Archiv für den Tag 11/09/2012

Der Kompass des Lebens

Wuliangshan in Yunnan ist heute ein Nationalpark. Früher war er bewohnt von Menschen, die ihre eigene Geschichte haben. Sie haben keine Schrift, aber Kompass. Ihre Kompass waren die Felsen, den Fluss und die Sonne. Die scheinbar unbewegliche Dinge bieten die Orientierung und Stabilität für die Weitergabe ihrer Geschichte und Mythen.
Was kann passieren, wenn die Menschen nicht mehr erlaubt sind dort zu leben und ihre Kompass bei sich zu haben?
Jahr für Jahr liefen die Bewohner von Wuliangshan in jedem Frühling ins Innern des Berges und pflückten die zarten Frühlingsblätter. Jahr für Jahr. Seit Wuliangshan ein Nationalpark wurde, dürfen sie nicht mehr, weil der Berg beschützt werden soll von zivilisierten Chinesen.
Ich weiss nicht, was mit diesen Menschen nun passiert und was dann mit ihrer Geschichte weiter passiert. Ich weiss nur, dass der verbotene Tee aus Wuliangshan mir ein Mythen erzählt von unbeweglichen Teebäume, die einmal Kompass war und nun immer noch Kompass ist – für mich.
In der Beliebigkeit unserer Welt, in der man alles weiter erfinden kann und selbst mischen kann, versuche ich in Shui Tang den jungen Menschen zu vermitteln, die zu mir kommen, den Kompass.
Wenn wir eine Schale Tee zubereiten, egal wo wir sind und wann wir es tun, bleiben paar Dinge für immer gleich wie ein Kompass: der Weg des Tees ist der direkte und einfachste Weg.
Steht der Kopf in der Mitte des Körpers? – wie findest Du den Mitte?
Steht die Kanne oder Schale genug weit von Dir oder genug nah? – wie finde ich die Nähe und Distanz zu den Dinge, die ich tue?
Möchtest Du einen Tee von klar ausrichteter Konzentration trinken und servieren? Was kann mir widerspeigeln, ob ich klar und konzentriert bin?
Was geht jetzt vor? Was steht im Vordergrund? Der Tee, der Gast oder ???
Paar Dinge im Tee verändern sich nie. Bestimmte Dinge im Leben auch nicht.