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Notizen aus der Reise – 初心Chu-Xin I

Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebe ich zwischen den Welten. Weil es bereits so lang dauert, verlor ich das Bewusstsein, was „Dazwischen“ bedeutet.

Zwischen den Stühlen, oder zwischen den Welten wird SEHR deutlich auf einer Teereise, in der ich verschiedene Rolle übernommen habe. Die Rolle eine Brücke zwischen den Kulturen zu spielen, war herausfordernd. Wer bin ich und was bin ich, wird zu einer dringenden Frage, die viel Stress verursacht. Man fühlte sich sehr schnell angreifbar. Die Gruppe musste mich einerseits verstehen. Ich wurde gezwungen mehrere Seite zu verstehen. Als ein gewöhnlicher Mensch, will die Welt nur so verstehen, wie es ihm angenehm und gewöhnt ist. Solche Situationen stressten.

Die Menschen, die mitgereist waren, sind liebevolle Menschen. In einer Gruppe entfalten sich oft andere Seite von uns, die im gewöhnlichen Alltag im Schatten stehen. In einer Gruppe entsteht eine besondere Dynamik, die einem Menschen in einem anderen Licht bringt. Die Gruppendynamik stresst. Vor allem mit vielen Menschen, die nie auf einer Gruppenreise gehen würden.

Ich hatte nicht immer einen Abstand zu dem Geschehen. Manchmal fühlte ich mich verloren zwischen den Welten. Ich verlor mein Lachen, als ich die Graben zwischen Menschen immer deutlicher zu sehen begann.

Die Großzügigkeit der Taiwaner, die unserer Gruppe mit Geschenken und Offenheit empfangen haben, werden wohl nicht mit desselber Gastfreundschaft erwidert bekommen. Es ist nicht Schuld von irgendetwas. Es ist einfach so. Menschen sind verschieden in dieser Welt. Andererseits dachte ich, man kann sich wohl angeregt fühlen, die Offenheit und Liebe, die man in Taiwan erlebt, nach Hause mitnehmen und es weiter geben. Darum eine Kulturreise, in der man mit sich selbst konfrontiert wird und reflektiert. Das seelische Geschenk aus der Reise in eigener Gesellschaft oder Umgebung zu leben.

Als Jie mich vor Kürzen in Taipei wieder besuchte, erzählte er mir, was er nach seiner Europareise 2018 wieder für sich entdeckt hat. „Ich habe mein Chu-Xin wieder gefunden.“ Chu-Xin, man kann als den Anfänger-Geist übersetzen. Jie lud uns ein in seiner Anwesen zu übernachten. Seine große Familie wurde involviert. Sein Onkel, ein Professor, kochte mit seiner Frau Kaffee für uns. Seine Mutter, eine Beamtin nahm Urlaub, um für uns Getränke zu offerieren. Sein Schwager, der in England promovierte, backte verschiedene Kuchen für unsere Pause. Seine Freunde half die ganze Yixing-Kanne-Ausstellung einzurichten. Jie lud zwei Yixing-Kannen-Meister nach Yilan ein, nur für uns zu demonstrieren, worin der Unterschied zwischen Modellierten Kannen und Künstler-Kannen liegt. All das, was er tat, tat er für Chu-Xin, sagte er. „Im Europa habe ich so viele Menschen gesehen, die sich begeistern lassen und Frage stellte, die ich schon längst vergaß. Das hat mich sehr berührt. Ich sah die Bilder wieder, wie ich einmal mit Yixing-Kannen angefangen habe. Ich habe sehr viel zu danken.“ Es ist so wertvoll, wieder mit dem eigenen Anfänger-geist in Berührung zu kommen.

Sun, Chao ist ein aufgehendes Stern der jungen Kannenmeister. Er erzählte uns ebenfalls, dass er in unserem Besuch sein Chu-Xin wieder begegnete. Seine Augen waren leicht feucht. Auch wenn provokative Frage gestellt wurde – „Ist Yixing-Kanne-Klopf-Kunst nicht ein Auslauf-Modell, wenn ein guter Töpfer 30 Kannen in einem Tag drehen kann?“ Sun, Chao kann nur 6 Kannen auf die Welt bringen binnen vier bis sechs Monaten. Die Kannen herzustellen ist nicht schwer, aber die Idee und Entwicklung dauern Monaten. Zum ersten Mal traf er seine westliche Sammler und sein neues Publikum. In ihren brennenden Augen widerspiegelt etwas für ihn, was in seinem Herzen brannte. Sun, Chao meinte, er nahm die Eindrücke von unserem Besuch als einen neuen Beginn.

Yu involvierte an dem gleichen Tag vier andere Charen, um uns mit vier Teetischen in Gongfu Cha zu offerieren. Wir hatten es genossen und realisierten das Netz zwischen den Menschen in Taiwan. Die Menschen bilden sich dort gegenseitig als ein Netz, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Die oft zitierte Netzwerk-Vorstellung meint man hier eigentlich das Werkzeug um die eigene Karriere voranzubringen. Ich sah darin wieder das, warum ich unbedingt nach Deutschland studieren wollte – wie bereichernd kann der Kulturaustausch sein! Ich wollte und will von den Fremden lernen!

Das war mein Chu-Xin. Der Kulturaustausch kann bereichernd sein. Die Fremderfahrung ist bereichernd. Die Schönheit zwischen den Kulturen zu teilen ist eine große Möglichkeit gegen den Krieg. Hinter dieser schönen Vorstellung ist der Konflikt zwischen den Stühlen im Schatten, was dazu gehört.

Heute tauschte Tim mit mir paar Zeilen. Man nehme alles viel zu intensiv durch Stress und es sei schwer, selbst nicht zu verurteilen. Ja, wir rechnen oft sehr hart mit uns ab und sind gewöhnt uns selbst zu verletzen. Dabei vergessen wir, was wir eigentlich wollten. Chu-Xin, der Anfänger-geist, mit dem wir die Welt zu entdecken begannen – nicht der Perfektionismus, nicht das Ego, will wieder gesehen werden!