Archiv für den Monat August 2008

Trip t0 Asia, Teetrip to Asien

Liebe Meng-Lin

Heute durfte ich an der Première des Filmes von Thomas Gruber, „Trip 
to Asia“
im Arthouse „Le Paris“ teilnehmen.

Dieser Film über die Berliner Symphoniker und ihre Gastreise in sechs 
verschiedene
Städte in Asian, unter anderem auch Taipeh, berührte mich sehr.

Der Film erscheint ab dem 21. August in Zürich im regulären 
Filmprogramm.
Du musst ihn ansehen. Einen Vorgeschmack kriegst du auf der Homepage: 
www.triptoasia.de

Herzliche Grüsse

Joseph, vom Teeclub

Vielen Dank für den guten Tipp von Joseph. Ich hoffe, unsere Teefreunde in Zürich die Gelegenheit wahrnehmen kann, eine virtuelle Reise nach Asien im Sessel zu geniessen.

Lieber Joseph, der Filmtrailer ist spannend genug. Und der Ruf aus dem Publikum in Taipei ist wirklich sehr taiwanesisch – voller Power, Freude und Spontanität! Eine Spur von Heimweh besuchte mich heimlich… 

Menglin

ps. Im Frühjahr Jahr 2009 wird Teeclub ein Tee-Trip to Asia organisieren. Wer sich tatsächlich für Hardcore-Trip interessiert, könnte sich beim Teeclub Schweiz anfragen. Muskel, Geduld und Geld muss man mitbringen. Man plfückt tatsächlich Teeblätter unter der heissem Sonne Taiwans, rollt Tee aus, hütet ihn und lernt ihn durch seinen Duft und Veränderung in der Fermabtation kennen. Ich bin der Übersetzer, Organisator und „Zuschauer“, wie andere arbeitet…

Musashi Abumi – der Brief aus Musashi

Oli war der erste, der mich zum Geburtstag gratulierte, sogar bevor der Tag richtig eintraf. In der Mailbox sagte er, damit der Tag zwischen den Terminen nicht unterging, rief er lieber mich sofort an. Eine Woche später kam ich erst dazu, ihn anzurufen, um zu fragen, ob er eine Lücke zwischen den Gerichtsterminen fand. Ich wollte am Wasser sein. Abgeholt wurde ich am Fischmarkt. Ohne viel zu sagen fuhr er mich direkt an den Rhein. Die Zeit verging, seit einem Jahr meldete ich mich nicht bei ihm. Wenn ich an ihn denke, fällt mir immer die Gedichte zwischen Rikyu und Oribe. Damals war Oribe in Schlachtfeld Musashi.

„Krieg in Musashi – Oribe 古田重然 (1544-1615)
Musashi abumi
Sasuga ni michino
Takene ba
Towanu mo yukashi
Tou mo ureshishi.
Der Weg von Dir zu Musashi ist wirklich weit.
Wenn Du nicht schreibt,
Ich denke an Dich,
Wenn Du es tust, Ich bin überglücklich.

Go Onshin
Todae Todaezu
Musashi Abumi
Sasuga ni toki
Michi zo to omeba.
Ich bin sehr glücklich, von Dir zu hören.
Auf diesen Brief habe ich schon lange gewartet.
Der Weg nach Musashi, ist wirklich ein weiter Weg. – Rikyu.“

