Archiv für den Monat April 2008

7. 4. 2008 in Mingjian II

 

FormenTee erhitzen, um Blatter weich zu machen. Dann koennen weiche Blatter geformt werden.

7.15 am 7.4.2008

Ich wurde geweckt. Eigentlich war ich frueher wach. Die Voegel waren so laut. Aber sie verstand, dass ich ein Fremde war und besuchte mich nicht.

Als ich unten vor dem Hof war, fragte mein Lehrer mich sofort, bevor er mich gruesste: „was riechst Du?“ Ich fuehlte mich ueberfahren! Was sollte ich denn riechen. Ich hatte Hunger und war nicht wach. Also was sollte ich denn riechen? „Honig?“ Er freute sich, „was noch?“ „Ich weiss nicht!“ „Pfirsich!“ Ach! Der Phoenix! „Ist er schon fertig? Warum habt ihr mich nicht geweckt?“ „Das riecht man doch, wenn man aufmerksam ist!“

Der alter Chen pflueckte gestern den allein stehenden Phoenix Baum und erhitzte ihn heute morgen um 6 Uhr in seinem Wok in der Kueche. Dann rollte er mit seinem Fuessen die erhitzten Teeblaetter, wie seine Vorfahren. All das habe ich verpasst! „Du haettest mich wecken sollen!“ ich war sauer. Die zwei alten Maenner fanden es lustig.

PhoenixDer alte Chen pruefte seinen Phoenix, wie weit das Welken schon fortgeschriten war. 6.4.2008 16.50

Der Phoenix lag bereits im Ofen. Wir fuhren weiter zu Aming.

8.00

Aming schlief, waehrend seine Frau arbeitete. Ein junger Mann war dabei, ihr zu helfen. Ein Formenmeister. Mein Lehrer liess unseren Tee nicht formen. Er vertritt der Meinung, dass das Formen eine Kosmetik beim Tee ist. Nutzlos. Ausserdem teuer.

Formen 3 

Formen 2

Die heissen Teeblaetter werden in einem Sack gefuellt und dann stabilisiert. Anschliessend in der Maschine gedreht. So, koennte der Tee eine Kugelform bekommen. Dieser Vorgang wird wiederholt bis die Form stabil bleibt. 6 Stunde beansprucht es. Danach wird der fertig geformte Tee getrocknet und an Teelaeden verschickt. Heute wird der Tee einfach weiter verpackt und verkauft. Mein Lehrer verarbeitet nach der Tradition weiter mit Roestung.

Jianzhi

Wenn alles fertig wurde, bevor der Tee verpackt und verschickt wurde, wurde Jianzhi – das Trennen von Stange und Blatt getaetigt. Furher machten die Haende und Augen der Frauen, die sich treffen und quatschen. Heute benoetigt man nur eine junge Frau, die schweigend ihre Arbeit macht, wenn der Computer uebersieht. Das ist Fortschritt.

14.00

Der Phoenix von dem alten Chen wurde fertig getrocknet. Wir packten ihn fuer die Rueckkehr mit. Der erste Aufguss dieses Tees tranken wir im Auto! Obwohl er noch nciht geroestet ist, schmeckte er bereits hervorragend! 

16.50

Ich kam endlich nach Hause.

16.00 am 8. 4. 2008

Die Leute packten fuer mich die neusten Ernte von Biluochun. Ich half sofort mit. „Du bist da! Ich schimpfe gerade ueber Dich.“ „Warum denn?“ „Sie hatte keine Kraft und konnte nichts Anstaendiges machen.“ sagte mein Lehrer zu anderen. „Im Europa muss Du zum Fitness-Zentrum gehen. Im November schicke ich Dich eine Woche nach Lishan. Dann muss Du richtig arbeiten.“ „Aber“ ich meinte es wirklich ernst, „was machst Du dann mit dem Tee, den ich mache? Diesen Tee kann man doch nicht trinken!“

7. 4. 2008 in Mingjian I

23.30 am 6.4.2008

Ich schlief im Xiangxiangs Zimmer. Er war bereits mit seinen Eltern nach Taichung gefahren. Es gab sehr viele Geraeusch in dieser Nacht, die ich laengst vergass und nun alles sehr praesent wurden. Auch ich war ein Kind unter den Pamelo-Baeumen und spielten mit der Erde und Frosch. Die Erinnerung wurde hell: das verfluchte Grundstueck meiner Grossmutter, mein verstorbener Onkel und seine Mangos und meine Mutter, die ihren Vater nie erlebte und allein in Taipei unter den Fremden lebt. Irgendwann schlief ich ein.

