Das einzig lebenswerte Abenteuer kann für den modernen Menschen nur noch innen zu finden sein.
C.G. Jung: Der Mensch und seine Symbole, 11. Aufl. Olten: Walter, 1988, S. 212
Viele Teefreunde sagen mir, dass sie durch das Blog Tee Erleben lernen, wie sie über Tee sprechen. Überhaupt kommen sie zur Sprache des Tees. Vorher wussten sie nicht, dass man sich so über Tee fühlen, so darüber sprechen und nachdenken könnte. Scheinbar hat dieses Blog viele kleine Steinen in vielen Menschenherzen in Bewegung gesetzt.
Nachmittag kamen Jürg und Carola zu Shui Tang. Seit langen fanden wir keine Ruhe, sich zusammen zu sitzen und nur den Tee zu widmen! Wir degustierten Bi Luochuns und Longjings. Für jeden ist es das einfachste, bei einer Degustation auf die Augen zu verlassen. Wir vertrauen unsere Augen mehr als unsere Nase und Gaumen, denn wir wissen bald nicht mehr, was wir schmecken.
Jürg und Carola bemerkten sehr schnell durch die Augen die Veränderung des Aufgusses. Sie zögerten allerdings bei ihrer Aussage über die Geschmäcke. Ich bin im Grunde genommen nicht anders als sie. Ich bin eingebildet intelligent und eingebildet schlau. Atong warnte mir immer wieder vor voreiligen Urteilen, weil er mein Problem kennt. „Du beurteilst nichts durch Deine Augen.“ Das, was wir über Augen wahrnehmen, sind viele Details, wie z. B. wie die Situation der Behaarung und wie schön der Tee geformt ist. „Solche Details können nur Amateuer beeindrucken, aber nicht einen wirklichen Profi.“ betonnt er. Das Wichtigste für einen Profi ist, einen guten Geschmack zu entwickeln und zu erkennen.
„Wie denn?“ fragte Carola. Wie findet man die richtigen Worte um die Wahrnehmung auszudrücken? Wie kann man wissen, dass es einen guten Geschmack ist?
„Du fragst Dich einfach selbst, was fühlst Du Dich nun bei dieser Tasse.“ Wenn ich eine Tasse degustiere, frage ich mich, wie ich mich fühle und beobachte, was mit mir passiert. Vielleicht finde ich diese Tasse süss, lieblich oder sogar elegant… „Dann fragst Du Dich, was meinst Du eigentlich „elegant“?“ Du lerne einen Tee kennen, ohne Dich selbst zu übergehen. „Was meine ich schön? was meine ich süss? was meine ich bitter?“ Schön ist für mich, wenn ein Tee leicht geschmeidig fliesst. Süss ist ein Tee manchmal wie ein Frucht, manchmal wie Honig und manchmal wie Malz. Bitter ist ein Tee, wenn er herb schmeckt… Ich verstehe Tee, indem ich mich selbst mit Tee in Verbindung bringe. Ich verstehe Tee, indem ich meine Empfindung besser verstehe!
Nur durch diese Reflexion verstehe ich, was ich von Tee spüre. Und durch diese Reflexion verstehe ich mich eigentlich besser! Ach! Ohne eine klare Identität von sich selbst, verstehe man die Welt eigentlich nicht! Unklare Menschen schaffen Unklarheiten und leben in einer verblendeten Welt.
Hast Du Angst vor Tod??
Dann brauche ich im Tee sehr viel Vertrauen in diese Menschen, die mich durch die Welt des Tees führen. Bevor ich mein Vertrauen entwickle, kann ich nicht anders als diese Menschen mehrmals zu überprüfen – „Verdienen Sie mein Vertrauen? Könnte ich durch sie die Welt des Tees besser verstehen? Oder möchten Sie mich in eine Abhängigkeitsbeziehung bringen?“ Ich bin überzeugt, Tee ist keine Esotherik. Das Wissen von Tee ist kein esotherisches Wissen. Es ist überprüfbar.
Dann kam Joseph, mein guter Freund. Er kam und brachte zwei Tees. Er wollte beichten, dass er bei dem Nachbargeschäft einen Assam und einen Gyokuro kaufte. Wir lachten. Er wollte aber wissen, ob der Kauf mit dem Gyokuro richtig war. Mir gefällt seine Ehrlichkeit und Direktheit. Auch wenn er mit mir befreundet ist, ist er frei, dort einzukaufen, wo er sich wohl fühlt. Wir sind frei. Ohne viel zu erklären, gossen wir zwei Gyokuros auf. Ein Gyokuro Asashi und ein Gyokuro Seiyo, beide Organic und original aus Japan.
Die Antwort war nicht schwer zu finden. „Dieser (Seiyo) ist sehr zurückhaltend, leise. Aber sehr klar und präsent.“ sagte Jürg. Ja, er ist elegant und rein. Der Asashi Gyokuro, war bereits in dem Beutel vollen Teeladengeschmack. „Er ist süss. So süss, wie eine abgestandene Mandarine! Ein Tee, um WOW-Effekt zu erzeugen.“ meine Kommentar war grausam. Der gute offene Joseph akzeptierte unsere Kommentare und wir verabreden uns zu einem Ausflug im Sommer. Die Zeit war bereits spät und ich machte mich langsam auf den Weg zum Völkerkundemuseum…