Sebastian sagte mir bei seinem letzten Besuch, was das Wort Sünde tatsächlich in Hebräisch bedeutet. Er malt mir ein Bild von einem Schützer aus, der seinen Bogen weit spannt und das Pfeil ansetzt. Aber er verfehlt sein Ziel.
Das sei eine Sünde, wenn das Ziel verfehlt ist.
Als ein junger Mensch aus der einst kolonialisierten Welt pflegte ich eine ambivalente Beziehung zum Christentum vor allem mit der Vorstellung von Verführung und Sünden. Wer definiert was eine Trennung zwischen mir und dem Gott sein sollte? Und wer hat das Recht wem zu verurteilen? Diese Fragen begleiten mich Jahre lang auf den Weg. Eine Antwort war nicht mehr nötig, als ich bei mir angekommen fühlte.
In diesem Sommer hörte ich zum ersten Mal Die Rosenkranz-Sonaten von Biber. In der ehemaligen Bosswiler Kirche war mein Herz gefüllt voller Mitgefühl. Die Schmerzen und Leid des Jesus waren getragen von der bedingungslosen Liebe, die Menschen zu Menschen überreichen. Was war verfehlt und wer war gescheitert? Nichts.
In Ezechiel sehe ich oft das einstige Ich. Ein Jünger auf dem Weg der Suche. Wir haben oft schöne Gespräche über die Welt und den Tee. Er hat einen Hang zur Schönheit, versucht aber diese unklärbare Zuneigung mit der rationalen Begründung von Zweck. Er bringt oft ein Argument und dann wieder eine Gegenargument, während er erwartet, dass alles von mir widerlegt werden. Letztes Mal fragte er mich, was ist, wenn man jemandem das ganze Herz gibt und es schmerzt? „Wenn man liebt, dann liebt man mit dem ganzen Herzen. Wenn es nicht erwidert wird, dann tut es einfach weh. Aber nicht mehr. Keine Konnotation.“ Ich dachte an jenem Moment an meinem Zen-Lehrer Michel, als er vor Schmerzen der Krankheit geplagt war und weinte. Er sagte mir, „ich habe Schmerzen, bin aber nicht elend.“
Als ich am Sonntagabend in die Winterlandschaft zurück kam, machte ich mir ernsthaft Sorgen um meinen kranken Fuss. Wie sollte dieser wackelige Fuss sichere Schritte auf dem eisigen Boden machen? Angst vor Verfehlen des Ziels kam hoch und nahm fast Ueberhand. Vorstellung von Verfehlen des Ziels und Scheitern bewegten mich bald in einen Gedankenkarussel. Um es zu aufzulösen machte ich mir einen Lao Ban Zhang. In seinem streng und konzentrierten Aufguss spürte ich so bald die Kraft eines sehr alten Baums. Tief verwurzelt und unbeweglich in seiner Aufrichtigkeit. Ich schmecke den Ruf aus dem tiefen Meer, Seetang, Muscheln und etwas ganz uraltes aus dem tiefen Grund. Das intensive und herben Charakter wirkt wie ein Pfeil, der in einem Bogen gespannt wurde. Es ist bereit loszulassen, egal ob das Ziel verfehlt wird oder nicht. Es gibt bestimmt eine zweite Chance.
Ezechiel erwarb eine Yixing-Kanne, eine wunderschöne, von der ich mit schweren Herzen trennte. Seine Entscheidung sah nicht ganz handfest auf, wackelig. Ich beobachtete und übte Geduld. Dealen ist eine einfache Sache, aber vielleicht ist meine Art von Dealen zu männlich. Ich mache immer blitzschnelle Entscheidung, während Ezechiel stets an seine Wahl zweifelt. Er ging bereits vor der Tür und drehte wieder einmal um, „ABER, WENN…“ Ich schrie – wirklich – schrie zu ihm, „Jetzt gehe!“ Hei, Junge, Du verfehlst Dein Ziel in Deinem Intellekt…
Irgendwann wollte ich Sebastian in seiner Welt hinter der Mauer besuchen, dann werde ich ihm diesen Lao Ban Zhang mitbringen. Sünde oder Scheitern gehören zum Leben. In diesem Lao Ban Zhang weiss ich, dass es immer eine zweite Chance gibt.
