Nach dem Teekonzert kamen interessierte Menschen zu mir, um meine Texte über Rilkes Musik zu fragen. Man wundert sich über die ehr als melancholische Texte von Rilke über Herbst und Einsamkeit interpretierten Texte, die von mir in einer anderen Öffnung gedeutet wurden. Vor allem die Kombination zwischen Gongfucha und Rilke wirkt frisch.


Bevor ich die Texte schrieb, hatte ich sehr Mühe die Komplementarität zu verstehen. Wie bedeutet es eigentlich? Erst als ich die Zeilen von Rilke lass, „wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange dauern.“ hatte ich das Gefühl ein wenig über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wer kein Haus hat, baut keines mehr, weil die Zeit vorbei ist. Es ist die Zeit das innere Haus zu pflegen und auf das zu zählen, was vorhanden ist. Kein Bedauern von gestern und kein Rückschau auf das, was nicht erreicht ist. Sondern auf die Gemeinschaft zählen, was da ist.
Wer Streit und Uneinigkeit hatte, muss nicht zu lange beim Brüchen bleiben, sondern auf das, was zwischen uns verbunden bleibt. Auf das zu zählen.
Das bedeutet nicht, dass Streit, Uneinigkeit und Hauslosigkeit unwichtig wäre, sondern, zu wissen, dass man Dinge nicht aufeinander reduzieren kann. Sie bedienen sich gegenseitig. Alle notwendige Eigenschaften bilden das Ganzen – das Andere ist wichtig. Diktatur töten das andere. Das ist das Problem. Der Wahn von Gesundheit und Wahrheit kann reflektiert werden. Ich schätze die Formulierung von Schweizer Bezeichnung über alternative Medizin als Komplementäre Medizin sehr. Denn die Schulmedizin und alternative Medizin sind gleichwertig und ergänzen sich gegenseitig.
Darum ist Shui Tang wichtig für Tee. Und ein „typisches“ deutsches Teegeschäft das immer fruchtige Gerüche verstreut auch wichtig. Das andere ist wichtig für uns, für das Zusammenleben und für die eigene Entwicklung.
Rilkes Botschaft ist doppeldeutig. Haus zu bauen – das äussere und das innere – ist wichtig. Wer das innere Haus nicht gepflegt hat, unterstützen andere, die es tun und zählen auf sie, die unsere Sichtweise öffnen können. Wer das äussere Haus nicht gebaut hat, zählen auf die Gemeinschaft – beim Gongfucha ist die Gemeinschaft der Teetisch – die uns unterstützen und halten. Festhalten ohne anzuhalten.
Ich danke sehr, dass die harte Zeit, in der ich mich von meiner Arbeit in Shui Tang zurückgezogen habe, Früchte tragen. Rilke hat meine Sichtweise für Gongfucha erweitert und mein Leben von „engen Gassen“ befreit. Und mein liebes Team und meine Tee-Gemeinschaft haben mich getragen und gehalten. Die Texte werde ich auf der Webseite von Shui Tang unter Teekultur veröffentlichen und man kann dort runterladen oder lesen – es dauert noch ein bisschen…