Gedanke nach dem Vortrag von Nadia Bécaud

Ich war noch vor 30 Minuten in einem Vortrag von “Ambassador of Tea” Nadia Bécaud.

Eigentlich ist es mein Problem, dass ich Mühe habe mit Propaganda. Eigentlich ist es mein Problem, gerne Abstand zum jeglichen System zu pflegen. Ich bin nicht ein kritischer Mensch, der an alles zweifelt. Ich bin nur zu faul, um Geschwätz von jeglichen System ernst zu nehmen. Deswegen bin ich ein Fremde in einem fremden Land.

Wenn man mir von den so genannten „Top Ten“ des chinesischen Grüntee erzählt, lache ich meistens. Wer wählt denn die Top-Ten? Ich vergleiche es mit der Frage von „Wer wählt die Miss Schweiz?“ Hat Miss Schweiz etwa mit mir zu tun? Nichts.

Genau so wie mit dem Tee. Was hat die Top Ten mir überhaupt zu bedeuten? Mein Lehrer Atong hat mich überzeugt nicht, weil er im Forschungsinsitut von Taiwan tätig ist, sondern weil er Tee versteht und die Sprache des Tees zur Sprache kommen lässt. Das Ironische von Atong ist, dass er NICHT mit dem Tearesaerch-Insitut zu tun haben will und ist einer von zwei, die den höchsten Zertifikat von Tee-Taster Taiwans hat! Wenn mich ein Tee überzeugt, überzeugt er nicht wegen seinem Anbaugebiet, wegen seiner vermeintlichen Berühmtheit, sondern weil er für sich selbst spricht.

Gute Dinge sprechen für sich selbst. Das ist die Botschaft dieses Blogs und meine Überzeugung. Ich spreche nicht für Tee, sondern als ein Vermittler zwischen Tee und Menschen. Ich vermittele nicht die Top Ten, sondern „wie die Dinge für sich selbst sprechen“.

Schlußendlich sind die so genannten „Top“ von anderen bedeutungslos, wenn der Teeliebhaber nur an das „Top“ glaubt. Das Bedeutungsvolle ist das, was wir für uns als Top entdecken können und entdeckt haben! Das ist die Botschaft dieses Blogs.

Frau Bécaud spricht Chinesisch, hat einen chinesischen Mann und trägt Ehrentitel von chinesischen Teeinstitut. Sie sagt uns, was Top Ten in China ist und macht uns vor, wie man chinesische Grüntee machen „MUSS“ – „YOU MUST…“ Das macht sie sehr gut und spricht wie die offziellen Pressemitteilung von chinesischen Insituten, indem sie uns stets sagt, wo die besten Teepflanzen in China zu finden sind, wie rar die Top-Ten sind und wann man unbedingt nach dem Lehrbücher Tee pflücken muss! Als Teebotschaftlerin versteht sie sich selbst und war sehr erstaunt, dass man in der Schweiz von lange von Anji Baicha erfuhr und trank. Sie zeigte uns wie man richtig Grüntee zubereitet – in Glas. 

Ich bin ein Anfänger von Grüntee und kann gar nicht beurteilen, wie gut der Tee war, den sie mitbrachte. Ihr stellte ich eine Frage: „wenn man bei Oolong bereits eine Veränderung der Herstellung feststellen kann, ob man bei Grüntee-Produktion von China auch eine Veränderung zu beobachten haben, nachdem China sich ökonomisch stark entwickelt?“  Ihre Antwort war briliant und kurzgebunden: „Nein. Die besten Tees, die sie hat und kennt, sind immer von Teemeister sehr sorgfältig produziert. Solche Modeerscheinung interessieren die Teemeister nicht.“ Wie schön! Wie traurig für Atong! Ich weiß, wie mein Lehrer in Taiwan immer gegen den Wind zu kämpfen hat. Tradition treu zu bleiben ist nicht mit leeren Worte! „Gut,“ ich wurde ungeduldig, „Was meinen Sie dann mit Da Hongpao?“ Da Hongpao, ein Felsentee, dessen Originalität eine Illusion ist. Offziell in China darf man alle Baumsorte blenden und als „Da Hongpao“ verkauft werden! Das ist ähnlich so wie Champagne, der auch aus der Schweiz kommen darf! Sie sagte, dieser Tee wird immer noch traditiongemäss produziert. Ich schwieg.

