Meine Yunnan Reise V – die Mauer

Ich spürte noch einmal das Gefühl gegen eine Wand angestossen zu haben. Eine Wand, eine Mauer, die nichts mit der Sprache oder Kultur zu tun hat, sondern mit dem Patriarch und der Hierachie.
Noch einmal von Lebensmittelvergiftung geholt, noch ein Tag lang nur Erbrechen und Durchfall, als ob ich etwas nicht verdauern und vertragen könnte.
Ich erzählte Sara bei einem Spaziergang durch die fremden Landschaft über unsere Reise in Yunnan. Ein Schweizer Bauer von Bergen starrten uns – zwei fremden Frauen mit Flair von Exotik und Anflug von Lächeln, er konnte unsere Frage nach dem Weg nicht einmal richtig beantworten und zugleich seine Augen nicht von uns ablenken… Ich sagte Sara – „Siehst Du, das ist der Unterschied zwischen Yunnan und der Schweiz.“ In den Bergen von Yunnan sind die Bauer unheimlich herzlich und freundlich – auch wenn sie nicht mit uns reden…
In den Bergen von Yunnan sind die Dörfer oft gefärbt von Matriarcht. Die Frauen sind tapfer und fleissig, während ihre Männer für die Repräsentation zuständig sind. Bäuerinnen sprachen nicht mit uns, sie waren immer unter sich alleine. Auch die Männer sprachen nicht mit mir, fuhr aber mit einem unglaublichen Stolz, wenn er ein Dolch trug und uns durch seinen Reich fuhr!
Die süsse Erscheinung – dass ein stolzer Mann ein Dolch auf dem Rücken trägt und 18 Langnase durch seinen Garten führt, bleibt für immer in meiner Erinnerung.
Ueberall wo wir waren, fielen auf. Unsere Pässe wurden in Yiwu sofort von Polizei gesammelt und wurden uns frei gegeben, als wir wieder abreisten. You sagte mir, dass er immer angerufen wurde, dass er mit einer Gruppen von Langnase unterwegs sei.
Aber das Wissen über Tee, über die Produktion und über Teebäumen selbst, erzählten sie mir nicht. Egal wo ich war, wenn ich nach dem gerade aufgegossenen Tee fragte, wurde nicht geantwortet oder mir wurde eine Geschichte erzählt.
Ich beobachtete, wie sie dicht über die Informationen umgehen und wenn dann nur mit You austauschen. Sobald You mit den Chinesen zusammen war, war es eine unsichtbare Mauer anwesend. Sobald er nur mit mir war, war die Mauer wieder zerfallen und ich spürte ihn wieder. Warum?
Das war ein schlimmes Stress für mich.
Ich habe viele Menschen mitgenommen, nicht um die schöne Landschaft Yunnans zu besichtigen – es gibt bessere Reiseveranstalter! Wir sind gekommen, um Tee zu lernen. Gegenüber meinen Teefreunde aus Europa fühlte ich mich stets schuldig, weil ich auch nicht wusste, was lief und ihnen auch nicht weiter erzählen konnte. Aber – wem soll ich denn das erzählen? Gegen eine Mauer zu rennen und vor einer Wand zu stehen, was von Aussen vertraut und bekannt sein sollte!
Sara lächelte mit nachdenklichem Gesicht, „Menglin, Du sprichst von Teilen… Ist Teilen nicht ein Produkt von moderner Vorstellung? Ist der chinesischen Struktur ist stark von Pariarch geprägt. Dort gibt es Teilen nicht, sondern sich unterordnen!“
Ich sei in die dunkleste Falle der eigenen Kultur getappt.
„Erinnere Dich doch einmal als Du das chinesische Oper lernen wolltest, was Du zu hören bekamst?“ Zuerst dem Meister dienen und lernen, wie er sich bewegt. Irgendwann ist man selbst so weit und der Meister tauscht mit Dir aus – nur wenn Du so weit bist.
„Wenn Du Ahnung hast hier in Xi Shuang Ban Na -“ sagte You zu mir, „bekommst Du Respekt von den Bauern, weil sie wissen, dass Du Tee verstehst. Aber das heisst nicht, dass sie Dir den besten Tee verkaufen willst. Sie wissen, dass sie mit dem gemischten Ware an ahnungslosen städtischen Besucher noch mehr Geld machen können! Warum sollen sie Dir den besten reinen Gushu (Tee aus altem Baum) verkaufen?“
Wissen ist Macht.
Eine Machtstruktur plus kommerziellem Interesse. So sichert man das Wissen, beziehungsweise die Macht. So sichert man das Reichtum.
Das Teilen, was wir hier in Facebook und Google sprechen, ist ein extremes Pol von dem was ich in Yunnan erlebe. Hier im Europa ist das Teilen gratis – so dachte ich manchmal, dass man meine Arbeit auch fast selbstverständlich annimmt! Sehr oft fühlte ich mich sehr unwohl, wie man mich behandelte. Wo ist die Grenze von Respekt vor eigenem Wissen und das Teilen von bedienungsloser Liebe?
Ist ein Individuum wirklich in der Lage an etwas teilzuhaben, was ihm einfach auf dem Schoss fällt? Oder ist es durchaus das Wichtigste im Leben zu lernen, andere Menschen zu tragen und für etwas einzusetzen, ohne etwas zurückzuerhalten?
Ich habe meine Antwort gefunden. Aber Deine, muss Du selbst finden. Das teile ich wirklich nicht.

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