Oribe war einer von den sieben bekanntesten Teeschüler Rikyus. Sein Name ist bekannt nicht nur wegen seinem Ruhm als Teemeister, sondern als eine Bezeichnung des bekannten Oribe-Keramik-Stils. Anders als Rikyu liebt Oribe den asymmetrische Form der Teeschale und eingereicht mit glänzenden leuchtenden grünen Glasur. Diese freie gestalterische Darstellung z. B. einen kurvigen Bergweg am Rande einer Teeschale hinterzulassen bezeichnet sein ästhetisches Verständnis. Als Freiheit liebender Mensch wurde er nicht zufällig ein Teemensch. Freiheit kostet. Oft kostet die Freiheit nicht nur Schmerzen oder Geld, manchmal auch das Leben. Rikyu starb als ein unbeirrter Teemensch, der sich nicht scheut vor seinem Herrn zu stehen und seine Meinung einfach vertrat. Er starb nicht aufgrund seines Freiheitsliebe oder seinem unabhängigen Geist, sondern wegen der Demonstration der Macht Hideyoshis. Nach Rikyus Tod wurde Oribe der Teemeister in seiner Zeit. Jahren später starb Oribe wegen demselben Grund unter der neuen Herrschaft, die seine Macht zur Schau stellte.
Der Stil von Oribe ist nicht zu verkennen. Sein freier Geist ist in seiner Ästhetik nicht zu verstecken. Die Freiheit in einer Freundschaft, die zwei Menschen verbindet, jedoch frei sein lässt, ist in diesem Briefwechsel ebenfall nicht zu übersehen.
Am Rhein schauten wir einfach das Wasser an. Es gäbe eigentlich viel zu erzählen. Es regnete ganz heftig in Konstanz. Das Wasser tropfte heftig ins Wasser. Irgendwann rief seine Freundin zum dritten Mal an. Ich stand auf. „Was hast Du noch vor?“ „Dich nach Hause schicken.“ Eigentlich musste ich mich beraten lassen, ob ich das Angebot tatsächlich wahrnehmen sollte, ein Laden zu übernehmen, den ich schon lange liebäugle. Vielleicht nächste Woche, sagte ich. Mich fuhr er nach Weinfelden, wo ich einen direkten Anschluss hatte.
„Hoffentlich bis bald.“ „Rufe an, wenn Du wieder ans Wasser gehen willst.“ Er gab mir Abschiedskuss, „wenn Du nicht anrufst, weiß ich, dass es Dir gut geht.“ Ich spürte das Wasser in meinem Gesicht. Es schmeckte salzig. Das Wasser im Rhein war matt, matt grün. Anders als die Glasur von Oribe, grünlich schimmernd und verlangend, verlangen nach Raum, nach Bewunderung – wie der Mensch Oribe.

Oribe Teeschale
 
Viele Kunstkritiker bezeichnen seinen Stil als natürlich und unbefangen. Für mich verbirgt hinter der vermeintlichen Freiheit einem ungestillten Hunger nach Leben, nach Vollendung und nach Wahrheit. Oribe starb unter dem Befehl von Shongun. All sein männliches Nachkommen starben unter dem gleichen Befehl an dem gleichen Tag, Oribes wegen.
In dem Film Prinzesin Goh fing der Kult- Regisseur Teshigahara (der Regisseur von „Der Tod des Teemeisters“. Er ist selber ein Tee- und Ikebana-Meister.) mit der Szene an, Oribe fragte verlangend dem Hideyoshi, weshalb er dem Tod Rikyus verlangte. Hideyoshi verneinte all die Vermutungen Oribes, aber gab keinen Preis über seinen Grund. Oribe gab es nicht nach und brachte Hideyoshi zum Schweigen. Im tiefen Schweigen des Herrschers erkannte Oribe, dass der Tod keinen tatsächlichen Grund brauchte, die Freiheit in tatsächlichen Leben keinen tatsächlichen Grund besass. Es unterliegt alles unter der Willkür eines Herrschers. Nur im Tee und in seiner künstlerischen Wirklichkeit lebt er in seiner Freiheit, die keinen Grund bräuchte.

Herr Staufenbiel hat eine ausführliche und informative Seite über Oribe Keramik geschrieben. Eine Einladung aufs Land Oribes Hier.

