Archiv für den Monat September 2008

Life Balance

Als das älteste Kind einer konservativen Familie wurde ich geboren. Dass es kein Sohn war, war sicher schwer für meine Eltern. In der Schule staunten allen, wenn man meinen Name rief, aber ein Mädchen erschien. Für meine Mutter war es ein unbewusstes Wiedergutmachen mit meiner Vatersfamilie, obwohl ich kein Junge bin, aber einen Name trage wie ein Junge. Als mein 6 Jahre jüngerer Bruder gebar, waren alle erleichtert. Der Stammbaumhalter ist endlich zur Welt gebracht.

Mein Bruder wurde von allen geliebt, an der Strasse von dem Fremden, in der Familie von allen Sippen und sogar von meiner Hauslehrerin, die mir zu Hause Unterricht erteilte und sein Foto vergrößerte. Er hatte eine Pflegemutter, sie vergötterte ihn. Wir spielten mit ihm, verkleideten ihn als Mädchen, malen mit Lippenstift in seinem Gesicht. Er lachte immer wie ein Prinz, wenn wir kriechend über ihn lachten. Später untermauerte ich mich in dem Elfenbeinturm, die chinesische Erziehung war mir zu wider und lebte in meiner eigenen Welt. Es war eine Flucht gegen meine kühle dominante Mutter, nur mein Vater zeigte sein Gefühl, wie sehr er seine Tochter liebte. Mein Bruder lebte auch in einer anderen Welt, in der Sonne und Liebe fluchten.

 

Ich schaue selten zu meinem Bruder, nur einmal und es war eine einmalige Erinnerung zwischen Bruder und Schwester. Meine Eltern waren in Japan oder vielleicht in Hongkong, ganz selten zu zweit. Ich nahm meinen Bruder mit zum beliebten Ausflugziel wie Disneyland. Ich war 14 und mein Bruder 8. Wir hielten unsere Hände stets zusammen, ganz selten und wahrscheinlich war es das einzige Mal. Er wollte Hot Dog, und ich kaufte ihm Hot Dog. Er wollte mit dem Riesenrad fahren, also wir fuhren Riesenrad. Er wollte Eis essen, also wir aßen Eis. Er wollte essen, während wir liefen, also wir aßen während wir liefen. Das war alles eigentlich von unserer familiären Erziehung nicht erlaubt. Wir taten es und hielten unsere Hände immer zusammen. Er war glücklich und ich war glücklich. Zum Schluss fragte er mich, wann meine Eltern wieder fort gingen, und ich ihn wieder mitnehmen konnte. Es war aber das einzige Mal.

 

Später hielt ich immer nur im Ausland auf und mein kleiner Bruder geriet in der Schulsystem-Schleuder. Wenn ich ab und zu zu Hause war, sah ich nur einen gequälten Jungen, der nachts noch lernen musste. Allen sagten ihm, Deine Schwestern schafften es und Du muss es auch. Er blickte zu zwei dominanten Schwestern und fühlte sich wohl ohnmächtig zugleich. Später ging er nach London und absolvierte zwei Master, nur um länger in London unter den Fremden allein aufzuhalten. Unfreiwillig ging er nach Hause und wurde Manager eines traditionellen japanischen Unternehmens. Er hat kaum Zeit. Sein Zuhause ist das Flieger und der Firmwagen. Selten ist er zu Hause. Er heiratete eine wunderschöne Frau, eine Tochter eines chinesischen Soldaten. Sie kam mit unserer traditionellen konservativen Familie nicht klar. So viele Namen, so viele Fest und ständige Versammlungen überfordern diese junge Frau aus einem anderen Verhältnis. Mein Bruder lebt zwischen seiner jungen Familie und meiner Familie, zu der er eine Verpflichtung schuldet, denn er ist der Prinz der Hoffnung. Meine Schwester beschwerte sich oft über die Zustände. In dieser Angelegenheit gibt es keine Opfer und Täter. Es ist nur ein Lernprozess für allen Beteiligten. Ich schweige meisten.

