Mein Leben ist nun im Herbst angekommen.
Gestern wurde eine meiner besten Freundinnen verabschiedet. Kurz bevor ich den Nachricht von Polizei erhielt, kam sie in meinen Traum und erzählte von ihrer Heimreise. Ich sagte ihr, dass ich keine Zeit habe um ihre Wohnung aufzupassen. Sie lächelte im Traum und bat mir doch mindesten einen Blick in ihrer Wohnung zu werfen. Sie gab mir den Schlüssel. Ich kam aus meinem Traum, wach oder nicht ganz wach. Das Telefon klingelte halbe Stunde später und die Polizistin berichtete mir von ihrem Tod.
Wie wäre es wenn sie noch leben würde, heute kreiste das Gedanke ganzer Zeit in meinen Kopf. Würde ich sie sofort besuchen? Sofort anrufen? Sofort sagen, wie sehr ich sie liebe?
Nein, das wird alles bei dem gleichen bleiben.
Ihr Leben war ein harter Kampf um Anerkennung und Ueberleben. Als sie lebte war das Leben hart und zäh.
Ihr Tod war hingegen schmerzlos, plötzlich und blitzschnell.
Ich freue mich für sie.
Ich scherzte gestern: M wird beauftragt und sollte allen Freunde zur Kronenhalle einladen als meine Trauerfeier. Die Zahlen auf mein Konto sollte noch reichen. Danach sollten alle in meine Wohnung gehen, das mitzunehmen, was ihnen gefällt.
D sagte, dass ich damit noch Streiterei stifte.
Jawohl!
Was nun…
Was mache ich in diesseits weiter?
Lange habe ich mich dagegen gewährt, Gongfu Cha zu unterrichten.
Ich will keine Gruppe, keine Schule und keine Institution aufbauen. Ich will keine Spuren hinterlassen.
Heute fragte mich Nico, was heißt keine Spuren hinterlassen? Was ist, wenn man Erinnerungen für die anderen hinterlässt?
Auch wenn wir an dem gleichen Geschehen teilnehmen, wir werden verschiedene Erinnerungen pflegen. Weil wir eben verschieden sind.
Letzte Woche erzählte mir der Musiker beim Besuch, dass er an das Unsichtbare glaubt. Er sagte, auch wenn wir sterben, auch wenn unser Körper schwinden, werden unser geistiges Reichtum in der Atmosphäre bleiben Die jungen Musiker werden in dem richtigen Moment die Verbindung erhalten, das Reichtum der vergangenen Musiker empfangen. Sie werden die Erbe von der großartigen Menschen. Ich nichte meinen Kopf, weil ich es aus der taoistischen Tradition kenne.
Keine Spuren hinterzulassen ist eine geistige Einstellung und Uebung, um Demut und Loslassen zu leben. Loszulassen, damit etwas anders sich erneuen und neu entstehen kann.
Das ist das erste was die Leute beim Gongfu Cha lernen. Alle Spielzeuge in einem Tablett zu tragen, in den Raum einzutreten und wieder so alles aus dem Teetisch weg zu tragen. Der Geist bleibt auf und über den Teetisch, aber die Dingen verschwinden, weil sie vergänglich sind.
Auf diesen Teetisch erlebt man verschiedene Teemenschen, die dort Tee praktizierten und praktizieren. Kommen und Gehen. Keine Spuren hinterlassen, damit etwas Neues von sich alleine entstehen kann. Der gute Geist kehrt von sich alleine zurück.
Mein Leben ist im Herbst angekommen, während das Leben von Nico und Tim noch im Frühling verweilen.
Am Teetisch sitzend bei einer Schale alten Tuocha realisierte ich was ich zu tun habe, bevor der plötzliche Tod mich abholen wird. Das, was in meinem Leben gedeiht und gediehen ist, in immateriellen Form zu verwandeln. Damit es von sich alleine in die Welt zurückkehrt, wenn jemand bereit ist, es zu empfangen.