Fermentierte BlattgutFermentierte Blattgut. Wenn die Fermentation genuegend war, sollten die blaetter nun nach Honig und Fruechte duften.

00.00 am 7.4.2008

Ich wurde geweckt und sprang aus dem Bett. Die Nacht war leicht kuehl, sehr angenehm. „Bist Du muede?“ fragte ich. “ Nein, wenn ich weiss, dass der Tee gemacht wird, bin ich immer fit.“ antwortete mein Lehrer. Er fuhr zu Aming, unser Teemaker. Er schlief wohl noch, das Licht war noch aus. Dann fuhren wir weiter zu anderen. Die Teemaker in Mingjian schliefen in naechsten Tagen nicht mehr. Wir gingen zu einer Powerfrau, meinte er. Diese Powerfrau ist juenger als ich, kraeftiger und flink! In dieser Nacht musste sie 800 Kg Tee erhitzen und verdiente dabei 150 Sfr. Und in naechsten paar Wochen wird sie wohl nachts nicht zum schlafen kommen.

Erhitzen

00.30 Erhitzen (Shaqing)

In einer heissen Dampf-Maschine werden die gewelkten fermentierten Teeblaetter erhitzt, um den Fermentationsprozess zu stoppen.

Aehnlich wie bei Kaffeebohne in der Kaeffeeroesterei werden die Teeblaetter unterschiedlich erhitzt – bei der Industrieproduktion, wie die Powerfrau machte, war die Temperatur ueber 200 Grad und nur 10-15 Minuten. Viel zu heiss und zu kurz, meinte mein Lehrer. Bei Aming, ist es nur ca. 150 Grad, aber dafuer laenger.

Diese Powerfrau zu fotographieren war unmoeglich. Sie vermied mein Blitz und meinte, dass sie nicht schoen sei. Ich lachte und vertsand es, weil ich auch so ueber mich denke. Aber ihre Arbeit machte sie schoen, speziell, einzigartig. Ich haette sie gerne portraitiert, wie sie in dieser Maennerwelt einen Platz behauptet – DIE Frau fuer die groesste Teeproduktion in diesem bekanntesten Teedorf. Sie schaffte mit vier anderen maennlichen Kollegen in dieser Nacht zusammen und sie spielte die erste Geiger.

00.45 waren wir bei Aming. Er war mit einem Kollegen bei der arbeit. In seiner kleinen Teeproduktionsstaette schafft er mit seiner Frau und zwei Soehnen, die nur beim Welken helfen. Seine Frau machte mit einer anderen Frau bei Xiaolang und Dalang. Dann ging sie schlafen. Er wurde dann geweckt, um die weitere Schritte zu leiten.

In dieser Nacht musste er die fermentierten Teeblaetter erhitzen, rollen und die 1. Trockenung feritgstellen. Morgen um 6 Uhr kommt der teuer bezahlten Formen-Meister, der alles zum Rohmaterial zu Ende verarbeitet.

Powerfrau

Rollen – um den Saft der erhitzten Teeblaetter zur Oberflaeche zu bringen. 1. Trockenen dient dazu, um die Teeblaetter so zu stabilisieren, dass man in paar Stunde weiter verarbeitet. Erhitzten, Rollen und 1. Trockenung finden gleichzeitig hinter einander statt. Darum werden mindestens zwei Arbeitskraefte benoetigt.

Rollen Rollen

Unser Tee wurde erst gegen 3 Uhr ehitzt. Die Fermentation war mindestens 3 Stunde laenger. Den Tee kaufte mein Lehrer von dem Teebauer ab, der seinen Tee gleichzeitig machen liess. Er wollte mir aufzeigen, was Dalang und Fermentation bei der Produktion entscheiden koennte. Unser Tee war 15 Minuten laenger unter Dalang (grosses Schuetteln) gelaufen, waehrend der Teebauer nur 15 Minuten haben wollte. Er wollte nicht einen ungewoehnlichen Tee. Amings Frau sagte mir, dass mein Lehrer immer eine andere Vorstellung hat. Die meisten Leute wollten nicht warten, nur er wollte warten. Das Warten bedeutet Geld ausgeben in Mingjian.

1. TockennungTrocknen

Warten auf die Zeit, die sich lohnt, zu warten.

Als ich gestern morgens in das Dorf ankam, sagte mein Lehrer bereits zu mir, was ich lernen werde. Er sagte, Warten und Vertrauen.