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Auf verwachsenem Pfade
Janacek schrieb den Zyklus „Auf verwachsendem Pfade“ (1901-11) für seine Tochter Olga. Er schrieb in seinem Brief über das Stück So Namenlose Bang »Sie hören in diesem Werk vielleicht das Weinen, die Vorahnung eines sicheren Todes.« Als Erinnerung an einem Spaziergang mit seiner geliebten Tochter komponiert er die 10 Stücke zu einem Zyklus, ein Notiz über einen Rundgang um den Wald und die nächtliche Trauer eines Vaters.
Bangwei 2012 hat in Shui Tang einen kosen Name, „Der Fusstee“. Im Juli sagte You, dass dieser Tee aus Bäumen von mehr als 700 Hunderjahren alt sein sollte. Ich sollte ihm glauben, tue aber nicht wirklich. Bis ich paar Wochen später den Fuss verletzte und nicht mehr auf meine eigenen Beine stehen kann. Auf einmal wie ein Blitzschlag spüren die Beine die Kraft eines Baumes und ich fühle mich tief verwurzelt, verwurzelt auf diesen schweizer Boden.
Ich scherze immer, dass man mich leider nicht zu einem Bonsai schneiden kann – nicht mehr. Dann fragt mein Gegenüber mich oft, was bist denn Du? Ich antworte gerne mit Schalk, dass ich Orchidee sei. Orchideen sind Parasiten. Sie lehnen sich auf hohen Bäume und ernähren sich selbstständig. Ich sei der Orchidee, parasitär und der Baum ist die Schweiz. Mein schweizer Gesprächspartner sind oft sprachlos und ich habe meinen Spass.
Tee, aus 800jahren alten Baum… Wie schmeckt er denn? Kann man sich vorstellen? Wenn er so alt ist, ist er streng und harzig?
In diesem Tee duftet es. Er duftet nach einer Blumenwiese. Ich atme tief und riech die Sonne und das Licht. Nach dem zweiten Schluck schmecke ich Kräuter und Heublumen. Der Aufguss ist dickflüssig und fein. Ein dezenter floralen Abgang balsamiert meinen Gaumen. Weich und phantastisch! Welch ein Traum! Ist es nicht der Shakespeares Sommernachtstraum? Ein Theater mitten in einem Wald, wo die menschlichen Welt und das Elfenland in einander verschmolzen ist. Ein Tor zu nirgendwo.
Ein Tor, der uns in eine andere Welt leitet. Ein Wald, verwachsen von Moos. Laub raschelt und dünne Äste knirschen. Ein Spaziergang mit dem Vater, geborgen und beschützt. Der sanfte Boden schonen die Füsse und die Bäumen führen. Es wird dunkel und die Nacht nähert sich. Das Käuzchen ist nicht fortgeflogen! Das Vogel fliegt nicht weg und starrt bis in die tiefen Nacht in den dunklen Wald! – So beendet Janacek sein Stück und lässt mich alleine in diesem Finsternis. In diesem Wald zu passieren wie bei einer Tasse von diesem Bangwei in die Höhe und Tiefe. Vom Moss getragen, ideal für eine sanfte Landung, geführt von Baumwurzel und begleitet von schwatzenden Vögeln spazieren in diesem Wald ist wie der Gang durch das Leben. Nur Ueberraschungen, anderes als der Tod!
Bangwei 2012

Kommentare demnächt.
