Archiv für den Monat Mai 2007

Sushi, Tee und die Globalisierung 壽司, 茶 與全球化

Lezte zwei Wochen habe ich mit Freunden in Japan verbracht. Auf der Reise war ich nie ein Morgenmuffel. Warum? Das Geheimnis lag an das warme Frühstück: pure Reisesuppe mit grulliertem Fisch, dazu noch eine Tasse Miso-Shiru (Suppe)! Im Tempel Eiheiji oder Sojiji wurden wir sogar um 3 Uhr 30 geweckt. Um 7 Uhr bekamen wir eine Tablette von Reisesuppe mit 8 verschiedenen Beilage!

Japan Essen Von wo fängst Du an?

Ich geniesse das Essen wie Sudoku zu lösen – Mal fange ich von links an, Mal von rechts. Mal von oben und Mal von unten. Ich geniesse das Labyrinth dieses kulinarischen Abenteuers, obwohl es mir nicht klar war, richtig oder falsch anzufangen. Eifrige schweizer Freunden hatten es nicht so einfach wie ich. Sie waren verwirrt und gestresst von diesem kulinarischen Rästel.  Ihr Gesicht standen ein grosses Fragezeichen: „mache ich nun richtig oder falsch?“

Für manche war es wie ein Qual. Sie vermissten wohl das knusprige Biss eines schweizer Gipfelis. Dieses Moment kam endlich, als wir in Kyoto ankamen. In einer französischen Bäckerei konnte der heisse Hunger nach „Teig“ endlich gestilt werden. Viele besuchten das scheinbar französische Restaurant morgens, mittags und abends. Sandwiches, Cabonara und Pizza etc trösteten den Magen eines Fremden in Japan. Nur M war verrückt nach Sushis! Er wartete jeden Morgen auf die Oeffnung des Supermarktes und kaufte sein Frühstück. Während alle anderen im Restaurant das Sandwiches beissten, sass er allein auf der Treppe vor dem Lokal und ass sein Sushis.

Sushi

Sushis, das Trendfood auf der ganzen Welt! Du findest Sushis in London, in Paris, in New York, in Bangkok und in Sidney! Ausser der berühmten California Roll gibt es inzwischen Philadephia Roll oder Boston Roll. Anstatt mit rohem Fisch und Pickles gibt es nun mit Cheese und Salat. Die amerikanische Regierung hat sogar einen Ersatz für die Algenblätter entwickeln lassen: Sie haben eine Substanz aus Brokkoli und Karroten erfunden… Sie haben ebenfalls eine tolle Idee mit dem Dessert aus neuen „Sushi“: cremige Käsekuchen umgewickelt in einer blauen Beeren – Mantel!

Sushi ist nun globalisiert. Alle glauben, dass Sushis aus Japan kommt und das Sushis seien, was sie essen. Die so genannte Kreativität des fremden Köche sind beflügelt in dem freien Himmel. Aber der wirkliche Erfinder – ein unbekannter Koch aus der Tang-Dynastie in China, kann wohl nicht mehr so gut im Himmel lachen. Immerhin waren seine Nachfolger in Japan ihm Tausendjahren treu gefolgt. Es wurden unterschiedlichste Variationen ausprobiert und entworfen. Aber Sushis sind das Gericht aus leicht gesalztem, gezuckertem und gesäuertem Reis mit verschiedenen Beilage und umgewickelt von einem gerösteten Algenblatt. Knapp paar Jahrzehnte wurde das Gesicht des Sushis im Westen verändert und die innere Logik eines kulinarischen Kunstwerk wurde nicht beachtet – nur einfach „reformiert“. Die Frage ist: wie könnte man ein Werk reformieren oder verbessern, wenn man seine innere Logik nicht wirklich versteht?

Man kann Krautwinkel nicht als Sushi bezeichnen, oder?