Warten, auf die Zeit, die wert ist, zu warten. Warten bis die Teeblaetter Dir sagen, „ich bin so weit.“

Vertrauen auf die Teeblaetter, was sie dir sagen. Vertrauen in Deine Nase, die sagt, was Du riechst. Vertrauen in Dein Wissen, was Du von Tee weiss und willst. Die anderen wollen andere Dinge haben als Du, aber Du hast Vertrauen in Dein tun. Er sagte mir, dass es eine Sucht sei, Dinge zu haben, was alle haben und schon immer haben (meine Kaffeesucht). Vertrauen ist etwas anders. Vertrauen zu haben sei romantisch, meinte er. Vertrauen in die Ungewissheit, um vom Gewoehnlichen abzubrechen und um etwas anders zu ermoeglichen.

01.30 er liess mich immer noch nicht schlafen. Er holte bei drei verschiedenen Produktionsstaette bereits die ersten Teeproben. Ich musste ihm noch sagen, was ich roch.

Gestern wurde ich bereits zu verschiedenen Fruechten und Blueten gefuehrt, um die Duefte richtig zu speichern. Bei jeder Schritt der Produktion musste ich ihm sagen, was ich roch. Roch es bereits nach Blumen? Nach Fruechte ? Nach Honig? Alles haben eine Bedeutung bei der Produktionsproezesse.

Vor den drei Tassen sagte ich ihm, was mir am besten gefiel und was nciht stimmte. Er kommentierte dann, warum.

1.50 fuhr er mich endlich wieder nach Hause. 2.05 lag ich auf dem Holzboden-Bett. Die Kindheitsgeraeusche liess mich nicht gleich einschlafen.

Um 6 Uhr sollte es weiter gehen.

 

6. 4. 2008 in Mingjian

Welken Sonne

6. 4. 2008 13.40

Bevor wir ankamen, waren bereits eine Ladung von 12 Uhr Pflueckgut auf dem Boden verteilt. Ueber das Pflueckgut wurde bedeckt, um die starke Sonne zu harmonisieren. Damit das Blatt langsam die Feuchtigkeit verliert. Mein Lehrer zeigt mir, wie die Blaetter aussahen: eine Partei nach 40 Minuten Welken und eine andere, die gerade anfing.

Ruhen

14.50 Innen Welken und Ruhen

Die zweite Ladung wurde in die Innenraeume getragen und auf dem Boden ausgelegt. Um Plaetz zu sparen, wurde das Pflueckgut auf dem Korb umverteilt. Die Pflueckgut verlieren weiter die Feuchtigkeit im Blatt auf eine sanfte Art. Den Zeitpunkt zu entscheiden, wann man diesen Prozess stoppt, haengt mit dem dortigen Wetter zusammen. Die Haende spueren und die Nase riecht, wie weit die Blaetter sind. 

Ruhen MLEine harte Arbeit!

15.30 Xiaolan – das kleinen Schuetteln

Xiaolang

Im klimatisierten Raum – Teeproduktion ist inzwischen ein kapitalintensives Faktor geworden. In gekuehltem Raum koennen die Teeblaetter langsam die Feuchtigkeit verlieren. Durch diese kleine sanfte bewegung werden die Verlust der Feuchtigkeit beschleunigt und auch um eine Regelmaessigkeit zu erzielen. Die Bewegung sollte sanft sein – wie immer beim Tee. Im Bild machte diese Dame zu grob, meinte mein Lehrer – und ich dufte keineswegs probieren.

20.20 Da Lang – das Welken stoppen und grosses Schuetteln des Blattgutes

Ein Prozess um die Fluessigkeit der Blaetter regelmaessig zu verteilen und um die Raender leicht reiben, die Fermentation vorzubereiten.

Dalang

Was ich machen dufte, war die schwere Arbeit, das Blattgut umzuverteilen oder irgendwohin zu transportieren. Bei dem grossen Schuetteln, das das Welken endgultig stoppt und die gebliebene Feuchtigkeit in Blaetter regelmaessig verteilen laesst, duftet der Tee bereits wie ein Duftmeer! Ich hockte vor dieser Maschine und vergass wo ich mich befand. 

dalang 2

Nach knapp 30 Minuten wurde ich geweckt. Es ist die Zeit zum Essen und ausruhen. Der Tee ebenfalls. Nun findet endlich die Fermentation statt.

Um 00.50 geht es weiter. Bevor es weiter geht, duschte ich mich und ging kurz schlafen.