Pu Er, ein Getränk einer neuen Zeit IV
Es gibt Gerüchte, dass man diesen Pu Er Tee in Höhlen aufbewahren soll. Das feuchte warme Klima Yunnans begünstigt die Lagerung von Pu Er, ist aber nicht absolut. Für mich sind die Kriterien wie Sauberkeit, kostante Temperatur, keine Schwankung von Feuchtigkeit von Bedeutung. In Höhlen aufbewahrte Tees hören sich bestimmt mystischer an, bilden allerdings für meine Ohren eher wie Mythos. Auf dem Markt werden die Lagerungsmethoden zu zwei Begriffen unterschieden: Gan-Cang, trockene Lagerung; Shi-Cang, feuchte Lagerung.
Selbstverständlich schmecken Teefladen aus feuchter Lagerung älter als der gleiche Jahrgang von der trockenen Lagerung. Wenn der alt-schmeckende Geschmack der Grund ist, weshalb man den Pu Er trinkt, dann ist es sicherlich danach zu bevorzugen.
In der Aesthetik des Tees unterscheiden wir von Leichtigkeit und Schwere eines Tees. Die Eleganz eines Tees wird beflügelt von einer Leichtigkeit und Komplexität. Das Schwere hat nichts mit dem Komplexität des Körpers eines Tees zu tun, aber mit der Undurchsichtigkeit seines Geschmacks. Um diese Erfahrungen zu lernen, braucht man viele „gute“ Tees getrunken zu haben. Ein in Shi-Cang gelagerter Pu Er ist entsprechend schwerer als der gleiche Jahrgang von Gan-Cang.
Die meisten gut gereiften alten Pu Er stammten im 80er Jahren in Hongkong auf dem Markt. Das Wirtschaftswachstum Taiwans in 80er Jahren bracht eine Renaissance des Tees. Früher war Tee für den Export bestimmt, während der Tee Taiwans ab 80er Jahren für Binnenmarkt produziert wird. Der Durst nach Tee scheint mit dem satten Bauch zusammenhängend. Das wachsende Reichtum und Aufstieg des Mittelschichts liess Teekultur auf der Insel blühen. Irgendwann wurde Pu Er entdeckt. Der gut gereiften Pu Er aus Hongkong wurde von einer kolonialen Insel zu einer anderen Insel verschoben. Kurz vor 1997 wurden noch mehr Pu Ers auf dem Markt Hongkongs gespült und sie landeten meistens auf Taiwan. Nun sind Chinese selbst so weit, den Durst nach Pu Er zu erleben!Heute geht die Suche nach guten Pu Ers nach Taiwan anstatt nach China. Die Insel ist für die meistens Chinesen der sicherste Ort um den authentischen Tees zu kaufen als ihr eigenes Land. Unglaubliche Profite werden gemacht und die Suche im Netz oder auf dem Liebhaber-Teemarkt geht weiter.
Es scheint so, dass je reicher eine Gesellschaft wird, desto begehrter wird der Pu Er und Tee?
Einst waren Gewürze das Verbindungsglied zwischen Orient und Okzident. Um den Geschmack der Gewürze nachzugehen wurden neue Wege nach Indien geprobt und Amerika wurde entdeckt. Das Orient wurde erfunden als Geschmackslieferant und Paradies. Der Weg des Tees nach Europa entsteht aus diesem Kontext – Tee als eine Kolonialware.
Heute feiert das Teeclub in der Schweiz seinen 10jährigen Geburtstag und Special-Tee von Nestle sollte Gewinn versprechen und sorgt als Diskussionsstoffe. Warum gewinnt Tee gerade in einer Wohlstandsgesellschaft wie diese hiessige von Bedeutung?
Wie schmeckt denn eigentlich ein gut gelagerter alter Pu Er?
(Im Vortrag wurde ein Menghai-Fladen aus den 80er Jahren degustiert)
Nach Laub, nach Harz, nach Sandelholz oder Adlerholz, nach Erde oder Waldboden…
Es sind einfache unattraktive Geschmäcke, nicht wahr?
