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Kein Spuren hinterlassen II

Wir sind nur Gäste auf der Erde und häufig Prolog, Epilog oder etwas dazwischen im Leben des anderen. 

Wenn wir nicht reflektieren, dann hinterlassen wir Spuren mit Konsequenzen im Leben des anderen. Manchmal angenehm und oft mit Schmerzen. 

Wenn wir bewusst sind über die Spuren, die wir bei anderen Menschen hinterlassen, werden wir bewusster über die Spuren, die wir auf dieser Erde hinterlassen?

Bevor Römer nach Mitteleuorpa kamen, waren Kelten und anderen hier. Bevor Germanen sich hier niederlassen, mussten andere Völker Platz machen oder miteinander leben. Was gehört wem? Wer gehört wohin?

Flüchtlinge kann jeder werden. Oder – gibt es wirklich ein Wesen wie Flüchtlinge? 

Wenn wir doch einmal klar sehen können, dann müsste es doch deutlich werden, dass wir nur vorübergehend an diesem Ort sind, wo wir sind. Spuren hinterlassen wird zu einer delikaten Geschichte. Was für Spuren haben wir bereits auf dieser Erde hinterlassen? Abfälle, die über 500 Jahre oder 1000 Jahre oder noch länger erst harmlos werden. Klima-Wandel, der viele Menschen heimatlos treibt und für Nahrung und Schutz bei anderen zu suchen zwingt. 

Keine Spuren zu hinterlassen kann man im Tee lernen. Einen Tee zu produzieren mit einem gute Geschmack beinhaltet bewussten Umgang mit Teepflanzen – schonende Pflückung, mit Erde – sorgfältiges Dünnen und mit Menschen – eine Handwerkkunst zu pflegen und Wohlstand vor Ort zu bewahren. Einen Tee mit einem guten Geschmack zu geniessen kann ein erster Schritt der bewussten Lebenführung werden. 

Im Gongfu Cha Unterricht in Shui Tang wird nicht geachtet, wie schön die Choreografie abläuft, sondern als erstes wie man anfängt und wie man abschiesst.

Wir treten im Leben des anderen Menschen ein. Wir gehen irgendwann im Leben des anderen Menschen aus. Wie kommen wir hinein, ist vielleicht wichtig. Aber wie wir uns verabschieden – in Streit, in Liebe oder in Vergessenheit, kann nachhaltig wirksam sein.

  

Keine Spuren hinterlassen I

Vor drei Jahren kam Tim zum ersten Mal ins Shui Tang. Ich kann mich noch sehr gut an sein unschuldiges Lächeln erinnern. Ich erzählte ihm von dem ersten Schritt des Teelernen: Keine Spuren hinterlassen. Er wiederholte an dem Tag immer wieder diesen Satz: „Keine Spuren hinterlassen. Keine Spuren hinterlassen.“ 

Erinnert er sich immer noch an diesen Satz?

Vor einem Jahr kamen die Eltern von N. und erzählte mir, dass ihr Sohn paar Male an Shui Tang vorbei ging und nicht hinein kam. Sie wollten ihm etwas schenken, vielleicht den ersten Schritt in den Tee? N. kam Anfang des Jahres zum Gongfu Cha Unterricht.

Ein Jahr später kamen die Eltern wieder. Der Vater berichtete mir die Veränderung des N. Er sagte, N. habe seinen Geschmack verändert. Er achtet das, was die Mutter kauft, was er zu sich nimmt und was getrunken wird. Der Junge ist bewusst über einen guten Geschmack zu kultivieren. Er mache Tee für Familie und erzähle das, was er in Shui Tang erlebt. Ich erinnere mich an ihm – ein zurückhaltender Junge, der zuhört, beobachtet und sich anstrengt. Die Eltern erzählte mir die Veränderung, die wohl durch Tee angestossen wurde. Und sie kamen um Teatoys zu kaufen, um ihn weiter zu unterstützen. Ich war sehr berührt.

An dem gleichen Tag bereitete Tim Tee am Teetisch für viele Damen um ihn. Er erzählte wie man einen Tee mit Qualität produziert und wie er einen guten betrachtet. Ich beobachtete, wie er den Damen Tee eineschenkt – zuerst die ältere, dann erst die jüngere. Mein Herz lachte.

Es sind glückliche Kinder, die unterstützende Kraft von der Familie erhalten. Es hinterlassen Spuren. Spuren, die etwas erneuen. Spuren, die einen Kreislauf bilden, der sich stets erneuert.

Die Arbeit in Shui Tang strengt mich an. Manchmal ist die Ernergie in Alarmstufe. Aber diese ausgegebene Ernergie bekommt Nachschub, wenn man die Veränderung und Wechselbeziehung mit Teejünger und Teeliebhaber sieht. Es berüht mich und „erneuert“ meine Energiequelle. Somit schliesst sich ein wunderbarer Kreislauf, der durch das gegenseitige Geben und Nehmen stets ernährt.

Die Spuren verwischen sich und verlieren Identität. Meine oder Seine oder Deine?

Ich bin dankbar auch bei Joas, der seine Leidenschaft für Tee mit anderen Menschen in Shui Tang oder in einem Forum teilt.Er trägt weiter Tee, weiter in einem anderen Kreislauf, zu anderen Teeliebhaber, die mir unbekannt sind.

Hinterlassen keine Spuren. Keine Spuren, die von einer bestimmten Identität geprägt sind. Weil wir alle nur vorübergehend im Leben des anderen und auf der Erde sind. Wir sind nur Gäste.

