Archiv für den Monat Mai 2008

Wie muss ein Gyokuro schmecken?

Oft wird es beschwert, dass der japanische grüne Tee fischig und spinatartig schmeckt. Im meinen Seminar giesse ich gerne zwei Gyokuro auf, die Teilnehmer zeigen sollen, wie ich unter einen guten Gyokuro verstehe. Dann wurde ich mehrmals konfrontiert, dass „mein“ Gyokuro eigentlich nicht nach der gewöhnlichen Vorstellung des Gyokuro schmeckt, sondern das andere „schlechte“ Beispiel.

Ein Gyokuro, der nach dem Aufguss bald trüb wird, ist ein fehlerhaft hergestellter grüner Tee. Wenn das Erhitzen problemlos und ausreichend verläuft, darf er gar nicht trüb werden. Er wird trüb erst nach minutenlangen ziehen. Ein Gyokuro, der fischig schmeckt, ist zu stark gedünnt. Er schmeckt nur nach Dünnmittel, anstatt nach dem Teepflanzen!

Um diese Frage aufzuklären reiste ich in die Innenschweiz. Dort gab es Degustationen und Diskussionen, was ein Gyokuro sein sollte. Nach der intensiven Gyokuro-Auseinandersetzung konnte ich in dieser Nacht nicht schlafen und bekam sofort eine richtige Migräne… Ach, wie gesund ist der Tee? Wie gesund leben die Teataster? (Natürlich sollte man bei der Degustation den Tee nicht schlucken…)

Mehrere Proben von besten Beispiele wurden degustiert. Welche von konventionellen Anbau, welche von Nakai Organic Teegarten. Obwohl sie alle Gyokuro heissen, zeigten sie uns unterschiedliche Richtungen des Teeverständnis des Teemakers. Viele schmeckten eindeutig fischig und waren sofort trüb nach dem Aufguss. Einen grünen Tee, der einfach nach dem Frühlingsblatt schmeckt, war in meisten Tassen nicht zu finden. „Fisch-Assoziation“ war sehr präsent. Muss es sein? Nein. Ein guter Gyokuro schmeckt nach feinem Nori (gerösteter Algenblatt), aber nicht nach Fisch-Gestank. Ich verstehe den japanischen Tee nicht besonders gut. Mein Zugang kommt vom Oolong aus. Wenn alle Prozesse richtig passieren, ist der Aufguss klar und die Farbe leuchtet. Der Geschmack ist sauber und beflügelnd, anstatt schwer und undifferenziert. Es ist beim Kaffee so, ist beim Wein so und ist beim Gyokuro wohl ausnahmelos so.

Persönlich bin ich kein begeisterter BIO-TEEFAN. Bio-Siegel spielt bei mir keine Rolle, der Tee muss für sich stimmen. Oft erlebe ich, wenn ein so gennanter Bio-Tee in guter Hande produziert wird, könnte ein wirklich lebendiger und hervorragender sein, als ein Tee aus konventionellem Anbau. Die Tees aus Nakai Teegarten sind solche Exemplare. Das Süsse des Gyokuros, das elegante Frische des Frühlingsblatt und das erhebende Gefühl nach dem Genuss begeisterten Anwesenden Tee-Profis. Natürlich gefiel mir der Tenka-Ichi aus Bern besonders gut! Sanft, elegant, süss, salzig und ein nachhaltiges fesselndes Bleiben im Mund. Ein ausgezeichneter Mainstream-Gyokuro – ein Gyokuro, den jeder nie übersieht. Für mich war er ein wirkliches Meisterwerk in seiner Kategorie. Der Preis: 50g für 70 Sfr!

Wahrscheinlich existert überall das gleiche Problem: der Mainstream-Geschmack und der Geschmack eines individuellen Teemakers. Warum sollte man keinen Gyokuro produzieren, den jeder sofort erkennt und kauft? Warum will man einen Gyokuro produzieren, der anders und nur nach duftendem Frühlingsblatt süss und frisch schmeckt? Das ist wohl nicht nur ein individueller Stil, sondern eine Lebensentscheidung eines Handwerkers.

Heilen mit Tee, ein Buch

Buch Heilen mit chi. Tee

Als ich in letzter Woche das Buch zur Hand bekam, war ich richtig stutzig!

Einerseits finde ich super, das Buch wieder publiziert zu sehen; andererseits erschrak mich diese Abbildung auf der Titelseite richtig!!