Es sind diese einfache unattraktive Note, die die chinesischen Teeliebhaber fesseln.
Warum?
Ich möchte diesen Vortrag mit der Geschichte von den vier japanischen Adeligen aus dem Anfang des Vorrtags beenden. Vielleicht sind die Dialoge fiktiv, vielleicht nicht.
Die vier Japaner kehrten nach 8 Jahren intensives Lernen von Katholizismus in Europa nach Japan zurück. Das Land wurde von Shonggun Hideyoshi regiert und die Christen befanden sich in einer schwierigen Zeit. Die Heimkehrer mit ihren Jesuiten-Begleiter wurden zu einer Tassen Tee eingeladen. Rikyu war der Gastgeber.
Hideyoshi (der Shongun) zeigte den Besucher die Shifuku, eine aus Seide gewobenen Hülle einer Teedose Shifuku und fragte die Gäste, wie sie diese Hülle fanden.
„Wahrscheinlich finden Frauen im Europa diese Hülle schön und würden Schmücke darin aufbewahren.“
„Ich verstehen nicht, weshalb Sie für Steine so viel Geld opfern!“ erwiderte der Shogun.
„Kein Europäer würde verstehen, weshalb man in Japan für das so viel Geld ausgeben.“
„Diese Hülle kann die Teedose schonen. Und die Teedose kann zumindest Tee aufbewahren. Aber Schmuck…sind doch nur dekorativ und nutzlos!“ Mit einem Schalk fragte Shongun seinen Besucher, „wie viel würden Sie für diese Teedose bezahlen?“
Eine Teedose (Chaire) von einem sehr berümten Teemeister, aus Ton und Asche…
„Nicht viel – ehrlich gesagt.“
Der Shongun lachte.
Der Teemeister Rykyu verbeugte sich tief und sagte, „Ja, unsere Gäste sind ehrlich… Denn es sind dumme Menschen, die fanatisch sind auf Tee. Nur diese dummen Menschen schätzen diese Dinge.“
Rykyu sprach weiter…
„Nur die dummen Menschen können die einfache Schönheit aus der Erde erkennen…“
————————————————————– erzählt von Kenichi Yamamoto.
Pu Er, ein Getränk einer neuen Zeit III
Wir, als Menschen, wollen Dinge munipulieren oder die Vorteile auf uns selbst begünstigen. An sich ist es nichts falsch. Es gibt einfach Konsequenz. Inteligente Konsumenten kaufen Bio und glaube an die Legitimation eines besseren Gewissen, aber die Szene einer neuen Plantage anstatt einem vorher vorhandenen Waldstücke ist medien-unwirksam – es wird gar nicht berichtet und was nicht berichtet gibt es in dieser Welt nicht.
Sollen wir nur Gushu Cha (Tee aus alten Teebäumen) trinken? Dann fallen die gierigen Bauer die Bäume, damit die Blätter bequemer zu pflücken sind! Sollen wir lieber Pu Er aus der Plantage (Taidi Cha) trinken? Damit noch mehr Plantage entstehen?
Eigentlich sollen einfach nicht so viele Leute Tee trinken!?
Eine Massenbewegung verkompliziert die Dinge!
Wie ist denn aber das Gefühl, einen wirklichen Tee aus Gushu über 1000 Jahre zu trinken? Einmal wurde ich von Chou Yu eingeladen und er bereitete mir einen unbekannten Tee zu. Das Gefühl, von Wasser und Wolken umgebend, der Körper wurde federleicht und die Ruhe und das sanfte Landung kehrten zurück im Herzen – ich bin angekommen… Worte wurde überflüssig. Sprachlos und zufrieden sassen wir angesicht zu angesicht. Selten kann man mit Menschen die Leere des Raums teilen. Stets wollen Menschen die Leere zwischen einander mit Worte, Musik oder neulich Düfte füllen… Aber in jenem Moment brachte der Tee aus einem 1200järigen Baum uns eine Leere, die mit absoluter Ruhe und Dankbarkeit gefüllt wurde…
Die Bäume im Wald wachsen so oder so, egal ob Menschen ihn begehren oder verspotten. Wenn er am Leben gelassen wird, vergisst er nicht in jedem Frühling seine Knospe zu treiben, um das Leben richtig zum Ausdruck zu bringen!