 

Heute wutet Taiphone in Taipei. Sturmisch und regnerisch, ich bekam zufällig ein Email meines Bruders. Er machte sich Sorge um mich, schrieb er. Denn mein Vater jammerte vor meinen mangelnden Nachrichten. Wir skypten ein wenig. Er erzählte von Streitigkeit meiner Eltern, von unserem Verwandten und von seiner Firma, nur nichts von ihm. Ich fragte ihn direkt, wie es ihm geht. Er schwieg kurz und sagte mir, dass er nun anfangen will, mehr Oolong zu trinken anstatt Coke. „Weiß Du, ich bin älter geworden. Ich muss auch schauen wegen life balance!“ Life Balance? „Life Balance.“ Wiederholte er noch einmal. Er fragte mich, ob ich mich erinnern könnte an unseren einzigen Ausflug, nur Bruder und Schwester. Ja, meine Tränen tropften schon vor Bildschirm. Er sah mich aber nicht. Als Prinz der Familie lebt er immer im Traum des anderen. Life Balance bedeutet für ihn den ersten Schritt nur als ein Mensch zu leben. Als Protest gegen unsere strenge Erziehung hasste er gesunde Getränke. Nun entdeckt er, dass er auch lernen kann, nur aus seinem Impuls zu handeln anstatt aus Protest. Er lernte neue Menschen kennen, meinte er. Coke macht viel Blasen im Glas, es bleibt aber nicht viel übrig, lachte er. Er lernt, Zeit zu nehmen, auch für seine Schwester, die selten auf ihn schaut. Er lernt, sagte er, nicht als Sohn oder als Ehemann zu leben. Er lernt, dass andere auch lernen müssen, mit neuer Situation selbst zu Recht zu kommen. Er lernt, dass er nur die Hände ausstrecken muss, um Freiheit zu nehmen. Freiheit zu nehmen, um optimistisch zu sein. Er fragte mich, ob ich jemals das Gefühl hätte, dass es eine Freiheit ist, nur Entscheidung für sich selbst treffen zu können? Er lernt, Entscheidungen zu treffen aus einem freien Willen anstatt aus einer Abhängigkeit.

 

Den Life Balance Tee habe ich meinen Bruder empfohlen, einen gerösteten Tie Guanyin zu trinken. Ein gerösteter Tie Guanyin spendet Energie und Wärme. Oder einen Paochung, der Einsteiger mit Düfte und eleganten Aromen verführt. Aber Liefe Balance schafft der Tee allein nicht. Er lachte im Skype.

Wir hatten das Gefühl, dass wir wirklich Bruder und Schwester sind. Wir waren fast überzeugt, dass unser Leben in guten Bahnen verlaufen wird und alles zu Guten wenden müsste.

Hallo, Isar!

„Hallo, Isar!“ grüsste die kleine Mirella den geliebten Fluss. Mit ihrem Vater gingen wir Isar am sonnigen Nachmittag grüssen.

Die kleine blonde Mirella drehte ihrem Rücken zu mir, wenn sie mich sah. Ihr Vater erklärte mir, dass sie eigentlich Menschen beobachtete indem sie ihren Rücken zeigte. Ich kenne es, liebe Mirella, ich bin genau so wie Du. Ich schaue Menschen gerne aus dem Augenwinkel anstatt in die Augen. Denn das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist. Hoffentlich verlernst Du es nicht während Du erwachsen wirst. Wir gingen zu Isar. Auf einmal vergaß Mirella, dass ich eine Fremde bin für sie. Sie ließ mich tragen – an der Isar. Liebe Mirella ich liebe Fluss genau wie Du, denn ich bin am einen Fluss aufgewachsen, der jedes Jahr Überschwemmung verursachte und mir durch seine jährige Wiederholung das Respekt vor der Natur vermittelte. Das blonde Mädchen ist nobady, unbeschwert schrie sie nach Isar, sammelte Blätter und jammerte vor Hunger. Das kleine Nobody hat unbegrenzte Möglichkeiten, alles Mögliche zu werden. Nur ihr Mut und Phantasie wird ihr eine Grenze setzen, wie sie somebody wird. Irgendwann wenn sie somebody wird, wird sie vielleicht genau das schreien, was Ulrich Rückriem sagte, „ich will nur noch wegfliegen.“ – und nur noch Vögel verschenken anstatt „anständige“ Kunst zu produzieren, um zu verkaufen.