Teeschüler, sein Weg und sein Gesicht

Gestern war ein komischer Tag. Irgendwie ist man unter dieser Hitze streitsüchtig. Von C. bekam ich ein Mail, indem er mich mitteilte, dass er sich von unserem Lehrer in Taipei trennt. Schwach konnte ich mich erinnern, dass unser Lehrer sich über ihn beschwerte. C ist ein eigenwilliger Mensch, der gerne Geheimnisse für sich behält, gerne untertaucht, gerne diskutiert. Manchmal meldet er sich Wochenlang nicht, manchmal verschwindet einfach bei einem Meeting, manchmal wechselt einfach seine Handynummer. Er will nicht gefasst werden. Er sagte mir, dass ein Mann sein, bedeutet, frei und abenteuerlustig, wie der Hemingway. Wir kommen miteinander ausgesprochen aus, denn wir sind ähnlich. Er sagte mir, dass er so eine Frau wie mich nicht kennt. Klar, ich bin ja zum Glück nur mit ihm befreundet. Anscheinend hat unser Lehrer allen anderen mitgeteilt, dass er die Handynummer Cs gelöscht hat und seine Teetasse weggeschmissen hat. Den Grund könnte ich mir sehr wohl vorstellen, dass C sich wieder unsichtbar und unverbindlich machte und mein Lehrer seine Geduld verlor und ihm seine letzte Lektion erteilte.

Eigentlich war ich nicht in der Stimmung mich um Gelegenheit des anderen zu kümmern. Aber die zwei Stunde einfach am Rhein zu sitzen, tat mir sehr gut. Ich rief ihn an und dachte, dass der Kosmos sich entscheidet, ob C zu retten ist, oder nicht. Er nahm das Telefon ab, was für eine Überraschung! Ich fragte ihn, weshalb er für seinen Stolz einen teueren Preis bezahlen will. Er verstand nicht. Was könnte denn für ihn wichtig sein: sein Leben, das durch Tee bereichert werden kann; sein Stolz, das immer sein Problem ist; oder seine Gewohnheit, sich selber als Zentrum der Welt zu betrachten? Er fühlte sich außerordentlich provoziert und sagte mir, ob ich Spion von unserem Lehrer sei. Mich bewegt seine Provokation nicht. Ich tat es für mich, weil ich ihn gerne habe. Er sagte, dass er viele Literatur hat und davon ganze Menge lernen kann und außerdem gibt es überall Teelehrer. Ich fragte ihn einfach, ob er sicher ist, wieder so einen Lehrer begegnen zu können – das muss er selbst wissen. Mich interessiere sein Leben nicht, ich bin froh, ihn aus der Konkurrenz als Teekenner zu haben. Er hing das Telefon ab.
Zwei Stunde später rief er an. Ich war cool und distanziert. „Was nun?“ fragte er „Ich gehe sicher nicht zu ihm zu knien.“ „ Ein guter Lehrer erwartet es von niemandem. Gebe einfach Deine Handynummer noch einmal. Bringe Deine neue Teetasse wieder in den Regal zurück.“ „Was mache ich vor anderen Leuten, die alles davon wissen?“ „Gar nichts. Du hast alles vergessen.“ „Was denken denn andere über mich?“ „Ein ganz toller Typ, der sich selbst bezwingt!“ „Woher weiß Du denn über solche Tricks?“ „Ich bin ja eine Frau, die ihr Gesicht verlieren kann.“ Er lachte. „Aber“, ich warnte ihm, „Du kannst nicht mehr derselbe sein, der nach dem selben Muster handelt, wenn Du wieder hingehst.“ Ich hörte nur Schweigen. „Also ich weiß.“
Ob er das macht, geht mir nicht mehr an. Schlussendlich ist es sein Karma, sein Glück, wie er sein Leben führt. Auch ich muss ähnliche Schläge schlucken. Vielleicht sind diese Dinge sehr kulturell geprägt. Im Westen bezahlt man Studiengebühr und die Sache ist damit geregelt. In unserer Gesellschaft regelt das Geld nicht die Entwicklung eines Schülers, sondern die Will oder die Liebe des Lehrers, ob er mit seinem Schüler damit auseinandersetzen will. Manchmal dient ein Bruch als eine Hilfe, damit der Schüler von sich aus bereit ist, sein Leben zu verändern. Ohne Schmerzen, passiert gar nichts.  Aber es könnte sehr delikat sein. Jedenfalls musste ich auch schlucken, als Meister Sun verweigert, mich Kalligraphie zu unterrichten. Aber ich kenne eine ganze Menge Schwäche von ihm. Ich bin zudem noch eine Frau, die in der chinesischen Kultur als hinterlistig und dumm gilt. Das ist gut so. Ich brachte ihm dem „besten“ Alderholz und den „besten“ Sandelholz. Er hat gerne heitere Frauen, die ihm zuhören. Also, es ist nicht schwer, Meister Sun zu bewegen. Er hat Freude und ich habe einen guten Lehrer.

