Vom Opfer zum Gestalter

Durch eine alte Teeschale aus der japanischen Mingji Zeit lerne ich Herrn J. kennen. Ein edler älterer Herr aus den alten Zürcher Familien.
Diese Teeschale verbindet uns zu einer Freundschaft, die das Alter überschreitet und Kultur sprengt.

Ich verachte Grenze. Grenze zu überschreiten liebe ich. Das ist nicht konform in der Schweizer Gesellschaft. Gerne überquere ich auch meine eigene Grenze.

Er kam aus der anderen Grenze und erzählte mir Erfahrungen aus seiner neuen Reise in die alte Zivilisation.

Ich kehrte zurück aus der Grenze und berichtete über meine Erlebnisse ausserhalb Europa.
Von der wütenden Göttin Pali erzählte er mir. Die fremden Zeremonie im Tempel überwältigte ihn. Er sagte zu mir, dass er etwas endlich verstanden hat.

„Menglin, wenn wir die wütende Göttin als solche personifiziert und nur so sehen können, ist sie tatsächlich vernichtend und tyranisch. Es ist tatsächlich eine Göttin zu furchten. Aber ich verstand, sie nicht auf dieser Art von Weise zu betrachten. Sie bracht meine Vorstellungen über die Welt durcheinander, zerstört meine Halt auf der Erde und verletzt mein Gefühl. Und ich bin endlich auf den Boden gelandet, so dass ich diese Welt so wie sie ist neu zu sehen. Sie leistet mir in diesem Sinne ein Dienst!“

Pali ist eine Göttin und ist eine Göttin. Sie ist vernichtend und bereichernd. Was siehst Du in ihr?

Kann eine wütende Göttin als eine Göttin von Dienst gesehen werden?

„Wie kann man aus dieser Rolle von Opfer aussteigen und diese neue Betrachtungsweise gewinnen?“ Meine Augen tränten.

„Indem wir nicht mehr mit Opferrolle identifizieren wollen, sondern als Gestalter zu leben.“
Ein Gestalter, der Leiden und Freude mit Gleichmut betrachtet und das Beste aus Yin und Yang gestaltet.

In dem Dante-Diskussion im vierten Advent 2015 sassen viele Teefreunde und Interessierte zusammen und widmeten genau dieses Thema. Vieles, was in unserem Leben geschehen, können wir nicht steuern. Aber das, wie wir diese Geschehnisse begegnen, können wir es gestalten. Ist Pali böse? Oder dient sie sogar unsere Entwicklung? Das hängt von jedem ab. Mit Tee kann man lernen, selbst im Nebel zu erkennen, wenn man jedes Mal einen Gongfu Cha starten muss. Nur wenn man das eigene Zentrum spürt und vertraut, Schritt für Schritt einen Weg findet, verwandelt man die Nebelsuppe zu einem blühenden Garten! Es war einen besinnenden Adventabend. Wir kamen mit viel Wärme und berührte Herzen in die dunklen Gasse Zürichs.
Am Teetisch in Shui Tang passieren vieles. 
„Man sagte immer, es sei Zufall. Es war ein Zufall, dass ich mit dieser

Teeschale zu Dir kam.“ Seine Augen wurden breit, “ Aber es gibt keinen Zufall für mich. Unsere Verbindung durch eine Teeschale – es muss so sein.“

Man muss es einfach vertrauen.

  

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