In Mingjian als Teepflueckerin

Die Tage in Mingjian sollten mich lehren, wie ein gewoehnlicher Formosa Oolong gemacht werden. Mein Lehrer ist streng und ich konnte mich nicht krank machen.

Das Erste, was ich machen musste, war Tee pfluecken. Das machen heute in Taiwan eigentlich nur alte Frauen und importierte Heiratskandidatinnen.

Mir wurde ein Strohhut gereicht. Der alte Chen lachte ueber mein Outfit. Seine Frau war bereits seit sieben Uhr am Feld. Xiangxiang, sein Enkelkind klebte an mir und wollte mit zum Pfluecken gehen. Das Kind ist ein richtiger Frauenheld. Er gruesste mich mit dem Satz : „A-Yi, Wo Ei Ni!“ (Tante, ich liebe Dich.) Alle lachten und er klebte an meine Hose. Wenn er zum Toilet ging, musste ich mitgehen und sein Po putzen – dabei beschwerte er sich, dass seine Mutter viel besser macht.

Haus Chen

6. 4. 2008, Sonntag 12.00

Xiangxiang zeigte uns wo seine Grossmutter arbeitete. Wir fragten ihn, wie wusste er, wer seine Grossmutter war, weil sich alle Pflueckerin gleich kleideten. Er antwortete mit einer Selbstverstaendlichkeit, „Ich rufe, Ama (Grossmutter auf Taiwanesisch) und Ama wird mich rufen!“ Die Ama arbeitete bereits sehr hart. Sie war von oben bis unten bedeckt und hinter ihrem Ruecken hing noch eine Schnurr mit einem Hocker! Xiangxiang klebte an seine Grossmutter und fragte, wann sie ihm ein Eis kaufte. Er ruehte die Pflueckgut-Sack aus Anteilnahme und fluesterte immer wieder zu ihren Ohren.

Xiangxiang

Ich versuchte so schnell und gut zu sein wie die anderen Frauen. Keine Chance. was ich nachmachte war falsch, meinte mein Lehrer. Er zeigte mir, wie ich richtig machen sollte, um schnell, sicher zu sein, ohne das Pflueckgut zu verletzen! „Du muss die Teeblaetter so anfassen, wie Du Deinen Liebhaber behandelst! Ganz sanft und sorgfaeltig.“ Mein Schweiss tropfte. Ich kann es nicht! „Mache weiter!“ Ich bemuehte mich und zeigte ihn meinen Erfolg – er schuettelte seinen Kopf. Ich sei Hopfen und Malz verloren. Er habe noch nie so eine grobe Pflueckerin wie mich gesehen. Ich gab auf. Eine gute Ausrede – ich bin eben nicht geeignet fuer diese sanfte Aktion.

Pfluecken So muss es sein!

Meine kaffeesucht heimsuchte mich. Ich schrie nach Kaffee – fuer ihn sei es die fluessige Pferde-Ausscheidung. Xiangxiang brachte mich zum Family Market. Natuerlich gab es dort keinen gewuenschten Kaffee. Er troestete mich, dass seine Mutter mir spaeter einen machte. Dann brachte er ein Eis und sagte dabei „A-Yi, Wo Ei Ni! (Tante, ich liebe Dich.)“ Ein fuenfjaehriges Kind wusste schon, wie ein Frau zu haben ist. Ich kaufte ihn das Eis und fuhr weiter zu der naechten Station – das Sonne-Welken.

Es war 6.4. 2008 Sonntag 13.30.

Oriental Beauty 2008

Der Weg zum Oriental beauty Teegarten schien diesmal einfacher und deutiger zu sein. Die Strasse war breiter, geteert und installiert mit Strassenlampe. Ich roch aus dieser Neuigkeit einen Unheil. Ziemlich schnell sah ich frisch gebaute Villen und Luxus-Wohnungen. Mein Herz wurde immer mehr verkrampfter als diese neue Siedlung endlos wurde.

