Die Natur für mich gehört zum finsteren unsicheren unzähmbaren Teil des Lebens. Vor ihr habe ich ein grosses Respekt und eine gespannte Beziehung.
Für meisten Menschen bedeutet die Landschaft in der Schweiz die schöne Postkarte. Im Vergleich mit dem wechselbaren gefährlichen Gebirge Taiwans ist die Alpinen Welt eher sicher, nahbar und zugänglich. Hier gibt es keine Tabuzonen und viele Luxus-Wellness-Oasen. Geld, Genuss und Verschwendung existieren neben dem harten Bauerleben in den Bergen. Ein Chalet in den Bergen zu besitzen ist oft ein Traum hier. Aber nicht meins.
Die meisten Eisenbahn Fans wissen von Bernina Express. Aber wie viele wissen, dass diese Bahn in Italien endet? Hier in der Schweiz gehört die Destination der Wanderung oder Ferien auch ein bisschen zum Zeichen der sozialen Zugehörigkeit. Mit diesem lebendigen UNESCO Erbe in ein sehr lebendiges Dorf zu fahren und dort paar Tage zu verweilen ist ein Zufall.

Poschiavo ist lebendig. Ich meine, dass dieses Dortleben wie ein per Hand gewobenes Tuch bedeutet. Längsfäden und Querfäden werden zu einem Gewebe kreuzweise verbunden. Ineinander, zueinander und untereinander. Abhängig, gegenseitig und überlappt. Das ist kein Dorf wie viele schöne Dörfer, die nach dem stürmischen Touristenbesuch wieder zum Winterschlaf einschläft. Ein Dort, das bewusst ist, seine traditionelle Handwerk noch fördert und pflegt. Ich lerne hier die Webkunst der Schweiz kennen. In jedem starken Schlag der Weberin sehe ich die handwerkliche Fertigkeit und den körperlichen Einsatz. In dem Muster des Gewebes lerne ich Geschichte und Bilder eines altes Landes. Marie erzählte mir, wie traurig eine alte Weberin war, als sie klagte, dass Menschen heute vieles besitzen, aber kein Bewusstsein haben, von Handwerkkunst und Tradition.
Eine Tradition zu fördern ist teuer. Wenn Menschen nichts haben, können sie nicht an das denken. Aber viele von uns heute? Ich kaufte viele Tücher. Ich möchte meinen Leute hier und in Taiwan mit dieser alte Kunst beglücken. Dabei sähe ich Samen im Herzen von Menschen, die vielleicht einmal mit anderen Augen die Schönheit sehen, nicht als Besitztum, sondern als Aufgabe eines Einzelnen, Kultur weiter zu tragen und zu fördern. Ich hoffe, unsere Kinder können eines Tages noch die Schönheit des per Hand gewobenes Gewebe berühren!

Menschliche Beziehung ist wie ein Gewebe. Die Welt zu sehen ist wie eine Weberin, die zusammenhanglose Faden ineinander zu verbinden, anstatt wie ein Helikopter. Das Essen in Poschiavo funktioniert ebenfalls. Hier gehören die Nüsse zu einheimischen Honig. Der Buchweizennudel zu einheimischen Käse. Das Anis-Brot – Brot ist nie mein Nahrungsmittel, hat mich überzeugt. Ich esse es jeden Tag von verschiedenen Orten. Meine Gaumen testen die verschiedenen Textur und meine Nase riechen verschiedene Rezeptur des Bäckers. Was für ein Genuss! Sogar der Buchweizennudel Gericht hat mich glücklich gemacht. Zarte Nudel mit Biss – ja, es geht! Käse-Sosse mit Leichtigkeit – ja, es ist! Drei Tage lang hintereinander Wild essen? Ja, es schmeckt super!
Mit der Eisenbahn nach Tirano gibt mir das Gefühl wie vor 100 Jahren aus den Bündner Bergen nach Italien, nach Mailand! Der Zug fährt wirklich durch die Stadt und an der grossen Kirche vorbei wie ein Tram! Tirano sei hässlich und nur für einen schnellen Kaffee. In meinen Augen ist das Städtchen intakt, lebendig und interessant. Ich sah viele herrschaftliches Häuser und Gebäude. Als ich das Palazzo von Salis und dachte, dass ich den Name doch einmal in Bregaglia gesehen habe.

Tatsächlich gehören die beiden Palazzo zu gleichen Clan. Das adelige Geschlecht Salis stammt aus drei Bünde. Das Clan ist tief in die Geschichte der Regionen verbunden. Sie haben mehrere Abzweigungen, verschiedene Linien, die nach Deutschland, nach England, in der Schweiz und in Italien führen. Sie führen Kriege, bieten Schutz, treiben Handel. Sie verteidigen die Grenze, verschieben sie und definieren sie neu. Die nationale Grenze der Nationalstaaten ist nicht von Natur geformt, sondern von Menschen geschrieben. Und Poschiavo ist eine Knote dieses geschichtlichen Gewebe, fest und unverwechselbar. Viele südliche schweizer Regionen bieten ein Fenster zu anderer Welt und ist selbst eine eigene Welt in der Schweiz: offen, fremd und vielfältig. Ich atme den frischen Wind ein, der ins Herzen weht. Ich weiss, dass ich selbst auch eine Knote in einem zarten Gewebe bin, nicht isoliert, sondern eingebettet in einer stets neu zu erkundenden Welt!