Um einen gut gereiften Pu Er zu erhalten, ist die Lagerung entscheidend.
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Nun muss ich zu einem Termin rennen. Der letzte Teil folgt hoffentlich in dieser Nacht.
Pu Er, ein Getränk einer neuen Zeit II
Das Millieu, wo die Teebäume von PU Er wuchsen, waren Mischwälder. Um Tee zu pflücken musste man zu Fuss ins Wald gehen, auf dem Baum klettern und wieder zu Fuss zurückmaschieren. Die Teeblätter wurden auf Holz gefeuerten Pfanne erhitzt und per Hand gerollt. Anschliessend unter der Sonne getrocknet. Nach einer gewissen Lagerung von den getrockneten Blätter wurden sie gedämpft und zu einem Fladen gedämpft.
Man entdeckt seit Jahrhunderten, dass sich diese Teefladen aus den Wälder Yunnans mit der Zeit an Tiefe und Vielschichtigkeit gewinnt. Diese gereiften gelagerten Teefladen gewinnen immer mehr Resonanz zwischen den chinesischen Teeliebhaber.
Da gelagerte und natürlich gereifte Fladen rar sind, ist eine HIlfsmethode Ende 50er Jahren entstanden. Diese Methode hilft, junge Fladen rasch alt schmecken zu lassen. Diese künstliche Methode – das heisst, die ursprünglich getrockneten Teeblätter wieder zu befeuchten und im dunklen und feuchten Räumen ruhen lassen, so dass eine bestimmte Pilze wachsen kann. Diese Methode bezeichnen wir als die so genannte Post-Fermentation Hou Faxiao. Der Tee ohne Post-Fermentation aus Yunnan heisst heute: Sheng-Cha – roher Tee. Der post fermentierte Pu Er heisst Shou-Cha – der gekochte Tee. Die Hou Faxiao Methode ermöglicht, einem frischen Tee künstlich schnell alt zu schmecken. Es bringt Konfusion auf dem teueren Pu-Er Teemarkt. Sie werden oft als natürlich gelagerten Pu-Er auf dem Markt für das teuere Geld verkauft. Selbst erfahrenen Teehändler und Sammler können nicht immer auf Anhieb das Original von der „Fälschung“ auseinander halten.
Nach dem Millenium entwickelt sich das Wirtschaftswachstum Chinas zu einer städtischen Ueberfluss-Gesellschaft und die Nachfrage nach dem Pu Er Tee steigt stets und rasant. Der Tee aus dem natürlichen Millieu wird immer rarer, weil die rasante Nachfrage die Wälder zerstören um Platz für Plantage zu räumen.
Wenn chinesische Teeliebhaber heute von Pu Er sprechen, spricht man von drei Herkünfte: Aus Plantage – Taidi Cha; aus dem verlassenen Wald, den man vor der Kulturrevolution anlegte und später nicht pflegte: Huangshan Cha; aus dem natürlichen Millieu: Dashu Cha oder Gushu Cha. Ich möchte hier nicht über diese Tees kommentieren. Die Tees sprechen für sich selbst. Wenn es sich ergibt, kann man zu Shui Tang gehen und dort selbst kennen lernen.