Das passiert ähnlich mit dem Tee. Die einfallsreichen Tee-Blend oder Mischungen in Europa verkunden eine neue Message: Tee ist nur Grundlage einer Kreation, wir bestimmen den Geschmack, wie er schmecken soll.

Bi Luochun 三峽碧羅春

Bi Luochun 三峽碧羅春

Sanxia, ein Ort in der Nähe von Teipei. Ein Ort, eines der ältesten Teeanbaugebeiten Taiwans. Zuerst wurde grüner Tee dort angebaut. Später wurde dort Assam angepflanzt, als die japanischen kolonialen Herrschaft, auf den Tee-Weltmarkt behaupten wollte. Die Herrschaft auf dieser Insel wechselte sich, aber Teebauer bleiben als Teebauer. Familie Huang war bereits Teebauer. Bis heute 5. Generation. Herr Huang lachte und sagte mir, „Weiss Du, mein Sohn und ich sind neben Tee aufgewachsen. Als ein sieben jähriger Knabe konnte ich und kann er beim Tee-Welken entscheiden, wann der Tee bereit ist. Unsere Nase kann nichts tauschen.“

Der Oolong Teebaum, der hier dominiert, ist Qingxin Ganzhong. Sein Tee ist lieblich, duftet allerdings nicht überzeugend als ein Oolong. Aber als ein Tee für Formosa Bi Luochun, der als Ersatz von chinesischen Bi Luochun für die vor Kommunisten geflohenen chinesischen Einwanderer, ist ausgezeichnet. Der chinesische Bi Luochun zeigt seine unverwechselbare weiße Tipps, während der Formosa Bi Luochun uns von seinem süssen und frischen Aroma überzeugt.
Wie jeder Teebauer auf Formosa seufzte auch Herr Huang 黃. Er war letztes Jahr der exzellente Teebauer in Sanxia, denn er den absoluten ersten Preis gewann, obwohl er mir nichts davon erzählte. Er ist nicht stolz auf seinen Können im Wettbewerb. „Ja, Wettbewerb… Wenn die Jury so kompetente wäre…“ In Sanxia herrschte ein Trend, chinesischen grünen Tee in die Formosa Bi Luochun zu mischen. Somit kann man den Produktionspreis reduzieren und mehr Geld verdienen. „Das kann man schon verstehen, wenn man als normale Teebauer mit Tricks arbeitet, um die Familie zu ernähren und paar Rappen mehr zu verdienen. Aber es geht dann zu weit, wenn die Jurys solche „Blend“ nicht Mal merken! Wie könnten Sie wirklich beurteilen, wer den besten Tee erzeugen kann?“ Trotzdem muss er an die Wettbewerb teilnehmen. Um hier zu überleben geht es nicht anders. Eine Art von Ohmacht und Wut zeigte er nur sehr dezent in seinem Gesicht. „Früher konnte der Jury Ran Yimin alles erkennen. Er erkennt sogar, dass manche Bi Luochun zu weit gewelkt wurde, so dass er fast wie Oolong schmeckte.“ Heute lebt er leider in China und Direktor von einem privaten Teemuseum geworden. Die jetzigen jungen Jurys können nicht einmal Formosa Bi Luochun von dem Blend mit China Tea verifizieren…
Trotzdem duftete der Bi Luochun und tanzte in unserer Tassen. Um besser zu überleben, produziert Herr Huang auch Mixian Hong Cha. Ein Schwarztee, der aus den von Insekten befallenen Teeblätter hergestellt wurde. Er duftet nach Honig und schmeckt rund im Mund. Man braucht sogar keinen Zucker für diesen Tee! Der Honig-Geschmack kommt noch besser zur Geltung, wenn der Tee kalt wird.

Gegen Abend verließ ich Sanxia. Herr Huang versprach mir, weiter an seine Tradition zu denken und sie zu bewahren. Schliesslich ist Tee nicht nur ein Lebensmittel oder ein Ware. Tee ist eine Kultur, die gepflegt und aufbewahrt werden muss, auch wenn sie keinen kommerziellen Wert besitzt…

Familie Huang

Frau Huang, Großmutter Huang und Herr Huang, drei Teebauer in einer Familie in Sanxia.

