Freundin Sara kam aus Machu Picchu zurück mit zwei leuchtenden Augen. Das sei ein Ort, wo ich unbedingt einmal besuchen muss! Ein Ort, wo sie sich sehr nah zu sich selbt fühlt, ein Ort, wo sie ihr Herz zuhören kann – beschreibt sie. Ich nickte meinen Kopf, der Wünsch dort einmal zu sein war bereits in meiner Kindheit. Aber jetzt nicht. „Fühlst Du Dich eingeschränkt in Zürich?“ Ich schüttelte meinen Kopf. Seit Sommer war es mir auf einmal bewusst, nachdem der linke Fuss schwer verletzt wurde, dass unser Leben ein Fluss ist. Wir wissen nie, wie es weiter geht. Ueberaschungen sind immer bereit bei jeder Kurven und bei jedem Absturz. Auch wenn wir glauben, etwas begriffen zu haben, werden wir wieder zu uns selbst geworfen. Ein plantes Leben wird in Frage gestellt. Eine druchgedachte Tat erscheint lückenhaft. Eine Zerissenheit von ja und nein. Ein Ort, wo man sein Herz zuhören kann, hört sich wie ein Wunder an. Aber eingeschränkt fürhle ich mich nicht mehr. Ich fühle mich frei, weil ich nicht weiss, was demnächst passiert. Eins möchte ich tun, Dinge so weit zu erledigen, wie ich es kann. Die Dinge zu richtigem Ort zu bringen, das Feld so weit aufzuräumen und einzuordnen, falls der Fluss woanders hinfliesst, kann jemand anders es frei gestalten.
Keine Blume, keine Fussspur: wo ist der Mensch?
Der junge Tim lernte heute Matcha sieben. Sieben, eine ganz einfache Akt. Scheinbar. Seine Finger wurde von schönen feinen Matchastaub gepudert, der Tisch bekam viele grüne Spuren und der Sieb war verstaub von Aktion. Er lernt, muss lernen, sich wieder von diesem Staub zu befreien und seine Spuren samt Matcha schwinden zu lassen.
Das erste, was wir einen Tee anfangen, ist die notwendige Spielzeuge in ihrer Position zu bringen. Entsprechend zu plazieren, um keinen Schritt zu viel, keinen Schritt zu wenig zu handeln. Wenn man es ins Leben umsetzt, wird das Leben entsprechend einfacher.
Während des Tees – das hat Tim gelernt – wach zu bleiben, unnötige Dinge stets aus dem Feld aufzuräumen und den Raum frei zu schaffen, für das, was kommen kann, zu emfpangen.
Nach dem Spass vom Tee ist das wichtigste aufzuräumen. So aufzuräumen, als ob man nicht da gewesen wäre, so dass der nächste an den Platz kommen kann, den Raum frei zu gestalten.
Das lernt man als erstes im Tee, das erstes im Zen, keine Spuren zu hinterlassen. Es ist eine Bewusstseinssache, wie jeder mit diesen Dingen umgeht. Die meisten Menschen sind zu unbewusst, mit eigenen Spuren. Nicht das, dass man spioniert wird, ein Problem sein kann, sondern das, dass unsere Spuren eine Last wird für die anderen. Unsere Spuren können den Anfang anderen Menschen belasten. Das ist nicht schwer zu belegen, schauen wir einfach unsere Erde an und fragen einfach, was für eine Erbe unsere Kinder erhalten? Das ist das, was wir als Kahrma nennen!
Erika fragte, weshalb diese Haltung mich beschäftigt? Es sei unsinn, die eigenen Spuren zu spotten. Es sei mein Muster, immer wieder vor einer halbfertigen Bauruine abzuhauen. „Diesmal bleibst Du hier.“ Es ist vielleicht die Atmosphäre von Jahresende, vielleicht ein Anflug von Bilanz ziehen zu wollen. Shui Tang hinterlässt viele Spuren. Ich spüre eine Wendung, einen neuen Anfang. Gerne möchte ich mein Leben wie eine Teeübung praktizieren. Wieder von Anfang die Spielzeuge neu in den Raum hineinzutragen, noch einmal zu plazieren und wieder einmal neu hinzusetzen. Bevor diese neue Wiederholung Platz bekommt, ist der Raum aufzuräumen. Ich baue keine Bauruine, versichere ich sie. Ich will meinem Leben auch eine Chance geben. Ja, ich will es. Wir wissen halt nicht, wohin der Fluss des Lebens fliesst.
Gestern kam ein Herr aus Genf. Er fragte mich zum X-Male: Warum sind Sie in Zürich? Ich antwortete nicht. Er fuhr weiter mit seinem Satz: „Sind Sie in einen falschen Zug eingestiegen?“