Awen veraenderte sich nicht sehr viel, seit ich ihm letztes Jahr sah. Sein Sohn wurde einfach Groesser. Die Toechter sahen mich schuechternd an, als ich die Schokolade verteilte. Er fragte mich, ob ich mit der Wahl zufrieden sei. Wir kennen uns lang genug und wissen, dass wir darueber offen reden koennen. Er machte sich Sorgen. Er zeigte mir eine Auszeichnung aus China, die er fuer seine Anwesenheit bekam, als er an einer Tee-Messe in Quanzhou teilnahm. Diese Messe wurde nur fuer die Teebauer aus China und Taiwan veranstaltet. Seine Reise wurde komplett bezahlt – von der chinesischen Regierung. Der Verkauf ging schief, keine Nachfrage. Aber die Promotion fuer eine kuenstliche Teestadt war im Gang. Taiwanessiche Teehaendler und Teebauer sind herzlich eingeladen, sich dort zu niederlassen – Miete in dem ersten Jahr sei Gratis, viele Privilegien und Vorteile kommen noch dazu! „Bist Du ueberzeugt?“ Er schuettelte seinen Kopf, „aber wie geht es weiter mit uns?“ Die neue Regierung verspricht eine Oeffnung des Marktes und viele hoffen auf diesen neuen Markt, ein Geschaeft mit den Chinesen zu erzielen! Aber das bedeutet fuer einen Teebauer in Taiwan einen wahrscheinlichen Niedergang. Der Teeimport wird nun endlich legalisiert. Das Mischen des chinesischen Tees in die Formosa Tees wird immer eindeutiger und unaufhaltsam. Da die Tees auf dem Makrt sowieso wie alle andere Waren in der Welt immer aehnlicher werden, verschwindet wohl auch immer mehr das klare Profil des Formosa Oolongs! Der Import Tee wuerde Teeanbau auf Formosa zunichte machen – meinte er.

Seine pessimistische Haltung machte eine komische Stimmung. Warum sollte ein chineischer Oriental Beauty den originellen ersetzen koennen, wenn der originelle charaktervoll und herrausragend bleibt? In der Konfrontation mit einer drohenden Veraenderung sollten wir doch noch bewusster werden, was wir haben und wer wir sind, meinte ich. Ich bitte ihn, sich auf die traditionelle Machart zu besinnen und Vertrauen haben, dass unser Tee einzigartig ist. „Bitte insistiere das, was Du tust!“ bitte ich ihn. Wenn wir selbst vertrauen in unser Tun verlieren, wie sollten wir denn weiter gehen?

In einer krisen Situation reagieren meiste Menschen mit ihren gewoehnlichen Muster, zu denken und zu handeln. Nur wenige vertrauen ihre Intuition, die ihren Weg folgen und anders als nur an Sicherheit zu orientieren und zu handeln. Es gibt noch nie einen Tee, der sein Gesicht verliert, um zu ueberleben. Es gibt nur solche beruehmte Teesorten, die Jahrhunterten ueberdauern und sein Gesicht beibehalten. Ein Longjing wurde noch nie aus einem Gruentee zu einem Oolong verwandelt. Umgekehrt bleibt er als eine Raritaet, weil er seinen Charakter beibehaelt. Die Mode kommt und geht. Probleme kommen und gehen. Auch der chinesische Tee scheinbar den Formosa Oolong bedrohen koennen, auch wenn Chinesen alles kopieren und machen koennen, wird Oriental Beauty so bleiben, wie er ist, weil er ein Oriental Beauty ist, der so und nicht anders schmeckt. So lang wir es insistieren und vertrauen auf den Tee und unser Tun haben, wird es belohnt – versichte ich ihn. Er schwieg. Ich dachte sofort an die neu hoch gezogenen Haeuser. Er sagte, dass seine Kinder eine gute Ausbildung bekommen werden. Ja, ich weiss. Sie werden wohl so leben wie ich, ins Ausland gehen und sich immer mehr von der Erde trennen. Das Land, das er nun hat, koennte auch einen anderen Zweck erfuellen – einen wirtschaftlicheren. Das ist das wirkliche Problem, das wir haben.

Ich ging weiter und nahm einen seltenen Winter Oriental Beauty 2007 mit. Mein Herz wurde schwerer. Was wartete nun auf mich in Mingjian?

 

Hanami – der unaufhaltsame Fruehling

alter KirschbaumGepflegter alter Kirschbaum

自從有了天窗
 就像親手揭開覆身的冰雪

我是北地忍不住的春天

鄭愁予.一九五七

Wenn der Ostwind weht, ist der Fruehling im Norden unaufhaltsam – unaufhaltsam sind die Kirschblueteknospe, unaufhaltsam ist das kosmische Zyklus, unaufhaltsam ist die Sehnsucht nach einem neuen Anfang. 

Worum Kirschbluete in Japan? Was macht denn dieses Phaenomen so besonders? 

