Seit zwei Monaten arbeite ich an das Konzept von unserem Jubiläumskonzert „Mutation und Gongfucha“. 15 Jahre sind nicht sehr lang für das Berufslebens eines Menschen, aber wohl lang genug für den frischen Wind des Lebens. Ich war inspiriert von den mutierten Teepflanzen, die wir diesmal als Jubiläumstee wählten. Ohne zu ahnen dass Mutation oft negativ vor allem in der Medizin konnotiert wurde.
Oft verwenden wir in der Wissenschaft den Begriff Transformation um einen Entwicklungsprozess zu beschreiben. Poetisch wird der Begriff Wandel oder Verwandlung angewendet. Warum insistiere ich in meinem Text noch das Wort Mutation zu verwenden?
Warum sprechen wir hier über eine Mutation anstatt über eine Transformation oder einen Wandel? In der fernöstlichen Kultur, vor allem im Zen-Buddhismus, versucht man das plötzliche Begreifen einer übergreifenden Sichtweise zu beschreiben. Der „magische“ Moment, in dem ein Mensch – zutiefst berührt – auf einmal eine nicht vorhergesehene neue Erkenntnis erlangt, wird als „Erleuchtung/Wu“ bezeichnet. Doch das ist nicht ein singulärer Moment, sondern er ist hervorgegangen aus einem langen Prozess des Wandels. Im Vergleich dazu veranschaulichen der Begriff Transformation oder der poetische Begriff Wandlung zwar die Entwicklung einer Öffnung zu etwas Anderem, aber das Geschehen des Unerwarteten bringen sie nicht zutreffend zum Ausdruck. Zwar könnte die Bezeichnung Mutation negativ konnotiert werden, sie drückt aber eben gleichzeitig den Prozess der Veränderung und das Eintreten des Unvorhersehbaren aus.
Seit gestern ist die so genannte Winterzeit wieder eingestellt. Der Tag kürzer und die Nacht länger. Ein neues Zyklus beginnt. Mir gefällt wie Duben die Herkunft des Wortes „Wandern“ erklärt: wiederholt wenden, dann: hin und her gehen. Der Anfang ist das Ende, das gleichzeitig wieder der Anfang ankündigt. Ähnlich wie auf den Teetisch. Jeder Aufguss ist jeder neue Anfang. Wiederholt. Aufguss für Aufguss bis der Prozess zu Ende läuft. Jeder Abschied ist zugleich der Anfang der nächsten Zusammenkunft. Auf Wiedersehen.