Der Sponsor meiner duftenden Orchideen kam nach dem Bankgeschäft zum Tee. Zwei Tie Guanyin aus der Chinareise sollten auch verkostet werden. Das passt wunderbar zu dem Duft der Orchideen, dessen Duft die Note eines hervorragenden Tie Guanyin wiedergeben sollte. Ich wollte allerdings noch zwei Dancongs verkosten lassen.
Ich schnitt die original verpackte Tüte auf und der roch bereits in der Tüte etwas fremdartig. Ich roch drei Duftspuren, während der Besucher lediglich die süsse Note identifizierte. Im Schweigen machte ich den Tee weiter und wartete auf den Aurguss. „ Er ist alt.“ „Woher weiß Du?“ „Wie alt? Ca. 1 Jahr?“ „Ja. Woher weiß Du?“ „Ich muss es schmecken können, genau wie Du den Aktionskurs vorhersehen könnten, oder?“ Dieser Tie Guanyin war bereits pflaumig. Der Duft war schwer, sehr süß. Blendend, aber nicht elegant. Schwer und nicht erhebend. Dominant und nicht „beherrscht“. Dann schnitt ich die andere Tüte auf. Ein Tie Guanyin aus Tian-Fu (Tie Ren Konzern). „Er ist sehr teuer! Er kostete mir 300 Yuan! (50 Sfr. Für 50g?)“ Teekanne wurde aufgewärmt und der trockene Duft des Tees wurde „geprüft“, „ Ja, das ist der Orchidee, die Du mir geschenkt hast! Riechst Du?“ „Ach!“ Ein wunderschöner Tie Guanyin, seltene Sorte! Sein Duft sehr klar, konzentriert, erhebend. Ruhig, präsent und zurückhaltend. So eindeutig und besänftigend schmeckt der elegante Orchideen Duft, klar und süß. Der mystischen Guanyin Yun (der berühmte Abgang dieses Oolongs) war so eindeutig, dass man ihn kaum übersehen konnte! Ich genoss den raren Tee. Wie wunderbar!
Der noch teure Phönix Ling Tou gefiel leider meinem Besucher nicht. Das Gesicht war verzogen. Ja, ein schwer zu verstehender Tee. Eine ungeübte Zunge ist überfordert. Der Phönix Ling Tou, den Stefan so gern wissen möchte, ist interessanter und spannend. Ich roch in den trockenen Blätter drei Duftspuren: Meribel (sorry, wie heisst dieses Frucht, das im Sommer gelblich aussieht und ähnlich schmeckt wie Pflaumen?), Lichee und Frauenmantel (Sorry, ich sammele selbst gerne Kräuter und pflegte bis zum letzen Herbst einen Kräutergarten. Der Duft erinnert mich einfach an diese kleinen Pflanzen in Swiss Mountain.). Aber in einer europäischen Zunge wurde die Duftnote „Kirschen“ festgestellt! Das ist das interessante bei dem Teeverkosten. Aufgrund unterschiedlicher kultureller Referenzen wird ein Tee unterschiedlich dekodiert. Das fasziniert mich immer wieder. Eine taiwanesische Zunge könnte nur Lichee deklarieren, während eine „fremde“ Zunge das Tee-Erleben auf eine andere Dimension bringen könnte.
Der Aufguss ist schön, süß und zugleich bitter – das Problem bei fast allen Dancong, den man hier kaufen könnte! Vor paar Wochen trank ich einen Huangzhixiang, der einen schönen Duft zeigte, aber eine unvermeidliche Bitterkeit hinterließ. Natürlich ist dieser Ling Tou von einer anderen Klasse (50g, 45 Sfr.), aber dieser Tee wird nicht leicht haben, verstanden zu werden. In der Wirklichkeit könnte er noch interessanter und unentbehrbarer werden, wenn er einen „Kenner“ getroffen hätte, ihn zu fördern… Er ist überhaupt nicht geröstet – das Problem von allen käuflichen Dancong. Warum nicht mehr geröstet? Darüber habe ich bereits einen Beitrag geschrieben. Es ist eben schwierig, jemanden zu finden, der sich wagt, aus einem guten „Body“ einen perfekten Tee mit seinem Handwerk zu verwandeln.
Lieber Stefan, der Ling Tou Phönix hat wirklich faszinierende Duftnote. Und wenn die bittere Note Dich nicht stört, oder bereits nicht mehr merkt – wie ich, könntest Du an dem Aufguss richtig Freude haben! Ob Du für ihn so viel Geld ausgeben möchtest, bleibt Dir selbst überlassen.