Hast Du schon Mal alte Beaume gesehen? 100, 200 oder 300 Hundertjahren alt? Alt, leicht geknickt, rauh und volle Knollen? Vielleicht haesslich, unauffaellig und laestig? Was passiert, wenn so ein alter Baum blueht? Er blueht mit vollen seinen Kraft: aus den faltigen rauhen Staemme und Zwerge kommen die zarte, weisse oder rosa Bluete. So Zart, dass es fast melancholisch aussieht. So intensiv, dass seine Lebenskraft voll ausgeschoepft ist. So voll, dass seine Axte fast ausbricht.

Und wenn es nicht nur einen solchen Baum auf der Strasse steht, sondern 100 oder 1000 an einem Ort oder am Ufer? So wunderbar und praechtig, dass man fast eine Verbeugung vor diesen Baeume machen muss!

Ein junger bluehender Kirschbaum auf einem europaeischen Garten vermittelt uns nicht das gleiche Gefuehl wie ein alter Baum, der einfach an der Strasse steht, der aus seiner Lebenskraft vielleicht die letzte Hanami mitstreitet. Japaner bewundern nicht nur einen bluehenden Kirschbaum. Sie verstehen sogar, was das Kirschbluete-Bluehen bedeutet. Die Baeumen tun ihr Beste! Sie tun ihr Beste, zum bluehen, wenn der Fruehling sich voranschreitet.

Was passiert, wenn ein alter Baum das Hanami nicht mehr mitmacht? Wird er ins Altersheim verschoben? Wird er abgeholzt, damit ein junger Baum Platz bekommen kann? Die Kirschbluehte-Kult in Japan lebt mit einer anderen Logik. Sie entscheidet sich fuer einen alten Baum, der nicht mehr bluehen kann. Er wird gewickelt, gepflegt, gestuetzt. Sie glauben an den guen Wille des Baums. Es gibt nicht nur diesjaehrige Hanami, es gibt noch das naechste und uebernaechste. Sie tun ihr Beste – genau wie der scheinbar tote Baum einst tat, um diesen Baum wieder zum Leben zu wecken. Es geht nicht um die Erfolgschance, oder um das Hanami, sondern um den Baum, den man liebt. Ob diese Aufwand sich lohnt, wird nicht gefragt. Man tut das Beste. Um den Rest kuemmert sich das Kosmos.

Dieser Geist ist das, was mich von Hanami am meisten berueht. Die Liebe, die man hier zum Kirschbluete pflegt, ist nicht eine oberflaechliche Emotion. Man bewundert die bluehenden Masse, aber auch das, was die Natur Menschen inspiriert. Zu jedem Fruehling bluehen aehnliche Baeume, auch wenn die Gesichter der Menschen sich wechseln. Die Baeumen tun ihr Beste, ohne etwas zu wollen. So zu leben wie die Kirschbluete koennte wohl so bedeuten: so zu leben nur um das Beste aus dem Leben zum schoepfen.

Kirschbluete Tee

Diese Kult hat eine sehr triviale Seite: Kirschbluete konservieren, vor dem Gebrauch waschen und dann mit Sencha aufgiessen. Der Geschmack scheint mir nicht sehr romantisch.

Vor Chion-in

枯籐老樹昏鴉, 小橋流水人家, 古道西風瘦馬。 夕陽西下, 斷腸人在天涯

[越調] 天淨沙·秋思 (Herbst Gedanke)

馬致遠 Ma Zhiyuan(1255-1321, Yuan Dynastie, China)

peilinMeine Schwester vor Chion-In

Als wir vor diesem Haupttempel Chion-In von der Schule „Reines Land‘ erreichte, begegnen wir diese unbeschreibbare Landschaft. Ich fing an, die erste Strophe dieses Gedicht zu singen und meine Schwester folgte.

Eigentlich war es ein Fruehlingsmorgen. Die Sonne schien nicht wirklich freiwillig. Ich zog alles an, was ich hatte. Mir war es egal, ob es zusammenpasste. Kalt, rauh und feucht.

Ma Zhiyuan war einer der bekanntesten Poeten in der fremden mongolischen Herrscher-Zeit. Er schrieb am liebsten ueber Daemone, Geister und Gottheiten. In dieser unsichtbaren Welt suchte er wohl sein Zuflucht in seinem eigenen Land unter Fremden, oder war er selbst ein Fremder in der eigenen Land, das ihm immer fremder wurde? Unter der fremden Herrschaft duften die chinesischen Intellektuellen nicht politisch thematisieren. Die meisten suchten in der Literatur versteckt die Unterdrueckung zu artikulieren. Vielleicht war das Gedicht ein Spiegel seiner Seele, sich wie ein Wanderer mit nicht aussprechbarem Schmerzen unterwegs in dieser Welt zu leben. 