Es ist mir sehr wichtig, bei einem guten Lehrer zu sein. Wer tapert denn gerne in der Dunkelheit? Und die Verletzung des Eogs, das Stolz und das Gesicht? Chinese sagen es gut: „Damit kann ich doch nicht essen!“

Die süße japanische TV-Werbung, die ich schon Mal postete, stammte von C. Ein vielseitiger, interessanter Teefreund, ihm wünsche ich das Beste für seinen Weg!

Zwischen Inszenierung und Realität – Der elitäre Tee II

Wer zwingt den Löwen

Wer zwingt den Riesen

Wer überwindet jenen und diesen?

Das tut der, der sich selber bezwingt.               Walter von der Vögelweide

Abgemacht war eigentlich seine Mitarbeiter über die Eröffnung von Sencha-Saison zu informieren und zu schulen. Als er mich traf, hörte er nicht auf, von seinen Pilzen zu erzählen. Er erzählte mir von der schönen Kindheitserinnerung mit seinem Großvater beim Pilzsammeln. In jenen feuchten Kieferwälder, versteckten in jenen Kieferhaufen, die rauen Händen seines Opas befreiten sorgfältig die Pilze aus dem Nadelhaufen und schnitten sie aus dem Wurzel vollständig ohne sie zu zerreisen. Als Junge war er fasziniert von dem Kieferduft, das feuchte Anfassen der lebendigen Sprossen aus der Erde und der unvergesslichen Geschmack seiner Omas Küche. Diese wertvollen wunderbaren Pilze möchte er gerne in die Schweiz importieren. Vorausgesetzt überwindet er bestimmte Hindernisse. Was für Hindernisse? „Naturkatastrophe oder Klimaerwärmung?“ fragte ich. Er lachte, „Weiß Du, in Lateinamerika, sind die Probleme immer von Menschen, nie von der Natur.“ Er erzählte weiter von der depressiven Lebenseinstellung seiner Landleute, die Hoffnungslosigkeit und Misstrauen zwischen Menschen und die Korruption der Regierung. Die Mittellosen wären die idealen Pilzsammler, der durch diese Aktion sein Lebensunterhalt erheblich verbessern könnte und damit einen neuen Anfang wagen könnte. Aber diese Leute glauben nicht an ihm, dass er für ihre Sammlung mehr Geld bezahlen würde und für eine langfristige stabile Beziehung interessiert ist. „Weiß Du, niemand würde Dir Vertrauen schenken, dass Du ernst mit ihnen meinst. Denn sie haben zu viele Enttäuschungen im Leben bereits erlebt und bekommen die Einstellung zum Leben , sich damit abfinden zu müssen – von Hand zu Mund leben zu müssen. Ich muss ihnen mehr Geld anbieten!“ „Das Problem liegt nicht an die Anreiz des Geldes, sondern an die Motivation zum leben.“ „Ach, warum erzähle ich Dir denn so etwas.“ „Menschen zu motivieren, andere Perspektive des Lebens anzubieten und gleichzeitig etwas Schönes zu anderen Menschen zu bringen und zu verbinden, ist doch ein wunderbares Projekt!“ Ich versuchte ihn zu ermutigen. Er lächelte, aber „ich versuchte seit drei Jahren und es klappte immer noch nicht. Es ist deprimierend“ „Gute Dinge braucht Zeit. Die Einstellung der Menschen zu verändern braucht auch Zeit. Aber ein gutes Projekt scheitert nie.“ Ich bin davon überzeugt, „Wenn wir selbst nicht aufgeben, warum sollte es denn nicht klappen? Also das Kosmos wird Dir helfen.“ Ich glaube an Menschen, die Vision haben. Ich glaube an die Kraft, die freigesetzt wird, wenn Menschen ihre Herzensentscheidung treffen. „Du bist nicht allein.“ Er seufzte über die wunderbaren Pilzen, die er so gerne importieren würde, egal wie schwer es ist, weil er es gerne tut und seine Landesleute drüben könnten ihr Leben erheblich verbessern. „Weiß Du, solche Pilze sind wunderbare Geschenke der Erde! So frisch, so rein und so köstlich!“

