Schlitzaugen, vor allem mit dem aus Taiwan!

Thomas war bereits mehrfach in Taiwan und befasste in seiner Diplomarbeit die Wirtschaft von den vier Tigerstaaten. Dieser Riesen war freundlich, süß und herzlich. Ein bisschen kindlich, ein bisschen streitsüchtig und ein bisschen sentimental. Ich liebe seine lebendigen farbfrohe Bilder, die ich jeden Tag an meine Tür anschaue. In den vier Tagen bei dem Teefee und dem Riesen wurde ich jeden Tag mit aussagekräftige und erzählerischen Bilder vorgeführt. Ich bewunderte und seufzte.

berlin

Neben dem Teefee und dem Riesen war noch der hübsche blonde Julian da, der sich für Tee und Fußball interessiert. Ich bin für ihn Tante Menglin. Um mich herum gab es noch eine richtig maskuline Kater und eine Mieze. Kristine behauptet, der Kater war total „verknallt“ auf mich. Ja, er verfolgte mich. Ins Bad, in mein Zimmer, oder jeder Richtung. Eigentlich nur weil ich ihm ungenügende Aufmerksamkeit schenkte.

Die beiden Katzen erinnerten mich an meiner Zeit am See. In der Dachwohnung am Bodensee hatte meine Vermieterin zwei Katzen. Ihre Herrin war meistens nicht da und ich war die Ersatzpflegerin für Streicheinheiten. Der Mogli, ein wahrer König mit einer würdigen Haltung und liebvollen Zuwendung. Er hat Charakter und respektiert klare Grenze. Er gab mir viel Trost und Wärme in der kalten Zeit. Das Ende der Geschichte war, dass er Flöhe bekam. Ich war das Opfer. Meine Wohnung musste vollständig geräuchert werden und meine Haut war kaputt. Ich war zu eitel und wollte diesen Schaden nicht noch einmal haben. Ihn sperrte ich vor meiner Tür. Ich war entschlossen und er war entschlossen. Er stand drei Tage und drei Nächte vor meiner Tür. Wahnsinn! Meine Tür war fest geschlossen und ab dem vierten Tag war er weg. Seitdem verschwendet er nie mehr einen Blick. Dieser Kater gab mir dem Laufpass. Wie könnte so etwas passieren? Ausgerechnet von einem Kater! Dann rief mein Nachbar mich an und wollte über den Kater Mogli reden. Er war verknallte auf diesen Kater, der nun einen neuen Schwarm fand. Er bat mich einmal Mogli zu besuchen, weil es ihm schlecht ging. Ich kam in dem schön eingerichteten Salon und sah den Mogli auf dem Louis-Philippe-Sessel zum letzten Mal. Sein Blick ließ mich verstehen, dass er nun ein anders Leben anfing und ich bei ihm nichts mehr zu suchen hatte. Anders als meine schwankende Natur, er ist tatsächlich fest entschieden. Seitdem verbrannte ich meine Finger und wollte keine Katze mehr lieben.

Kristines Kater war anders, aber nicht ohne Weisheit. Ich packte meine Sache heute aus und merkte, dass er seine Spuren überall an meine Kleider und Bücher hinterließ. Während ich die Dinge packte, versteckte er sich in einer Tragtasche. Er ließ mich wissen, auch wenn ich ihn im Moment ablehnte und ihn beiseite schob, werde ich noch einiger Zeit sich mit seinen Spuren beschäftigen. Ich werde ihn nicht so schnell vergessen bis ich ihn wieder begegne.

Vergessen werde ich auch nicht an dem schönen Abend nach dem Seminar. Mit der Familie sind wir zusammen richtig deutsch essen gegangen. Einfach und gut! Ich aß hungrig meine Brat-Kartoffel und Leberkäs, während Julian seine Sparribs knabberte. Natürlich zu einem Glas Bier! (Thomas lästerte über meinen Kölsch – es sei abgestandenen Waschwasser und typisch weiblich.)

Am nächsten Tag traf ich Stefan, den ich seit mehr als zwei Jahren nicht sah. Zu viele Dinge standen dazwischen, zu viele Zweifel hätte einfach verschwinden müssen. Die Zeit war einfach nicht reif und es war stets ein Stein im meinen Herzen. Er holte mich ab, sagte er. Wir kennen uns zu gut. Er weiß, dass ich Nord und Süd nicht auseinander halten kann, Hausnummer immer verwechsele und Straßenname immer falsch buchstabiere. Die einzige Aufgabe von mir sei, pünktlich zu sein. Auf den gold gefärbte Blätter wartete ich auf ihn an dem Straßerand. Die Zeit spielte keine Rolle. Die Ruhe strahlte auf diese Strasse. Plötzlich drehte ich mich um und sah ihn vor mir. Wie lange schon? Seine Augen waren voller Schalk. Dann übernahm er die Regie. Ich ließ mich gerne führen. Ich bin gerne ein Touri und liebe die Berliner Schick.

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