In diesem Gedicht beschrieb er einen Wanderer:

Im tiefen Herbst eilte ein Wanderer. Ihn begleitete ein mageres Pferd im Herbstwind auf einen einsamen Weg. Auf dem alten Baum hingen paar duerren Zweige und standen paar muede Voegel. Ein Fluss fluesterte ohne etwas zu wollen, ueber den Fluss stand ein kleiner Bruecke, am Fluss standen paar unauffaellige Haeuser. Es wurde immer dunkeler. Beim Betrachten des Sonneuntergangs spuerte der Wanderer sein gebrochenes Herz am Rand der Welt. 

Wer mit meiner Interpretation nicht zufrieden ist, koennte eine englische Uebersetzung noch nachlesen.

http://www.pureinsight.org/pi/index.php?news=3704

Hanami – Blumen bewundern

Hanami - Blumen bewundern

Kirschbluete gibt es ja ueberall, auch in Washinton D.C. bluehen die Krischbluete. Wozu preisen wir denn die Kirschbluete in Japan und tausenden Touristen pilgern dort hin? 

Kirschbluete werden gepflueckt, gesalzt und konserviert. Als Tee aufgegossen mit Sencha, oder als Beilage zum Essen. Diese Art von Kirschbluete-Kult gibt es wohl auch nur in Japan. Aber warum? Koennte man in Washinton so eine Kult auch zerebrieren?

Die Suche nach Senbei

Die Geschichte hat vor einem Jahr angefangen.

Teemeister Ulrich Haas fuehrte ein Kencha in Zuerich im Feb. 2007 auf und offerierte eine ausgesuchte Sueesigkeit von Urasenke-Schule. Diese Suessigkeit ist extra fuer Urasenke im Ausland hergestellt und unverkaeuflich. R. war wegen meiner Einladung zum Tee da und war sehr angetan von dieser Suessigkeit. Er fuehrt inzwischen ein renomiertes Versandhaus in der Schweiz und wuerde sehr gerne seiner werten Kundschaft diese leichte suesse und salzige Suessigkeit – Senbei zum Tee anbieten. Es gaebe in Europa nichts Adaeguates.

Ich fragte Urlich, wie man es besorgen keonnte. Er lachte im Telefon und sagte mir, dass wir es vergessen sollten. Die Japaner wuerden wegen uns doch keine Muehe machen. Ich gab nicht auf und fuehlte richtig aufgemuntert dabei. Etwas zu organisieren ist meine Staekre, vor allem etwas Besonders, was schwer zugaenglich sei sollte. Ich versprach R. es zu besorgen.

Die Zeit ist vergangen. Kein Erfolg. Das Geschaeft Sue Tomi sagte immer hoeflich im Telefon, dass sie nichts ins Ausland verschicken und diese Suessigkeit nur fuer Urasenke anfertigt. Wenn ich es unbedingt will, sollte ich doch zu Takashimaya Kaufhaus oder nach Kyoto kommen. Letzter Fruehling war ich in Kyoto mit einer Reisegruppe so sehr abgelenkt, dass die Suche nicht moeglich war. Und diesmal wollte ich mein Versprechen einloesen.

Ich lass die Adresse – nur einen Strassename und eine ungefaehr Richtung, keine Hausnummer. Auch kein Problem, ich wusste ungefaehr, was das bedeutete – einfach um das Ecke dieser Strasse sollte das heissen. Wir fuhren mit dem Bus und suchte nach dieser Gasse. Es gab einfach keinen Strassenschild und auch keine Nummer. Nach einer grossen Anstrengung fanden wir endlich diese Gasse. Meine Schwester fragte, „Wie koennte Urasenke so einen Laden beauftragen, der in so einer kleinen Gasse steht?“ Aber diese komische schwer auffindbare Gasse scheint etwas Besonders zu sein. Alte traditionellen Haeuser stehen nebeneinander. Viele Kimono Laeden versammeln sich dort, die von Aussen nicht erkennbar sind. Wir suchten nach Reklame-Schilder nach Sue Tomi. Es gab keine Schilder, die man ueberall in Asien finden koennte. Nichts, was uns verraet, wo Sue Tomi sein koennte. Ploetzlich merkte ich, dass ich vor der Tuer von Sue Tomi stand. Eine unauffaellige Erscheinung mit einer unauffaellige Tuer und unauffaelliger Atmosphaere. Hier sollte dieser beauftragte Handwerker sein, der fuer weltweite Urasenke Senbei (eine Art Kekse aus Reis und Weizenmehl) produziert. 