Dann tauschten wir uns über die Neuigkeit aus. Er fragte mich nach meinem nächsten Plan. Eigentlich war ich bereit mit dem Wind woanders zu gehen und einen neuen Anfang zu wagen. Sein Gesicht war voller Schock, den er nicht verstecken konnte. Ich beruhigte ihn, dass es wohl so aussieht, das Kosmos nun gegen mein Wille entscheidet und ich hier für eine lange Weile bleiben werde. Mir geht es zu gut, um mich mit einem Laden zu binden. Zu faul und zu arrogant arbeite ich. Ich werbe nicht und schreibe meinen Klienten auch kaum an. Ich denke, dass jeder Klient einen freien Willen hat. Wenn ein Klient sich aus dem freien Wille für meine Wahl entscheidet, ohne Manipulation und emotionalen „Erpressung“ durch Werbetexte, entsteht eine langsame aber vertrauensvolle Beziehung, die auch über Jahren dauern könnte. Darum bin ich nicht interessiert für Network oder Visitenkarte. Außerdem erzählte ich ihm, als Lieferant von seinem Geschäft zu sein, besitzen bereits die beste Visitenkarte.

Dann sprechen wir weiter über die Schokolade, die frisch auf dem Markt gebracht werden. Die wilden Kakaobohnen aus Bolivien haben die ähnliche Geschichte wie seine Pilze. Dank dem deutschen Narr Volker Lehmann, der das Projekt wilden Kakaobohnen nicht aufgibt – trotz räuberischer Bedrohung, trotz Machtspiel von Mainstream Konzernen, trotz Schwierigkeiten der klimatischen und geographischen Beschaffenheit, kamen diese wertvollen Bohnen endlich in die Schweiz. Diese kleine außer dem Norm gefallenen Bohne fand zuerst keinen Produzent, denn die herkömmlichen Maschine sie nicht verarbeiten können. Nur die verrückten Firmen wie Felchlin und R. v. R. wagten den Schritt, solche Bohne mit alter Maschine zu verarbeiten, ohne Rücksicht auf Effizienz, Zeit und Gewinn zu nehmen. Ohne Soja Letizin und Emulator werden die Kakao verarbeitet – nur durch mechanische conchierweise. Reinhard erzählte mir, wie sehr er berührt war, als er die Ernte in jenen Urwald Boliviens mitmachte und zusah, wie Bauer mit Mühe und Sorgfalt die Bohne sammelten und verarbeiteten. „Heute, wenn man mir sagte, dass er für eine bestimmte Produktion keine Zeit hat, weiß ich, dass er sich keine Mühe machen will!“ Eigentlich muss er die Schokolade teuerer verkaufen, wenn er an die Bauer dort denkt. Aber wie könnte man denn überhaupt ein Geschenk einen Wert nennen! Diese Wildkakao sei ein Geschenk der Erde! Die Mühe, die Bauer dort machen, ist ein Geschenk! Er reicht es gerne weiter, weil er es als Geschenk erkannt.

Vielleicht ist seine Arbeit, dieses Geschenk hier weiter zu reichen, selbst ein Geschenk? (ohne zu lügen, finde ich die Schokolade von R.V.R. die besten in der Schweiz – obwohl ich kein Schoki-Fan bin)

„All das ist ähnlich beim Tee, nicht wahr?“ Ich nickte meinen Kopf. „Aber Du kannst besser mit Deinen Bauern in Asien kommunizieren.“ Vielleicht. Wir finden nicht zufällig zueinander, nicht wahr? Menschen, die in einander als Geschenk erkennen, teilen und reichen das Geschenk gerne weiter. In unserer Welt werden zu viele inszeniert, zu wenig in der Realität gelebt. Viele Dinge behalten wir für unsere Träume anstatt sie in der Realität zu leben. Es tut tatsächlich weh davon zu sprechen.