Rückkehr

Ich bin immer mehr überzeugt, dass es ein dunkles Wolken über meinen Kopf fließt. Wo ich war und bin, gibt es Regen, den grauen Himmel und kühle Tagen. Als ich im April in Taipei war, war es regnerisch, kühl und grau. Alle wunderten sich, ob das April Wetter in Taipei sich inzwischen an das mitteleuropäische nähert. Als ich in Japan ankam, sank die Temperatur bis 5 Grad in Sagano. In der morgen Meditation fluchte, friert und schimpfte ich in der inneren Ruhe über die gnadenlose Kälte, den offenen Raum und das Sich-Nicht-Bewegen… Als ich nun vor drei Tagen wieder in die seit Wochen regenlose Schweiz eintraf, regnet es, weht der Wind und der graue Himmel heißt mich willkommen!

Ja, der graue Himmel begleitete uns auf der ganzen Reise. In den ersten zehn Tagen lag ich mehr oder weniger flach im Bett. Es sind zu viele Einladungen, die meine Verdauung durcheinander brachten. Mit dem Teefreund Florian und seine taiwanesische Frau habe ich gemeinsam den Teebauer in Shiding besucht. Dort haben wir drei Köstlichkeiten „erlebt“! 1. ein alter über 30 Jahren aufbewahrter Paochung, der nach Xiancao 仙草 – ein spezielles Dessert, das jedes Kind in Taiwan kennt und liebt. Dies könnte man inzwischen auf dem asiatischen Supermarkt in ganzer Welt kaufen. Leider ist dieser alte Tee nicht ganz gut aufbewahrt. Auf dem Blatt findet man Schimmel-Spuren. Als ich diesen Tee zu meinem Lehrer brachte, habe ich nur Anschiss bekommen. Was für einen Reinfall? Um meine Augen klarer zu wischen, zeigte er mir dagegen eine himmlische Köstlichkeit! Darüber möchte ich mit einem Beitrag widmen! Ein alter Tee ist nicht nur ein alter Tee! 2. Ein unglaublich interessanter Pu Er. Herr Gao hat immer eine Überraschung beiseite, wenn ich ihn besuche. Er zeigte mir eine Rarität aus Yunnan. Ein Tee, der nur aus wilder Pflückung besteht und auf Steinplatte erhitzt und verarbeitet wird. Der Tee ist wirklich frisch, gerade nur 2 Jahre alt, schmeckt sanft und zugleich charaktervoll, rein und zugleich aromatisch, anstatt wild und reizend. Diese Köstlichkeit wollte ich unbedingt haben! Herr Gao grinste. Nun kommt dieser Pu Er Tee auf dem Weg zu mir. Ich kann es kaum warten, einen Bericht zu schreiben, um Freude mit Euch alle zu teilen! 3. Daye Oolong 大葉烏龍 – Oolong aus einer uralten Teebaumsorte, die bekannt für das große Blatt. Spezielle Duftnote, unverwechselbar und traditionsreich. Ich habe nur 3 Kilos erhalten, weil es im Jahr nur 10 Kilos erhältlich ist…

Letzte Zeit machte ich Pause mit dem Blog. Nicht nur wegen der Reise, die mich stresste. Nicht nur wegen dem taiwanesischen Computer bei der Schwester, der mich inzwischen nicht kennt und mich immer wieder rausschmeißte. Nicht nur wegen zu vielen Erlebnissen, zu vielen Erkenntnissen und zu vielen Eindrücken, sondern auch wegen einer Art wie Depression, wie Pubertät oder wie Distanz zu dem, all was ich gerne machte. Eine Art wie Reflexion, wie Selbst-Beobachtung oder Befreiung.

Ps. Hallo! Florian, ich warte noch auf Deine Fotos!