Natürlich möchte ich, als ein Teeliebhaber, nur Gushu Cha trinken, ein Tee aus dem alten Teebäumen von der natürlichen Umgebung. Oft pflegen wir gerne eine romantische Vorstellung, dass es den Bäumen und den Bauern gut geht, wenn wir solchen Tee fördern. Im Jahr 2005, als die Blase von Pu Er am höchsten Stand war, wurde Gushu (alte Teebäume) von Teebauern selbst gefallen, um das Pflücken am Baum zu erleichtern. Die alten Teebäumen haben sich geopfert für die Liebe des Tees von den Teeliebhaber… Der Teewald in Ortschaft Gingmai ist der grösten intakten Mischwald aus Teebäumen und Laubb$umen. Die Bäumen sind schätzungsweise über 500 Jahre alt. Zwei von diesen sehr alten Bäumen, die über 2000 Jahre alt waren, wurden samt Wurzel ausgenommen und nach Hauptstadt Kunming gezügelt, weil die städtischen Bürger sie bei einem Expo bewundern wollten. Die sehr alten Bäumen waren eine Sensation und sollten die Geschichte Yunnans präsentieren. Tage später starben die beiden entwurzelten Bäumen zwischen den Schaulustigen.
Ist ein Gushu Cha besser als ein Taidi Cha? Ist es besser durch unser Konsumverhalten Dinge zu steuern? Die Tragödie von den gefallenen alten Bäume erzählt mir von dem falschen Bewusstsein und dem Gier der Menschheit.
Die Durst nach Pu Er entwickelt sich stets weiter…
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Der dritte Teil folgt am Wochenende.
Pu Er, ein Getränk einer neuen Zeit I
1591 Kamen vier japanische Besucher, begleitet von Jesuiten-Mission nach Madrid. Beim Empfang der asiatischen Gästen wunderte sich der spanische König, dass das heisse Wasser rund ums ganzen Jahr in Japan getrunken wurde. Es gab im Europa keine Soft-Drink-Kultur. Im mittelalterlichen Europa wurde damals fast zu jedem Moment alkoholhaltiges Getränk inkl. Kinder konsumiert.
1662 brachte die portugiessischer Prinzessin Kahtarina zwei Schiffe voller Zucker anstatt Silber als Mitgift nach England. Sie machte Tee salonfähig im englischen Hof und gestaltete den ersten Afternoon Tea. Zucker war in jener Zeit mindest so teuer wie der Tee und noch teuer als Silber. Ein Stück Zucker im Tee zu zelebrieren war eine Demonstration der Macht und Reichtum, was nur eine Prinzessin aus Portugar, das Land mit riesiger Kolonie von Zucker-Plantage, es zeigen konnte. Zucker im Tee wurde eine Tradition, die eine neue Zeit im Europa ankündigte.
1717 öffnete das erste Teelokal von Thomas Twinning in London. Tee imanzipiert sich aus der Sich-Zur-Schau-Stellen Funktion der aristokratischen Kreisen, er wurde zu einem bürgerlichen Getränk. Ein Getränk, das arbeitende Menschen nüchtern wach hält und geistig mobilisiert. Ein Getränk, das der herrschenden Industrialisierung beflügelt und das neue Bedürfnis der Gesellschaft antwortet. Ein neuer Geschmack wurde geboren. Dieser Geschmack war wie ein Ferment und eine Treibkraft, die schnelle Entwicklung des Kapitalismus mit prägte – denn der Tee war Zündstoff von verschiedenen Kriege der imperialen Mächte. Der Tee, den man damals trank, war bereits verrochene Blätter und meistens auf den langen Transport-Weg oxidiert… Er dufte nicht weit entfernt schmecken wie ein Pu Er…
Der Tee, den man in China trank in der Tang-Dynastie (10. Jh) war eine Art von gekochten gepressten Paste. In Song-Dynastie wurde Teeblätter anders zubereitet – anstatt gekocht und geschmorrt zu einer Sud, dämpfte man die Teeblätter weich und presste sie zu einem Kuchen zusammen. Diese Methode wurde in China selbst durch neue technische Möglichkeiten aufgehoben, aber in Yunnan, damals ein eigenständiges Königsreich, existiert sie weiter.