„Genießer sein in unserer Zeit heißt zuallererst unterscheiden lernen zwischen Inszenierung und Realität.“ schrieb Firma Felchlin in seinem Kakao Broschüre. Zwischen Inszenierung und Realität zu unterscheiden kann man vielleicht nur, wenn man es will. Dinge als Geschenk zu erkennen und es so zu leben, kann man, wenn man sich für diese Unterscheidung entscheidet. Wer heute würde denn freiwillig Gedanke über Inszenierung und Realität machen, denn es ist viel zu unbequem – denken wir einfach über das Kult von Model und Superstar-Andrang in unserer Zeit. Darum und leider, gibt es tatsächlich den elitären Tee.

Melancholie und der Menschengeist

Normalerweise erfahre ich von meinem Lehrer Michel selten ein Lob. Meistens nur tadeln. Mit Tadeln möchte er seinen Schüler von Abhängigkeit von bedingter Liebe befreien. Eine freie Herzensentscheidung für etwas zu unternehmen und einzusetzen bringt uns mehr Freiheit, als eine Erwartung von Lob und Erfüllung von Pflichten. Einfach etwas tun, ohne Lob und Zuwendung des anderen zu erwarten, befreit uns von Fesseln der Abhängigkeit. Auch Tadeln bewegt uns kaum, wenn unser Tun aus freier Herzensentscheidung getan wird. Es ist seine Lehre, die sicher oft anders verstanden wird – als Schikane. Es war aber etwas Seltsames geschehen, dass er mir sagte, „Menglin, Du bist so kostbar.“ Ich dachte, dass etwas nicht stimmt mit ihm. Beim Abschied sagte er es noch einmal zu Ph. Das brachte uns drei zu lachen. Und all das hängt mit dem Grüntee zusammen.

Er trank wieder den Grüntee. Nachdem er von seinem Krebs erfuhr, trank er keinen Grüntee mehr. Plötzlich fing er wieder an den Grüntee zu trinken, weil er seinen Geist klar halten möchte, in seiner begrenzten Zeit am Leben. Er habe viel Plan, viel zu vollenden und viel zu erledigen. Ständig unter starken Medikamenten konnte er seinen Alltag nicht mehr geistig richtig ausschöpfen. Er kam auf die Idee von Grüntee. Ich sollte für ihn eine Schale Matsch zubereiten. Sein Gesicht wurde weich und Augen lieblich. Glücklich strahlte er und sagte mir, dass seine Krankheit ist das Los seines Lebens. Durch seine Krankheit erfährt die Welt im einen anderen Licht und Menschen mit anderen Augen zu sehen. Noch subtiler. Er fragte mich plötzlich, „Wie geht´s?“ Ich schwieg und meine Augen schauten ihn an. Er sagte mir, dass er seine Frage nicht einfach so stellte. Ich nickte meinen Kopf. Aus dem Zimmer holte er mir einen Zettel und las mir das Gedicht vor

„Kimi Mizuya segan no iro 君看双眼色

Katarazareba ureninaki ni nitari. 不语亦无忧”

Meister Dogen

Ein Gedicht von Zen-Meister Dogen:

„Ich schaue tief in Deinen Augen, sehe aber nicht, was dahinter tief verbirgt,

Deine Augen schweigen und scheinen sorglos zu sein – jedoch spüre ich eine Spur der Melancholie.“

Er fragte mich, „Verstehst Du?“ „Was ist mit den Augen und Melancholie?“

„Die Melancholie ist der Menschengeist, liebe Menglin.“ Die Melancholie ist der Menschengeist, der einen Menschen ausmacht! „Hast Du jemals gefragt, warum der Frühling immer kommt?“ Der Frühling kommt jährig, ohne Kalkül, ohne „Geist“, weil es Naturgesetz ist. Aber der Menschengeist, der ständig kalkuliert, ständig abwägt, ständig rechnet und verlangt, der ist nicht perfekt.

