Wenn es nicht regnete, rannten Menschen zu dem Regenmacher des Stamms oder im Dorf. Sie baten dem Regenmacher mit seinem Regentanz die Willen der Götter zu beeinflüssen. Solche Rituale gibt es in jeder Kultur.
Eine befreundete Therapeutin erzählte mir von einem Bericht ihrer fernöstlichen Kollegin. Sie arbeitet mit dem weissen westlichen Menschen und zugleich mit den asiatischen Klienten. Sie berichtete von einem Unterschied zwischen dem West und dem Ost. Im Osten sei das Vertrauen an das, dass es gut ist so wie es ist, da. Die fernöstlichen Klienten betrachten dem Therapeuten wie der Regenmacher, der eine neue Ordnung wieder herstellt, während sie einfach vertrauen. Sie vertrauen in das, dass was geschieht, gut ist.
Es war paar ruhige Tage. Solche Tagen kann man ruhig betrachten oder nervös werden. J-S kam zu Besuch und fragte mich, ob es mich nervt, dass es solche Tage im Sommer immer gibt. Ich antwortete ihm, „Weiss Du, ich verhalte mich wie der Regenmacher.“ Er wurde neugierig. Regenmacher? Kannst Du Goldregen machen? Ja, klar. Wie denn?
„Ich würde mich kein Gedanke machen wie draussen ist, sondern nur auf mich selbst konzentrieren. Ich zentriere mich indem ich mir paar Frage stelle: Kann ich Menschen noch zuhören? Kann ich mein Herz noch zuhören? Bin ich noch einstimmig mit meinem Tun? Wenn ja, dann übergebe ich das Geschehen dem Kosmos – er sollte es entscheiden, wann es regnet. Und das, was geschieht, nehme ich dankend an.“
„Und wenn es nicht regenet?“
„Dann regnet es eben nicht. Warum sollte ich an mir selbst zweifeln?“ Ich lächelte, „aber es regnet meistens wieder, nur mit Verschiebung zwischen unerem Wünschdatum und dem tatsächlichen Tag!“
Mir erzählen viele Menschen über den Stausee ihres Lebens. Meiste von ihnen sind nicht glücklich und voller Zweifel. Das Verknüpfen von materiallem Erfolg und Selbstwertgefühl ist so stark, dass man alles anderen übersieht. Wenn die Anerkennung nicht von aussen kommt, ist es um so wichtiger von innen an sich selbst zu glauben. Dort liegt die Quelle der Kraft. Das Selbstmitleid und Selbstzweifel bringen uns nur auf einem negativen Spiral. Somit ist der Stausee im Leben noch voller. Der Regen oder der materiale Erfolg sollen unser Zentrum nicht ins Schwanken bringen. Umgekehrt ist es die beste Zeit an sich zu arbeiten, wenn der Regen nicht kommt.
Nachdem J-S gegangen ist, erlebte ich paar spannende Tage. Schweirige Kundschaft aus Hongkong, die ich eigentlich lieber rausschmeissen wollte – auch wenn es nicht regnet, belebte die Kasse wie ein Goldregen. Die Kundin sagte, dass ich stolz sein sollte, weil sie so lange in meinem Laden verweilte. Die meisten Teesorten in Shui Tang hat sie in Hongkong und in Shanghai oder in Beking noch nie gehört. Sie wollte unbedingt mit mir ein Selfies machen…
Es ist ein Glück, wenn es regnet. Aber es ist nicht wegen der Arbeit von Regenmacher. Der Regenmacher macht nicht unbedingt Regen, aber Frieden in der Seele. Dieser Frieden ist wertvoller als der Regen. Und jeder ist der eigene Regenmacher.