Das Wiedersehen mit Isar war von Götterspeise veranlasst. Ein 2tägiges Teeseminar für Freunde und Crew zu gestalten war ein besonderer Auftrag. Wieder unterschiedliche Menschen zu begegnen, Kaffeetrinker, Raucher, Italiener, Türke und Ureinwohner aus Bayer treffen sich wegen Tee. Die besondere Begegnung mit dem Schriftsteller Paul Zucker und seine Frau waren eine „un-zufällige“ Überraschung. Wegen seiner Beziehung zur Chocolaterie kam der Auftrag eine Schokolade Ausstellung das schwarze Geheimnis auf ihm zu und mit Faszination und Leidenschaft erzählte er mir, wie die Geschichte um das schwarze Geheimnis immer größer und breiter wurde. Was steckt denn alles hinter dieser dunklen bitteren und klebrigen Masse? Was für eine Sehnsucht könnte durch diese zähe aromatische Flüssigkeit erweckt werden? Was für Geheimnisse könnte durch das Verschmelzen von Kakaobutter gelüftet werden? Was für einen Gegensatz ist der Tee, der uns widerspiegelt in seinem klaren Aufguss?

Schoko-FalamencoSchokoflamenco mit Joaquin Ruiz in der Ausstellung von „Das schwarze Geheimnis.“

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar, wiederholte ich immer wieder in den zwei Tagen. Die Augen spielen bei Tee oft eine betrügerische Rolle. Ein guter Tee manifestiert sich selten durch die perfekte Form und Farbe, sondern durch die klaren Düfte und Nuance wie ein Fächer, der uns Schicht für Schicht klärend öffnet. Geheime Sprache des Tees könnten nur gelüftet werden, wenn das Herz sie durch das Verschmelzen von Tee und Menschen zuhört. In dieser Verschmelzung sah ich manchmal nachdenkliche Gesichter, manchmal fragende Augen und manchmal erleichtertes Lächeln. In dieser Entdeckungsreise funktioniert das Konzept von Schwarz und Weiß, von Richtig und Falsch, von Stark und Schwach nicht mehr. Was ist denn ein guter Tee? Wie muss man den Tee zubereiten? Wie sollte man denn welchen Tee trinken? Es gibt kein Muss, kein Faustregel und keine Grenze. Das gewöhnliche Denken ist ins Schwanken geraten. Jemand fragte mich, ob es erlaubt sei, Zucker im Tee zu süßen. Meine Antwort lautet: „Was nicht erlaubt ist, mache doch einfach heimlich.“ Alle lachten, aber nachdenklich.

Ein Tee muss meine Erwartung gar nicht erfüllen. Er ist so wie er ist. Es gibt keinen falschen Tee, nur ein Tee am falschen Ort. Das gleiche gilt beim Menschen – man ist so wie man ist in Ordnung. Nur Mut und Phantasie entscheiden unsere Entscheidung, was wir erleben. Ich hoffe, dass ich genügend Mut besitze, mich zu entscheiden für die Freiheit, die Tee mir vermittelt.

Selten gibt es so großzügige Menschen wie das Wirt-Ehepaar Henseler. Sie haben sich nicht nur um die Weiterbildung und Wohl ihrer Crews gekümmert, sondern auch um mich. Reichlich beschenkt, gastfreundschaftlich empfangen und herzlich umgegangen. Ich war in guten Händen – es war mir ganz sicher.