„Der Kosmos hat keine Melancholie. Der Zustand des Kosmos ist geistlos, herzlos, während der Zustand unserer Seele melancholisch ist. Unsere Seele, unser Geist ist nicht perfekt. Was Menschlichkeit ausmacht ist das Unperfekte.“ Er zeigte die Raku-Schale, die er gerade in der Hand hielt. „Schaue genau hin, ist diese Schale perfekt?“ Ich schüttelte meinen Kopf und wusste was er meinte. Das Makel, was der Künstler durch die Zange beim Herausnehmen der Schale hinterließ, sollte jeden Teemenschen an das Unperfekte der Menschheit erinnern. Denn eine Schönheit ausmacht, ist nicht das Perfekte, sondern eine Makel. Ein Makel, die uns stets an das reale Leben erinnert und unsere unperfekte Seele tröstet, anstatt an einem Traum…

Er wollte seine Wohnung umgestalten, er meinte, dass das Leben ist zu kurz zu warten. Einen anderen Geist möchte er in diesem Raum bringen. Einen anderen Geist? Eine andere geistige Einstellung, ein bisschen mehr Leichtigkeit. Den Raum umzugestalten, um eine andere Einstellung zum Leben zu gewinnen. Den Raum zu verändern fängt in dem Moment an, die jetzige geistige Einstellung zu verändern. Er zeigte mir die Kalligraphie von Meister Ryokan und fragte mich, ob sie mir gefiel. Ich schüttelte meinen Kopf, auch wenn es ihm staunte. Meine Aufrichtigkeit ist das, was ich ihm erwidern kann. Die Schrift Ryokans von dem Gedicht Meister Dogens tanzt im Papier, der Tanz kann die Melancholie nicht verbergen. Michel genoss die Melancholie, die ihm scheinbar eine andere Lebensquelle spendiert und das Vertrauen in all Geschehen seines Lebens schenkt. Das Unperfekte der Menschheit widerspiegelt in seiner Krankheit, die ihm wohl wiederum zu wahren Menschenkörper verwirklicht.

Teeschulung Bern

Teeschulung Bern

Als ich den Auftrag erhielt, war ich richtig erstaunt, einem Cafehaus Teeschulung zu geben. Ich sollte das Team zum Teebegeisterten verwandeln und dadurch ihre Gäste eine genußvolle Teestunde zu ermöglichen. Dankend nahm ich den Auftrag an und trat mit Freude in die Reise.
In einem wunderschönen Weinkeller neben vielen kostbaren Weinfalschen und Fässen fand diese Schulung statt. Das Team war begeistert und die Schulung dauerte länger als vereinbart. Der warme Tee wärmte die kühlen Herzen in dem klimatisierten Raum und die Teedüfte verbereiten in jedem Ecke zwischen den Weinflaschen. Was für eine wunderbare Kombination!
Anfangs September sollte ich mich auf den Weg nach München machen, ein Chocolatier-Team zum Teebegeisterten zu verwandeln. Was verbindet denn eigentlich Tee, Kaffee, Wein und Schokolade? Die menschlichen Sehnsüchte nach Horizontserweiterung durch Sinne und Erkenntnisse treiben uns zum Erforschen des Unbekannten. Tee, Kaffee, Wein und Schokolade dienen als Brücke zwischen uns und unseren verborgenen Sehnsüchte nach Aufbruch und Entwicklung, als Brücke zwischen uns und der weiten Welt, als Brücke zwischen uns und vielleicht dem wahren ich. Also ich freue mich auf diesen Aufbruch mit vielen anderen Menschen!

Nicht zu vergessen! Ich möchte mich hier richtig bei Carola und Jörg bedanken. Ohne Ihre Unterstützung wäre ich hilflos gewesen. Ihre Großzügigkeit, mich nach Bern zu fahren und bei dem Ablauf zu helfen kann ich eigentlich hier nicht wirklich würdigen. Das ist ein göttliche Geschenk! (Eigentlich verstehen sich die Löwen am besten! Meine Löweschwester Antje und Carola sind die besten Geschenke!) Der Gebende bekommt bestimmt das Geschenk zurück – davon bin ich überzeugt. Ich nahm das Geschenk von den beiden herzlich an und gebe es gerne weiter…

Insel Werd

„Vor dem Wendepunkt deines Lebens wirst Du einem Labyrinth begegnen.“ Sagte G. ein Tag vor meinem Geburtstag und fuhr mich auf die Insel Werd. Insel Wird im Bodensee, noch nie gehört. Es war das geheime Geschenk für mich und sollte mir viel Licht schenken.