  

Wenn Dante zum Tee

Am 12.11 war der Zukunfttag der zürcher Schüler.

Noam und Serafino beschlossen in Shui Tang diesen Tag zu verbringen.

Als ich Punkt 11 Uhr die Tür von Shui Tang aufschloss, sturmten die beiden in die Tür!  Mit Lachen und Funken im Gesicht.

Was für eine Zukunft!!

„Was willst Du später werden?“

„Was wolltest Du werden, als Du jung warst?“ fragte Tim mich in einem Interview für seine Matura-Arbeit.

„Präsidentin.“ antwortete ich.

Ich bin Verkäuferin geworden.  Reue? Nein. Das ist das Beste, was mit mir passieren kann. Weil ich etwas gespürt habe, als ich mein Leben verändern wollte, ich habe etwas gespürt wie eine Bestimmung.

In dem Dokufilm über „Kakiemon-Tradition“ sagte der amtierende Meister in einer Schlichheit: „Ich habe nicht gegen meine Bestimmung gekämpft.“  Sein Vater kommentierte über seinen Sohn, „Er muss eine sichere Hand und einen scharfen Blick, wenn er arbeitet. Er zweifelt noch an sich. Es ist reizvoll ein eigenes Werk zu kreieren, aber es ist besser zuerst den Kakiemon-Stil anzueignen…“

Ich verkaufe Tee.  Es ist meine Bestimmung, nicht nur Tee zu machen. Es ist meine Bestimmung, Tee als ein Gefäss zu leben. Ein Gefäss, um mich selbst zu werden, um mit dieser Welt in Kontakt zu treffen und um das materiale und das geistige zu vereinbaren. Das ist ähnlich wie Dante, der in seinem Schaffen versuchte „diejenigen, die in diesem Leben leben, aus dem Elendzustand zu bewegen und sie zu einem Zustand der Freude zu führen.“ In seinem göttlichen Komödie wanderte er in drei Welten. Auf diese Reise wurde er begleitet von drei Fuguren (oder Meister) und konfontiert von verschiedenen Aspekte des Lebens. Beatrice wirkt als die treibende Kraft, es ist die Liebe, die Höhe und Tiefe, Freude und Leiden, Glück und Trauer hervorbringt. Sie ist eben auch die Quelle, die diese starken Emotion und Gefühle verwandelt! Es ist eine Individualisierung des Wanderers, den Dante versuchte zu skizzieren!

„Was wollt Ihr werden?“ Die Jünger in Shui Tang haben ihre eigenen Pläne. Warum kommen sie zum Tee?  Sie wissen oder wissen es nicht, ähnlich wie ich mit Tee angefangen habe. Am Teetisch findet es eine Reise statt, die uns viel Frieden und Zufriedenheit vermittelt. Fast Therapeutisch.

Was geschieht eigentlich dort? Wie können wir diese Teereise mit dem Augen von Dante betrachten? Wohin trägt der Teeschifff uns? Auf den Hohesee, was wir als Leben nennen?

Wenn Dante zum Tee?

Diskussion und Austausch. Brigitte Egger und Menglin Chou führen gemeinsam das Gesprächh.

Ort: Shui Tang an der Spiegelgasse 26, 8001 Zürich

Uhrzeit: 20.12. Sonntag, 16 -18 Uhr

Eintriff frei, Anmeldung erwünscht.

  

   

Was hast du vergessen?

Unser Gongfu Cha II ist nun beendet.

Die letzte Lektion ist der Tee mit einem viereckigen Schachtel.

Vier Eck, hat eine Bedeutung von Bewusst werden von der Menschlichkeit. In der chinesischen Kultur bedeutet Quatrat häufig etwas wie der Anfang der Unendlichkeit.  Ein Tee durch ein Quatrat-Schachtel hat eine gewisse Andeutung von Öffnung zur Undendlichkeit.

Es war die letzte Stunde unser Kurs. Es ist nicht der Schluss von einem Versuch. Sondern ein Anfang.

Wir hatten immer viel Spass. Jedesmal versucht jeder spontan einen Tee zu zerebrieren. Manchmal mit einem Schachtel, mit einem Tuch oder mit einem Tablett.

 Und jedes Mal wird es vergessen. Gestern zählte Susanne das, was wir vergassen. Manchmal die Schale für Abfallwasser, manchmal den Aufgusskanne oder Teeschiff. Warum? Was bedeutet es? Wir versuchten es zu rätseln wie wir Orakel abfragen. 

Gegen Ende von Kurs sagte Anna und Susanne, beiden Musiklehrerinen, als Markus mit einem Würde das Tee-Schachtel zum Tisch trug. Sie würden einen Anfangsritual in ihrem Schulunterricht einführen. Sie würden ihre Flöte wie das Schachtel mit Respekt und Würde in der ersten Stunde ins Schulzimmer tragen. Dann würden sie die Flöte so behandeln wie sie die Teatoys anfassen, mit Respekt und Sorgfalt  vor den Schülern zerebrieren! 

Wir waren richtig begeistern von ihrem Idee! Vielleicht geben sie ihren Kinder mehr als die Musik selbst. Sie zeigen den Kindern eine Möglichkeit zur Unendlichkeit und ihre Umgebung mit Respekt und Würde. Es ist eine Arbeit von Eros – eine Verbindung zu schaffen zwischen Menschen und der Welt.

Wie schön Gongfu Cha zu praktizieren? Wie schön diese Fähigkeit zu besitzen, DAS in den Alltag umzusetzen anstatt nur im Teezimmer als Meister zu spielen!