Was für ein Verständnis hat der Verleger, Disigner und Autor von Teetrinker?

Zum Glück bin ich nicht mehr an der Uni und Semiotik ist nicht mehr meine Spzialität. Was hätte Roland Barthes dazu sagen wollen? Wieder ein Mythos im Alltag!

Zuerst war ich sutzig und dann nur Schmerzen spüre ich. Teetrinker gehören zur gewissen Exoten in Deutschland. Entweder wird Tee als geheimnisvoll vermarktet oder als Wellness-Werkzeug. Der Teetrinker werden häufig als Austseiger oder als Esoteriker abgebildet – wie hier. Leider kenne ich selten solche Typen und ich selbst bin ganz bodenständig.

Warum sind wir als Teetrinker über solche „Unterstellung“ und „Kategorisierung“ nicht wütend?

Das Buch finde ich trotzdem lesenswert. Der inzwischen verstorbene QiGong Meister Wu Runjin vermittelt uns ein interessantes Aspekt zum Tee, anders als nur Wellness- und Vitaminen-Verständnis.

Heilen mit Tee

Wu Runjin und Dr. Erika Alice Haase

Windpferd Verlag

Neu erschienen im März 2008, 14,9 €

Ein sehr guter Frühlingstee

Liebe Meng-Lin Chou,

…..

Mir brennen zwei Fragen auf den Lippen, die ich selbst nicht so recht beantworten kann. Ich bin mir sicher, Sie können mir bestimmt helfen. Sie schreiben, im Frühling ist es sinnvoll Blütentee, wie Jasmin und Osmanthus Oolong zu trinken, um das Yin, also die Kälte vom Winter rauszulassen und das Yang zu stärken.

Was verstehe ich genau unter Jasmintee und Osmanthus Oolong?

Oft wird als Jasmintee grüner Tee verkauft, welcher Jasminblüten für den Aromatisierungsprozess gesehen hat, aber keine Jasminblüten mehr aufweist. Versteht man daher richtigen Jasmintee nur als reinen Blütentee?

Wie ist das mit Osmanthus Oolong? Was ist der Unterschied zwischen einem Osmanthus Oolong und einem „normalen“ Oolong, der für den Herbst empfohlen wird?

….

Welche Tee sind noch sehr gute Frühlingstees?

Viele liebe Grüße aus London.

J.

Spätesten ab der Ming-Dynastie (1368-1644) wurde die Herstellung und das Mischen zwischen Blüten und Tee (Camelia Sinesiss) dokumentiert. Tee nimmt gerne fremden Geruch an und der fremde blumige Geruch verleiht den Tee eine andere interessante Nuance. Energetisch wird es häufig in der chinesischen Medizin erklärt, dass Blumentee oft anti-depressive, beruhigend und harmonisierend wirkt. Natürlich wirken jede Sorte anders:

Jasminblüte: 

Geschmack: scharf, wärmend, lieblich und leicht bitter – chinesische Medizin spricht immer zuerst über den Geschmack des Kräuters und dann aus diesem Standpunkt seine Wirkung. Geschmäcke wirken heilend. 

Wirkung: Leber-Feuer sedierend (wer häufig Wut-Anfall hat…), Qi-bewegend (emotionale Blockade) und Schmerzlindern, Schlaffördernd and Gemüt-ausgleichend. – den Tee könnten alle gebrauchen.

Osmanthusblüte

Geschmack: lieblich, wärmend, leicht scharf.

Wirkung: wärmend und schleimlösend. Die Wirkung zieht gezielt auf Lunge Bereich – im Herbst besonders günstig. Im trockenen Klima wirkt ein Tee mit Osmanthusblüte befeuchtend im Atemweg.

Natürlich könnte man einen reinen Aufguss nur mit Blüten machen – das wird ja im Europa bereits seit Jahrhunderten praktiziert. Eine Mischung zwischen Tee und Blüte sollte außer der eigenen Wirkung der Blüten noch verstärkend wirken. Eine Mischung zwischen grünen Tee und Jasminblüte hat eine harmonisierende Effekt, weil der grüne Tee (Yin) und der Jasminblüte (Yang) ziemlich gut ausgleicht. Es wirkt auf das Gemüt entspannend, aber geistig klärend. Es gibt verschiedene Sorte von grünem Tee. Wichtig dabei ist, dass der Tee richtig hergestellt ist und von einer guten Qualität.