Die Tees, die zur Verkostung kamen, waren frisch und interessant. Ich kann jetzt noch nicht laut sagen, was ich darüber sagen kann. Ich kaufte die sehr „kostbaren“ Tees und werde in Shui Tang mit dem Crew in der Ruhe degustieren. Es ist für uns ein sehr guter Lernprozess, verschiedene Muster zu sammeln und zu vergleichen. Tee spricht für sich selbst und ich muss nicht etwas dazu tun. Michel sagte mir immer wieder, „Menglin, die Welt ist perfekt. Das Kosmos ist perfekt. Nur die Menschen, die wollen immer ihren eigenen Senf dazu geben.“

Trotzdem finde ich Frau Bécaud großartig. Sie lernt eine Kultur mit einer großen Ernsthaftigkeit und bemühe sehr aus dem Perspektive des Fremden zu denken. Vielleicht ist es zu weit gegangen, das Fremde mit einer großen Anstrengung zum eigenen zu machen. Wir brauchen im Europa nicht eine chinesische Sicht des Tees, oder eine japanische! Wir brauchen eine Reflektion zwischen den Kulturen, ein gegenseitiges Dialoge zwischen Osten und Westen. Die Wurzel des Tees muss in den Boden Europas eingeschlagen werden, anstatt nur zu adaptieren!

Das ist meine Botschaft, Tee macht uns frei, anstatt neue Korsett – sei es chinesisch oder japanisch anzueignen. Darum bezeichne ich die Teegeschirr als Teatoys und Teefreunde als Spielfreunde. Wir sind ernst, wenn wir spielen, weil wir gut spielen wollen. Weil es ein Spiel ist, muss man das Ergenis nicht ernst nehmen und ruhig experimentieren.

Auch wenn ich das Gefühl während des Vortrags bekam, dass ich eigentlich zu euopäisch bin und sie zu chinesisch sei (das Gefühl habe ich sehr häufig bei vielen Menschen im Europa, die etwas mit asiatischen Künste zu tun haben), ist es wunderbar, was Teeclub Schweiz uns ermöglicht, Tee aus verschiedenen Perspektive zu erleben! Ich möchte hier mich richtig bei Teeclub Schweiz bedanken für Ihre Mühe, die Vielfalt des Tees in der Schweiz zu pflegen!

Ich habe großes Respekt vor so jemandem, der wie Frau Bécaud sich bemüht, mit Tee auseinanderzusetzen und Tee als Lebensaufgabe betrachtet. Solche Menschen möchte ich noch mehr in Teewelt zu begegnen!

8 Gedanken zu „Gedanke nach dem Vortrag von Nadia Bécaud

  1. Dominika

    Liebe Menglin

    Für mich ist der Tee, oder überhaupt das Leben wie ein Puzzle. Es kommt immer wieder ein Teil zum Bild. So war für mich auch dieser Abend. Ihre Erklärungen haben mein Verständnis für Grüntee bereichert. Der Rest ist war für mich nicht so wichtig.

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  2. Bachschmidt

    „Gute Dinge sprechen für sich selbst. Das ist die Botschaft dieses Blogs und meine Überzeugung.“

    Deshalb lese ich Sie immer wieder gerne und ist Ihr Blog eine Erweiterung meines
    Denkens und meiner Wahrnehmung.

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  3. Menglin

    Es ist unglaublich! Ihr seid fast schneller als ich beim Bloglesen! Ich bin ja eigentlich noch gar nicht richtig fertig mit diesem Beitrag. Ich hoffe, ich schreibe hier nicht über die Details des Tees, sondern über meine Haltung, Tee zu verstehen…
    Vielen Dank für Eure Kommentare!

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  4. Joseph F.