Insel werd

Insel Wird zwischen Eschenz und Stein am Rhein, zwischen Bodensee und dem Rhein, ist das wahre Refugium von Franziskaner Mönch. Kirche und Geistige finden vor dem gemeinen Volk ein stück des irdischen Refugium im abgeschiedenen Ort, während die meisten Menschen sich in Ruhm und Macht stürzten und ihr städtische Pracht zur Schau zu stellen. Wie wäre es ohne Einkaufstrasse für eine schicke Dame und ein vornehmes prominentes Paar?

Besucher waren ruhig, die Ente am Badeplatz waren ruhig und der Streit um Schattenplatz blieb aus. Ein spezieller Ort, der Menschen einfach beruhigt. Ein Labyrinth aus Rasen und Kies wartete auf mich. „Nimm Dir Zeit!“ Sollte ich mich wagen ins Labyrinth zu gehen, oder nicht? Komme ich überhaupt raus? Ich höre andere Besucher klatschten, „Man muss auf den gleichen Weg wieder rauskommen. Nicht die Rasen überspringen!“ Das heißt klar Text: „Halte an dem Regel!“ Ich halt nie gerne an den Regel, damit man ein Machtspiel manipulieren kann. Ich halte die Regel, die Klarheit schafft, nicht die Konvention. Als ein neugieriger Mensch würde ich dieses Labyrinth sicher nicht verpassen. Unbeschwert und richtig naive fühlte ich mich wie ein Kind und schritt ins Labyrinth. Meine Schritte waren leicht und schnell. Nur das Geräusch der Kies hörte ich. Zweifellos glaubte ich an meine Ankunft und Ausgang. Zweifellos wurde ich immer ruhiger. Plötzlich hörte ich das Plauschen des Wassers im Zentrum des Labyrinths – das Symbol der Ankunft. Leise, präzise und kontinuierlich. Das Wasser sprudelte und sprudelte. Das Wasser platschen im Wasser war die Orientierung für Menschen mitten im Labyrinth. Der Pfade fuhr mich zu jeder Richtung, zu jedem Knick und zu jedem Ecke. Mal schattig, Mal mit Weitblick und manchmal nur mühselig. Nach 15 Minuten war ich wieder draußen. „Das geht aber schnell.“ „Ja, ich möchte wieder hier her kommen. Nächtest Mal möchte ich einfach direkt zur Quelle gehen, ohne den Umweg.“ „Ohne die Regal einzuhalten.“ „Dann weiß ich, wie es geht, wenn man einen Quantensprung macht, ohne das Lebenslabyrinth irreführen zu lassen.“

Unweit von meiner Wohnung liegt die Haltestelle Werd. Werdstrasse und Werdgässchen waren alltägliche Begegnung im meinen Alltag. Trotzdem war das Wort Werd unbedeutend. Werd, auf altdeutsch, die Bezeichnung für Insel. Was sollte denn die Begegnung mit der Insel Werd (Insel) und dem Labyrinth zu bedeuten?

Als ich zu Hause ankam, entschied ich mich das Leben aufzuräumen, das Labyrinth um mich  zu betrachten. Wie komme ich ohne Labyrinth aus, einen Quantensprung zur Essenz des Lebens zu kommen? Damit meine Herzenswünsche klarer zu Wort kommen, ohne im Labyrinth verschwinden zu müssen?

Dinge, die mich plagen, mache ich ein Kreuz. Dinge, die nicht einfach loslassen werden können, frage ich mich warum. Dinge, die sich nicht weiter entwickeln und in Sackgasse stecken, gebe ich eine Frist und lass das Universum entscheiden, oder streiche ich einfach weg. Tees, die mir nicht schmecken und in meinem Schrank irreführend stehen, kippe ich einfach weg. Ein Refugium, eine Insel gestalte ich mir, klar und frei. Frei für einen Neuanfang. Eine Geburtstagsentscheidung.