Ein Glück für die Schweiz

Seit es Shui Tang gibt, lerne ich immer mehr junge Studenten und Menschen aus Taiwan kennen. Sie finden den Weg zu mir. Zuerst sind sie immer ein wenig gestaunt, dass so etwas hier existieren kann, dann werden sie stolz. Manchmal treffen sie sich hier, sind so glücklich und die Stimme ist so high, dass die Dächer von der Spiegelgasse gesprengt werden können. Und meine grosse Wohnung ist der idealste Ort für Partys. Plötzlich bekomme ich unfreiwillig eine Funktion, dass sie mit mir identifizieren. Alle sagen zu mir Schwester und erzählen mir ihre Sorgen. Sorgen als Student ist in meinen Augen keine Sorgen. Das Studium ist so eine Sache: wenn man lernt, erntet. Manche suchen Job, suchen vergeblich nach Aussen. Ich versuche bei diesen jungen Leute eine Einstellung zu vermitteln, dass sie erstmal Freude in den Dingen erkennen soll, was sie tun. Das einzige, was ich ihnen nicht so recht helfen kann ist, die Kontakte zu Schweizer zu schaffen. Sie fühlen sich oft verloren bei den Schweizern und finden keinen Anschluss.
Ich kenne das Problem gut genug. Auch ich war ein sichtbarer Fremde.
Das heisst nicht, dass irgendeine Seite falsch ist. Es is so wie es ist.
Heute kam eine Dame. Irgendwie fingen wir an über das Thema zu sprechen. Sie hat ausländische Studenten in Winterthur betreut und wollte uns Rat geben, dass die junge Studenten aus Taiwan sich bemühen sollen, sich zu öffnen und die Schweizer anzusprechen. Ich antwortete ihr, dass das Problem nicht daran liegt. Menschen in diesem Bergland haben nicht immer positive Einstellung zu einer Einladung, weil man oft verdächtigt, was die anderen von einem selbst wollen. Sie gehen gerne mit eigenen Leute zusammen und wenige haben Interesse für Fremde. Ausserdem betrachten viele Menschen hier Fremde nicht als eine Chance, sondern als eine Belästigung. Viele Fremde erfüllen in ihren Augen in diesem Land lediglich eine Funktion. An diesem Punkt möchte diese Dame einfach nicht erkennen. Für sie haben die Schweizer keine Probleme. Die Ausländer haben sich hier anzupassen. Sie sollen sich öffnen und versuchen. Auch solche Kommentare bekam ich vor 10 Jahren auch zu hören.
Dann fragte die Dame mich, ob ich mich wohl fühle in der Schweiz. Wenn ich ehrlich sagen darf – antwortete ich, „ich hatte in meinem ersten Jahr Kulturschocks und wollte gleich zurück nach Deutschland.“ „Und jetzt?“ „Jetzt habe ich Wurzel in Zürich eingeschlagen und die Schweiz ist mein Heimat geworden.“ „Dann sind Sie doch dankbar, dass Sie hier ein Geschäft machen dürfen!“
Ich lächelte. Carola grinste.
„Ich glaube, dass es ein Glück für die Schweizer ist, mich hier zu haben!“
Sie war stutzig.

Ein Gedanke zu „Ein Glück für die Schweiz

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