    Liebe Menglin

    Da ich bis jetzt mehrheitlich japanischen Grüntee getrunken habe, fand ich die heutige Teedegustation mit Nadia Bécaud, die uns sechs unterschiedliche chinesische Grünteearten vorstellte, sehr anregend und interessant. Ehrlich gesagt zu anregend, denn ich habe noch so viel Energie, dass ich auch weit nach Mitternacht nicht schlafen kann.
    Erstaunlich ist, dass Frau Bécaud als Westlerin chinesisch spricht und anscheinend dank der Heirat mit einem Chinesen viele offene Türen im Teeland China fand.
    Wie weit dies „Chinesische Propaganda“ ist, kann ich nicht beurteilen.
    Top Ten-Listen liegen im Trend der Zeit. Dass dies sogar bei den Teeliebhabern nicht halt macht, erstaunt mich aber doch irgendwie. Als ich Nadia Bécaud fragte, ob diese Liste von Ihr oder dem internationalen chinesischen Institute für teekultur käme, meinte sie, von Beiden!

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  5. Menglin

    Ja, ich konnte auch nicht gleich schlafen. Heute bin ich sehr müde und habe als erste in SHUITANG KAFFEE getrunken!
    Sicher hat der Vortrag uns viele interessante Aspekte gebracht, und Nadia weiss viel mehr als sie uns erzählen konnte – dies liegt an dem Rahmen der Veranstaltung. Für die meisten Teeliebhaber war es Dank ihr und dem Teeclub sicher eine interessante Begegnung mit chinesischen Grüntees.

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  6. Jürg

    Hallo Menglin,

    Vielen Dank für Deinen sehr schnellen Feedback.
    Mir gefallen Hitparaden auch überhaupt nicht. Und darum gibt es beim chinesischen Tee auch gleich mehrere davon, obwohl dies Nadia gestern verneinte. Aber ich denke, man darf dies nicht überbewerten. Denn umgekehrt hat Nadia selbst immer wieder betont, wie experimentierfreudig die Chinesen sind, und das genau dies auch unsere eigene kindliche Neugierende herausfordert. „I (Nadia) don’t know about tea; it’s a new experience with every new crop“ sagte sie an einer Stelle.

    Die Qualität der gestrigen Veranstaltung, und wie gross das daraus resultierende Puzzle-Stück tatsächlich sein wird, werden wir erst bei weiteren Veranstaltungen zum Thema Grüntee bewerten können. Dies wird allerdings nicht einfach, denn wir haben in Europa leider ein *grosses* Defizit an (unabhängigen) Experten zum Thema Chinesische Tees und deren „Top Crops“.

    Insofern werden wir wohl auf absehbare Zeit auf uns selbst gestellt sein, und wir werden unsere eigenen Erfahrungen machen müssen, um zu lernen, „was der Grüntee uns sagt“. Aber ich glaube schon, dass der von Nadia mitgebrachte Tee so hochwertig ist, dass er eine gute Referenz für genau diese Arbeit an uns selbst sein wird.

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  7. Jürg

    Hallo Menglin,

    Vielen Dank für Deinen sehr schnellen Feedback.
    Mir gefallen Hitparaden auch überhaupt nicht. Und darum gibt es beim chinesischen Tee auch gleich mehrere davon, obwohl dies Nadia gestern verneinte. Aber ich denke, man darf dies nicht überbewerten. Denn umgekehrt hat Nadia selbst immer wieder betont, wie experimentierfreudig die Chinesen sind, und das genau dies auch unsere eigene kindliche Neugierende herausfordert. „I (Nadia) don’t know about tea; it’s a new experience with every new crop“ sagte sie an einer Stelle.

    Die Qualität der gestrigen Veranstaltung, und wie gross das daraus resultierende Puzzle-Stück tatsächlich sein wird, werden wir erst bei weiteren Veranstaltungen zum Thema Grüntee bewerten können. Dies wird allerdings nicht einfach, denn wir haben in Europa leider ein *grosses* Defizit an (unabhängigen) Experten zum Thema Chinesische Tees und deren „Top Crops“.

    Insofern werden wir wohl auf absehbare Zeit auf uns selbst gestellt sein, und wir werden unsere eigenen Erfahrungen machen müssen, um zu lernen, „was der Grüntee uns sagt“. Aber ich glaube schon, dass der von Nadia mitgebrachte Tee so hochwertig ist, dass er eine gute Referenz für genau diese Arbeit an uns selbst sein wird.

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  8. Menglin

    Dass diese mitgebrachten Tees hochwertig sind und uns neue Erfahrungen bereichern können – daran habe ich nicht gezweifelt.

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