In guten Händen war ich auch bei Cenk und Esra. Ihr neues Zuhause gab der wandernden Seele ein Hauch der Geborgenheit und des Familiäres. Seltsame wunderbare Freundschaft zwischen unbekannten Menschen aus verschiedenen Erdteilen, sie sind nur zusammengeführt wegen einem wunderbaren Pflanzen namens Tee…Das Zugvögel wandert weiter. Vergeblich wartet es auf den Nordwind, der es vielleicht endlich zur Ruhe bringt. Vergeblich und unter Zugzwang. Ein Zugvögel hat eben das Schicksal als Zugvögel.

Das schöne Gefühl, dass mein Leben von guten Händen gelenkt wurde, brachte mich beinah zu weinen. Ich war in diesem himmlischen Gefühl, dass sich alles zu Gutem wenden kann – den Abschied von der Isar und meinen Freunden genommen zu haben. Der Zug fuhr punktlich ab.

Götterspeise

Götterspeise

Was hat eigentlich eine Chocolaterie mit Tee gemeinsam?

Die bittere, süsse, intensive, klebrige Masse hat eigentlich mit dem klaren erfrischenden und flüssigen pflanzlichen Brühe nichts zu tun. Aber das sinnliche, zauberhafte und Sehnsucht erweckende in den beiden Getränke verbinden nicht nur Menschen und Phantasie, sondern auch Menschen untereinander!

Teeseminar für eine „Szene“-Chocolaterie in München war eine bereichernde Erfahrung für mich. Es war ein wunderschönes Wochenende mit Götterspeise und Co. (Friends)!

Götterspeise

Jahnstrasse 30

80469 München

089-23887374

Laos und Tee

Liebe Menglin

Ich bin in Luang Prabang, Laos und geniesse the slow pace of life in
diesem sehr schoenen alten Koenigsstadt mit alten Tempeln eingebettet
in einer praechtigen Landschaft.
Ausnahmsweise trank ich zum Fruehstueck Laos Kaffee, da ich dachte,
dass es keinen guten Tee gaebe. Weit gefehlt, am zweiten Tag empfahl
mir der Kellner Laos Green Tee, der sehr gut schmeckte. Ich konnte es
nicht glauben. Wie der Tee heisst, konnte er mir nicht sagen. Ist es
Laos Cong Shui Xiang Oolong oder Old Bush Water Sprite? Diese Namen
fand ich im Internet. Falls du Informationen zu Tee aus Laos hast,
wuerde mich das sehr freuen.
Herzliche Gruesse aus Laos

Joseph

Das 1. Lebenszeichen von Joseph erfreut mich sehr. Aber den Tee, den er beschrieb, kenne ich leider nicht. Kennt Ihr den Tee aus Laos? 

Teemanufaktur

Von Ulrich bekam ich die Meldung, dass ein unbekannter Fan von diesem Blog im hohen Norden für Tee und Teekultur einsetzt.

Teeseminar bei Teemanufaktur von Frieder:

http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=080904025&phrase=teemanufaktur

Ich liebe zwar Insel, aber bin noch nie im hohen Norden. Der Nordwind hat mich vergessen. Zugvögel nehmen mich nie mit. Wahrscheinlich finden sie mich zu schwierig und zu zerbrechlich. Ich könnte im hohen Norden frieren.

Wann wandern denn Zugvögel wieder? Es ist wieder die höchste Zeit.

Da Hongpao 2008

Der Herzen weich klopfende Da Hongpao 2007 ist komplett ausverkauft – seit einem Monat. Einen Jahrgangsdahongpao zu suchen war mir lästig. Lästig, weil eine Erwartung zu erfüllen im Wege steht.