Der Tee, der auf dem Flusshafen-Puer in Yunnan gehandelt wurde, hiess, Pu Er Tee.
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Das ist der erste Abschnitt meines Vortrags im Teeclub-Teefest am 24.06. Sonntag. Ich habe erst jetzt Zeit diesen Vortrag zu verwortlichen und werde morgen den 2. Abschnitt hier weiter schreiben.
Der verwachsenem Pfade
Janacek bezeichnet die Botschaft zu seiner Komposition „Auf verwachsenem Pfade“ als eine Art der Artikulation einer Verzweifelung, die er mit Wörter nicht wiedergeben konnte. Angefangen mit einer Erzählung von einem gemeinsamen Abend mit herzlichen Gespräch und fliessenden Atmophäre
Auf verwachsenem Pfade
Ich bin nicht ein tapferer Mensch, eigentlich ein Cremeschnittchen. Das ist der Grund weshalb ich nicht nach Yunnan gehe und die Teebergen besuchen. Ich stelle mir in meinem Kopf voller Horror von kreisenden Insekten, beissenden Tieren und hinterlistigen Homo sapiens vor. Also ich gehe lieber mit Janacek in seine schönen poetischen Komposition auf verwachsenem Pfade!
Eine Erinnerung aus meinem vierten Lebensjahr: Sie schreien: Feuer! Es war in der Nacht, im Sommer. Im Bettzeug trug man uns zum Abhang des Tierparks. Mein erschrockenes Weinen über den Feuerbrand verhängt noch heute meine Gedanken. Und die Tonart cis-moll meiner Komposition ‚Auf verwachsenem Pfade‘ ist der Widerhall dieses Geschehens. Die innere Welt des Erlebens schirmt den Komponisten gegen den nackten Naturalismus des Schaffens.
So schrieb Janacek über die Komposition. Heute würden wir vielleicht sagen, dass er sich damit therapierte. Es ist auch einr Art von Gespräch, das man mit sich selbst führt, um das innere Ich Schicht für Schicht tiefer begegnen kann – und wir tun es im Tee nicht anders.
Drei Degustationen führte ich durch die Bergen von Pu Ers Landschaften, einmal allein, zwei Male mit anderen Menschen. Oft sind die wiederholten Versuche, was mich jedesmal überraschen, wie unterschiedlich die Tees in der Wiederholung zu mir sprechen.
Im Januar machte ich eine kleine Runde mit den Muster nachdem sie frisch eintrafen. Die Namen von den Dörfer und Bergen werden Bezeichnungen von den Pu Er Tees, z.B. Dingwan, das ist ein Name vom Dorf und der Tee aus diesem Dorf trägt dann diesen Name. Als ich Dingwan im Januar allein trank, fiel mir nur den Begriff von Nymphe – was für einen anmutigen geschmeidigen Tee! Und der Nannuo Shan, so prächtig, herb und widerstandfähig, wie ein Gentleman aus dem Roman vom letzten Jahrhundert. Das Durchqueren der Landschaft scheint so einladend wie der Ruf „Kommt mit uns!“
I am waiting for you!
In dem Tagebuch von Janacek findet man das kleine Stück von Kalvier Komposition. Nur 31 Sekunde lange Klänge werden betitelt mit dieser Intention „I am waiting for you!“. Was für eine Botschaft? Möchte der Musiker überhaupt, dass dieses Stücke in seinem intimen Notiz gefunden gar veröffenlicht und interpretiert werden?
Ende 17. Jahrhundert – als das Kaiserreich Ming auseinanderbrach, bevor Manchu-Truppen die Hauptstadt Beijing erreichte, entschied der Kaiser sich für seinen Freitod und kurz vor seinem Tod, tötete er seine Tochter. Es wurde erzählt, dass er zu seiner Tochter sagte – es sei ihr Pech als Prinzessin geboren zu werden. Nach dem Beende der offziellen Linien versuchten viele kleine Fürsten des Mings noch sein Glück in dieser verwirrten Zeit und erklärten sich selbst zu Kaiser.