Sue TomiSue Tomi von Aussen. Das Geschaeft hat nicht Mal eine Internetseite!

Wir traten ein und waren irritiert. Die Verkaeufer schienen genau so irritiert zu sein, als sie wussten, was ich wollte. Ich wollte Senbei kaufen, die aenhlich schmeckt wie die Senbeis von Urasenke. Die Verkaeuferin deutete auf diese Kekse. Ich wollte verkosten. Sie zoergerten und die andere wohl gedresste Dame neben mir zeigte ihr ueberraschtes Gesicht. Ja, ich bin ein Barbar, aber das macht nichts – ich sagte zu mir selbst. Die flexible Verkaeuferin brachte mir zwei Senbeis. Sie waren genau so wie der Geschmack in der Erinnerung an dem Tag von Kencha. Ich gab einen Auftrag – in der gleichen Zeit bewegte das gesamte Personal. Sie packten, falteten und schnurrten die Packeten in einer Geschwindigkeit, die man nicht erwartete. Blitzschnell waren die Schachtel fertig gepackt. Das Packpapier war ohne TesaBand und das Knoten von dem Schnurr kann man nur nachmachen, wenn man eine Anweisung erhaelt. Solche Knoten sind so gemacht, damit die Schachtel ueber einander stehen koennen, auch wenn es zwangzig oder dreissig Schachtel sind. So etwas wuerde man nie in anderen Teilen der Erde finden. Ich war beeindrueckt. Beeindrueckend war auch der Preis und die poetische Namen von deren Suessigkeiten.

Danach ging ich Kimono kaufen. Als ich das Kimono mit dem Obi anprobierte, fragte mich die Verkaeuferin, ob ich Kunde von diesem teueren Laden bin. Sie deutete auf die Tragtasche. „Dort gehen nur reiche Leute hin.“ sagte sie. Ein Laden, wo nur reiche Leute hingehen? So ein unauffleiiger Laden mit einer unscheinbaren Erscheinung in einer kleinen Nebengasse?

Wie wuerde ein Suessigkeitgeschaft in Zuerich aussehen, wenn nur reiche Kundschaft rein und rausgehen? Oder in Paris und New York? Nehmen wir ein Beispiel von Spruengli. Wo liegen die Laeden von Spruengli? Im Hauptbahnhof, am Paradeplatz oder an der Lowenstrasse! Wie werden die Verkaueferin gedresst und was fuer Marnier haben diese Frauen? Was fuer ein Show muss man dort abziehen, wenn man dort einkauft, um „reich“ zu erscheinen und freundlich bedient zu werden?

Ich fragte mich, was es bedeutet, dass ein traditionreiches Geschaeft seit Meiji Zeit, ein von einer traditionreichen Teeschule beauftragtes Handwerker an einer kleinen Nebengasse ohne Reklame unauffaellig auf uns wartet. Das Geschaeft ist nicht interessiert ein globaler Player zu werden. Sie wissen, dass sie etwas besonders produziert, eine Suessigkeit aus Miso (fermentiertes Sojabohne) und Soja-Sosse koennen nur Menschen erreichen, die das einfache dezente Geschmack schaetzen. Vielleicht nur Japaner. Sie wissen, dass die Kunde sie finden, die wollen. Und nicht umgekehrt. Eine Logik gegen die gaengige Bussiness-Logik der kapitalistischen Lehrbuecher! Aber es scheint zu funktionieren! Auch ein Innernschweizer Versandhaus suchte nach ihren Senbeis!

Die Nachwirkung von dieser Suche wirkt jetzt immer noch nach. Ich verstand, warum ich immer wieder in diese Stadt zurueckkehre. Dieser Geist ist der Geist, der Kyoto zu Kyoto macht! Die Handwerker in Kyoto wissen, dass ihre bewusste Zurueckhaltung Menschen tiefer berueht als das Blendwerk. Sie wissen, dass die schweigende Arbeit im Hintergrund in der Wirklichkeit viel mehr bedeutet als die Praesenz in Medien.  Sie wissen, dass ihre gute Arbeit ihr Selbstwertgefuehl schenkt und ihr Beharren auf das, was ihnen Wert ist, eine Tradition schafft und belebt.

Das ist auch der Geist des Tees. Die Menschen suchen Tee (Weg), sie kommen, weil sie es wollen. Sie halten die Suche aus, weil sie es wollen. Unabhaengig davon, was die Anstrengung einem ausmachtund was das Ziel ihnen verspricht.