Meine Ungeduld war von Geburt an nicht zu übersehen. Einmal provozierte ich meinen Vater so sehr, dass er mich als Säugling auf den Boden warf. Denn meine Mutter war zu langsam mich zu stilen. Wünsche nicht ins Leben umzusetzen könnte ich nie lassen. Dinge, die stockend kreisen, machen mich oft fertig. Diese Art des Umgangs stößt oft beim Tee an der Grenze. Weil Tee unberechenbar ist. Die Suche nach einen einfachen und guten originalen Da Hongpao 2007 war schwer genug, und nun einen, der mindest so gut ist wie der letzte…

Das Business mit dem Tee ist eigentlich eine Männerwelt. Es hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern mit der vorhandenen Arbeitsstruktur. Die Event Olympia hat alle Transport aus China durcheinander gebracht. Die Verspätung bringt das Lieferplan durcheinander. Das mangelnde Bewusstsein von sorgfältiger Verpackung in China sorgt mir oft Wutanfall. Ich kann es nie ertragen, wenn eine Lieferung von mit Mühe und Anstrengung hergestellten Top-Teesorten halb kaputt nach Europa ankommt. Alle Mühe und Sorgfalt des Teebauers und Teemakers, meine Hoffnung, meine Mühe und meine Kraft, um einen guten Tee zu finden werden in diesem Moment für nichtig geklärt. Weinen kann ich in diesem Moment nicht, aber Wut sprudelt. Aus Wut und Emotion mache ich meistens nichts. Wenn die Welle vorbei ist, schreibe ich ein sachliches Email, um dem Lieferant klar zu machen, dass das Geld nicht ankommt. Hoffentlich sind sie scharf auf das Geld, dann wäre diese Methode gut, um guten Tee vor Grobheit des Arbeiters zu retten. Chinesen sprechen gerne in Taiji-Stil – einen Kreis in der Luft um die Sache malen und hoffen, dass der Geschäftspartner nachgibt und sich outet. Von einer Frau erwaten sie eine „anmutige, anschmiegsame“ Art. Leider kommen sie mit ihrer Art bei mir nicht weiter. Es fällt einem in dem Moment schwer sich klar zu positionieren – denn man muss wissen, was man will und ehrlich zu dem, was man für richtig hält, aber auf Dauer vereinfacht dieser klare Umgang die Zusammenarbeit. Gute Arbeit wird belohnt, schlechte Arbeit gibt es kein Geld. Diskussion und Missverständnisse werden gespart, während Respekt wächst.

 

Die Jagd nach einem guten Tee kann nur gut laufen, wenn der Lieferant in China Respekt vor dem Publikum im Westen hat. Wenn das Respekt mangelt, könnte irgendein Longjing als Original Longjing angeboten werden. Ein Konsument hier könnte es nicht wirklich überprüfen, dass die Angabe der Originalität stimmt. Wenn meine Arbeitsweise nicht klar wäre, wäre dieser Brücke nicht möglich. Man weiß, was man von einander zu erwarten hat. Auf dieser Basis entsteht Vertrauen und Respekt, was beide Seiten wohl tut. Das ist eigentlich das, was wir beim Menschen und im Leben suchen.

Da Hongpao, der bekannteste Felsentee in Wuyishan. Bekannt für seine Heilwirkung – Stoffwechsel anregend und entschlackend. Menschen, die Energie bräuchte für Kopf und Kraft, könnte von diesem Tee unterstützt werden. Die beste Zeit, Da Hongpao zu trinken, ist nach einer Mahlzeit oder morgens – nur nicht im leeren Magen.

Drei Da Hongpao wurden degustiert. Da Hongpao 2007, Da Hongpao 2008, Da Hongpao 2006 von Mingcha. Der Felsengeschmack kam von Mingcha am undeutlichsten zum Ausdruck, während die anderen beiden Da Hongpao ihn eindeutig zeigten. Fruchtig in der Zunge, leichtblumig und süss in der Nase, starke Röstung manifestiert der 2008er in der kräftige Farbe. Der langhaltige Abgang voller Felsennote und klärender Herbe. Ich spürte, wie die Augen klarer werden und Wirbelsäule sich richtet. Das schönste und faszinierendste Moment! „Das ist es!“ Der 2007er ist lieblicher, weicher und anmutiger – durch die Lagerung. Der 2008er ist im Vergleich wilder, gerade und kompromisslos. Seine klare Position macht ihn wirklich zu einem Felsentee!