Es wurde erzählt, ein junge Ming-Prinz floh nach Yunnan und versteckte sich zwischen den alten hohen Bäumen. Er suchte Asyl bei ehemaligen Verbundeten. Obwohl der loyale Freund für den jungen Prinz seine eigene Kinder geopfert hat, konnte der Prinz als fatales Schicksal als Prinz zu entgehen. Er wurde zwischen den hohen alten Teebäume Mansong Bergs ermordet. Heute heisst Mansong-Berg 曼松山, „Der Prinz-Berg – Wangzi Shan 王子山“.
Nur ein blinedes Schicksal? Hat der junge Prinz geseufzt, als er den letzten Atmungszug tat? Was hat Janacek dabei gedacht diese kurze Komposition „Merely blind fate?“ für ein Minute stehen zu lassen? Hat er keine Töne mehr gefunden für dieses Fragezeichen wie der Prinz in dem dichten Wald?
Ich las gerne Bücher und schaue lieber Postkarte an als selbst auf die Reise zu machen. You schickte mir ein geheimnosvolles Packet, datiert mit geheimnisvollen Namen von Bergen Yunnans. Darunter eine winzige Tüte von Mansong Wangzi Shan 曼松王子山.
Mansong wangzi Shan wurde später zun kaiserlichen Tribut-Teegarten reserviert für Manchu-Herrscher. Man hat immer nur geschwärmt wie anmutig und sanft dieser Tee schmeckt – gekostet hat ja nur der Kaiser, nicht einmal seine Prinzessin. Hat er jemals gehört von dem letzten Seufz der ermordeten feindlichen Prinzen zwischen diesen Bäumen?
You hat mir einmal gesagt, dass er nie so einen schönen entzückenden Tee getrunken hat. So schön wie die Frühlingsgöttin. Es war November. Er sagte, er hob ein wenig auf für mich und wartet auf den versprochenen Besuch. Er hatte zwei von Mansong Berg, einer aus alten Bäumen und einer aus dem jungen Wald – Huangshan Lin 荒山林. wir tranken gemeinsam den frühlinghaften Tee aus den alten Bäumen. Der junge frische Tee duftet nach Blumenwiese. Ich spürte eine feine präsente Kraft hinter den entzückenden floralen Körper – ist es von dem Berg? – dachte ich im Dunkel. I am waiting for you… kompositiert Janacek eigentlich für Mundharmonium. So eine Schönheit aus Mansong Berg war ich noch nie begegnet. Das Gefühl des Angekommen-Sein, nirgendwo mehr suchen zu müssen, als ob man seit Geburt nur darauf wartet, um sie zu begegnen.
Der Tee wartet schon lange um entdeckt zu werden. Der Mensch weiss im Dunkel, dass es ein Weg nie zurück führt. „So that one could never return.“ Wenn man einmal den Geschmack des Ankunfts verkostet hat, kehrt man nicht mehr zurück wieder auf der Suche. You sagte, der Tee aus Mansong Wangzi Shan war immer für ihn eine Wegweise. Dort wusste er, wo er den schönsten Tee seines Lebens begegnet ist.
Ich verstand nur plötzlich nachdem ich heute mit Kaspar diesen Mansong Huangshan (Mansong Tee aus jungen wald) trank, warum Janacek seine intime Sketches nie vollendete. Es war wahrscheinlich seine Liebe als ein verheirateter Mann zu einer anderen Frau, die ein blindes Schicksal für ihn bedeutete. Es gibt Dinge, die nichts mit Moral zu deuten sind. Dank diesen Dinge haben wir wunderbare Kompositionen und den Tee, der die Geschichte eines blinden Schicksals dokumentiert.