Ein Osmanthus-Oolong ist ein Oolong mit Osmanthusblüte, dessen Produktion eigentlich erst im Herbst erhältlich ist. Aber heute wird dieser Oolong mit Parfüm gemacht – darüber habe ich bereits viel mit meinen Klienten heftig diskutiert. Ein natürlich hergestellter Oolong ist im Westen gar nicht bekannt und lässt sich wohl kaum verkaufen… So ein Osmanthus-Oolong wird gerne in Taiwan im Herbst getrunken. Er befeuchtet die Lunge (wer ist Kettenraucher oder leidet unter Asthma?) und stärkt Milz (Verdauung). Das ist ein schöner Herbsttee. Selbstverständlich ist er nicht der einzige Oolong, der im Herbst zu emfpehlen ist.  

Ein guter Frühlingstee? Im Moment bin ich verliebt in Anji Baipian. Alle Besucher von mir werden mit Anji Baipian bombadiert. Ob sie alle diesen Tee so gerne haben, weiss ich nicht so genau. Aber seine leicht Neroli und Zitrus-Duft und seinen feinen geschmeidigen Aufguss vertreibt meine Frühlingsmüdigkeit. Diesen Tee trinke ich gerne nachmittags. Morgen starte ich wie gewöhnt mit meinem Dianhong oder Hongyu (Schwarztee – wärmend und aufbauernd). Das Frühlingsgefühl lerne ich erst hier im Europa kenne, auch das wechselhafte am Wetter und an Gemüt. In einem Sub-Tropischen Insel ist der Frühling selten aufzuspüren.

Der eiskalte Oriental Beauty – Tee im heissen Tag II

Im Sommer 1904 erlebte man auf dem Expo in St. Louis die unerträgliche Hitze einnes Rekordsommer. Der Teestand, dessen Aufgabe Amerikaner vom Grüntee zum Schwarztee verführen sollte, konnte kaum Publikum zum heissen Schwarztee überzeugen. Richard Blechynden musste dringend eine Idee finden, um seine Mission zu retten. Er schüttelte Eis in den heissen Tee, der sekundeschnell gekühlt wurde und sofort rege Zulauf fand. Das war der Anfang des Eistee.

1980 war der Verbrauch vom Eistee mind. dreifach höher als der heisse Tee. Lu Yu hätte wohl nie gedacht, als er Cha Jing schrieb. Er hätte nie gedacht, dass man aus dem heissen Zaubertrank zum kalten Durstlöscher revolutionieren würde. Er hätte nie gedacht, dass diese Verwandlung ein riesen Bussiness versprechen könnte!

Für einen Fossil-Chinese ist der Genuss mit eiskalten Dingen immer mit Vorsicht geboten. Aber in der modernen Zeit ist der eiskalte Genuss ein Versprechen von Frischen und Fortschritte.

In Taiwan wird Tee im heissen feuchten Sommer auch gerne kalt getrunken. Unser Rezept wäre: 2 Liter Wasser im Zimmertemperatur und 30g Oolongtee mischen. Direkt in den Kühlschrank 6 Stunde ziehen lassen. Die Teeblätter werden danach gefiltert. Der fertige Tee könnte man für 3 Tage im Kühlschrank aufbewahren.

Mein Lehrer in Taipei hat am liebsten den eiskalten Oriental Beauty im unerträglichen Taipei-Sommer. Die honig Note und feine fruchtige Nuance vertreiben die nervigen Hitze und Plage sofort aus dem Kopf. Was bleibt, ist der königliche Genuss wie die einstige Viktoria!

Wenn man gerne das Volkssport im Mitteleuropa treibt, könnte man den Eistee im Eisfach kühlen lassen. Vor der Abreise zum Wandern wickelt man ein Tuch um die Plastik-Flasche. Bei der Wanderung taucht der langsam auf und das inzwischen eiskalte Tuch gleicht den Genuss von Osibori (ein Tuch für Kunde um sich zu erfrischen, meistens eiskalt oder heiss) in einem richtigen japanischen Restaurant!

Natürlich könnte man den königlichen Genuss bis ins Details nachmachen. Zucker im Tee war die Machtdemonstration der einstigen Zeit. Das goldwerte Zucker und der rare Tee aus China präsentierte eine Mischung von dem außerirdischen Genuss und der Sehnsucht nach Paradies. Heute ist jeder der König in eigenem Schloss und der königliche Genuss ist heute richtig volksnah!