Der Duft einer Blume

Ich kam gerade von einem wunderschönen Kino, Hanami und lass die zwei Kommentare von Romeo und Suzanne. Das Thema des Verlustsgefühls und des bewussten Lebens verbindet die beiden Kommentare und ebenfalls das Kino.

 

Im Garten von Carola fragte sie mich, was ich machen würde, wenn heute mein letzter Tag am Leben wäre. Sie sagte, sie würde Dinge nie mehr verschieben, weil sie den Abschied eines wertvollen Freundes verpasste. Ich würde alle Menschen anrufen, die mich einmal zähmten, ihnen zu wünschen, glücklich zu sein. Die Liebe, die man einmal empfunden hat, geht nie verloren. Es wird nur anders, es wird anders aufbewahrt im Garten. Und wenn der Körper erlischt, wird alles zu Sternchen im Himmel verwandelt – hoffe ich. Meine Leute könnten dann die Sterne anschauen und sich glücklich fühlen.

 

„Man läuft Gefahr, ein bisschen zu weinen, wenn man sich hat zähmen lassen…“ schrieb Antoine de Saint-Exupery als Ich-Erzählter im „Der Kleine Prinz“. Es ist beim Tee so: man lernt ungeplant ihn kennen; man lässt sich unbemerkt zähmen, bevor man sich wehren kann; man nimmt ungewollt hin, dass man nun ohne ihn auskommen muss. Aber würden wir ohne Duft eines Tees und seine Nebenwirkung weiter leben? Wie schaffen wir den Duft und die Sprache des Tees  zu vergessen?

 

„Ich kenne einen Planeten, auf dem ein puterroter Herr haust. Er hat nie den Duft einer Blume geatmet. Er hat nie einen Stern angeschaut. Er hat nie jemanden geliebt. Er hat nie etwas anderes als Additionen gemacht. Und den ganzen Tag wiederholt er wie du: Ich bin ein ernsthafter Mann! Ich bin ein ernsthafter Mann! Und das macht ihn ganz ungewollt vor Hochmut. Aber das ist kein Mensch, das ist ein Pilz.“ (S. 27)

Wir wollen nicht Pilz sein. Zum Glück lernen wir den Duft einer Blume zu bewundern und die Schönheit der Schöpfung einzuatmen. Ohne Sich Zähmen zu lassen geht es wohl nicht.

„Wenn einer eine Blume liebt, die es nur ein einziges Mal gibt auf allen Millionen und Millionen Sternen, dann genügt es ihm völlig, dass er zu ihnen hinaufschaut, um glücklich zu sein…“weinend erzählte der kleine Prinz. „Ich habe das damals nicht verstehen können! (…) Sie duftete und glühte für mich. Ich hätte niemals fliehen sollen! Ich hätte hinter all den armseligen Schlichen ihre Zärtlichkeit erraten sollen. Die Blumen sind so widerspruchsvoll! Aber ich war zu jung, um sie lieben zu können.“ (S.31)

der kleine prinzDer kleine Prinz liess sich von einer schwierigen Blume zähmen, die ihm mit Worten quälte. Beim Abeschied entschuldigte sie für ihre Dummheit und gestand ihm, dass sie ihm liebt. (S.32)

Naja, so ist es mit dem Zähmen. Wer könnte ohne Duft einer Blume oder Tee morgens aufwachsen, könnte sich das Weinen nach dem Zähmen ersparen. Als ein gewöhnliches sterbliches Wesen bevorzuge ich das Weinen. Und der Tee, der nicht immer verfügbar ist, ist eben eine Rarität. Fast einzig, ebenfalls wie bei Menschen.

„Die Menschen bei dir zu Hause“, sagte der kleine Prinz, „züchten fünftausend Rosen in ein und demselben Garten… und doch finden sie dort nicht, was sie suchen…“

„Und dabei kann man das, was sie suchen, in einer einzigen Rose oder in ein bisschen Wasser finden…“

„Aber die Augen sind blind. Man muss mit dem Herzen suchen.“ (S.79)

Antoine de Saint-Exupery: Der Kleine Prinz. Zürich-Hamburg 2006.