Als Vergleich habe ich einen Baxian 八仙 – Mandarin Orchideen von Mingcha aufgegossen. Eindeutige Pfirsich-Note: süß, fruchtig und dezent. Der Besucher freute sich über den angenehmen Aufguss, den ich extra so zubereitete. Es ist wirklich eine Geschmackssache. Jeder fühlt sich zu einem Tee hingezogen, je nach dem Zeitpunkt, wann er den Tee begegnet. Banxian ist sicher ein ausgezeichneter Dancong, der einen annährenden Teeliebhaber den Zugang zum Tee verschafft. „Diesen Tee kannst Du sicherlich nach einem „arbeits (augtrags) – intensiven“ Tag in der Ruhe trinken!“
Liebe Menglin,
ich danke Dir sehr für Deine anschauliche Beschreibung dieses Tees! Ja, die Bitterkeit ist tatsächlich das Problem vieler Dancongs die ich bisher kosten durfte. Es ist -wie alles im Leben 😉 – eine Frage des richtigen Masses. Eine Bitterkeit an der Basis des Tees ist für mich unerlässlich, wird diese Note jedoch stärker als das Blütenhonigaroma und dominiert gar den Abgang, dann ist es kein Tee für mich.
Daher hüte ich ja meinen momentanen Lieblings- Dancong, einen Huangzhixiang. Der ist ein Paradies aus tropischen Früchten und exotischen Blüten, die jede Bitterkeit kleinhalten. Den gönne ich mir darum nur selten…lechz!
Es grüßt Dich herzlich
Stefan
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Wenn ich es ehrlich sagen darf, würde ich den Ling Tou vor dem Huangzhixiang bevorzugen. Natürlich ist es eine Preisfrage. Auf der „absoluten“ (nur Tee) Ebende fühle ich mich von diesem Ling Tou angezogen, obwohl…
Die bittere Note von Lingtou könnte man mit Zubereitung korrigieren.
Hast Du den Milan Xiang Phönix 2005 von mir bereits probiert? Diesen Tee finde ich seit zwei Jahren nicht mehr zur adäquaten Qualität, insofern ist er fast unentbehrbar gewesen. Es ist inzwischen auch nirgendswo zu kaufen. Weder in Bern noch in Basel. Er war hervorragend und ausgezeichnet geröstet. Dunkle Blätter mit blumigen fruchtigen honigen Noten, wie ein Traum im Krischblüte-Regen!
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Ich werde den Ling Tou in jedem Falle probieren. Sind doch die Dancongs eine so faszinierende Teefamilie, das wohl jedes Mitglied das Kennenlernen wert ist!
Vielleicht habe ich mich mit dem Huang Zhi Xiang auch etwas unglücklich ausdrückt: dieser Tee ist ohne Zweifel nicht der hochwertigste Dancong. Aber dieser Tee, hat mir ALS ERSTER gezeigt, welche Aromen in einem Dancong schlummern können.
Das Blütenaroma und die Eleganz Deines Milan Xiang stellen absolute Sonderklasse dar -ich glaube gern, daß Du den nicht jedes Jahr so gut einkaufen kannst! Ich hoffe, ich kann nach Deiner Rückkehr aus Asien noch etwas davon nachbestellen? Vielleicht gemeinsam mit mit neuen Schätzen aus Guangdong… 😉 ? Deine Beschreibung vom Kirschblüten- Regen trifft es haargenau – keine Bitterkeit stört den Traum!
Was täte ich nur ohne Deine Schatzkammer…!!!
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hallo stefan deine antwort hat mich angestachelt,so habe ich meine 4 dan cong ,die ich besitze parallel degustiert(degoutiert= widerwillig.eklig finden)
ein bai ye dan cong aus paris
ein ba xiang von brüssel
und 2 phönix aus basel
die teuersten waren wirklich am schwiergsten zu verstehen sie geben ihren charakter nicht einfach preis,man muss durch die feine bitterkeit hindurch,das heisst zuviel aufmerksamkeit auf das bittere,dann offenbart sich die feine „pfirsichnote“ nicht,auch die anderen hatten diese note doch im gesamten viel lieblicher.mich erinnert das ein bisschen an die menschen,die meisten wollen nur mit lieblichen einfachen menschen zu tun,ist ja einfacher.
doch bei den schwierigen liegen die feinen qualitäten im verborgenen.
von wo habt ihr all die verschiedenen dan congs gibt es die auch in der CH.Ich liebe dancongs und auch die spröden felsoolongs.
gruss romeo
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Lieber Romeo,
Du hattest richtig das Glück, den Rest diesen tollen Dancong Phünix Milanxiang 2005 von Kathrin (Teeodor in Basel) zu ergattern! Am liebsten möchte ich ihren Vorrat wieder zurück kaufen, denn so einen Dancong finde ich nur mit Mühe… Für mich selber habe ich noch 130gr. aufbewahrt – für VIP Besucher.
Der Baiye aus Paris bekam ich als Geschenk von Roger. Ein schöner Baiye Dancong. Aber der Milanxiang war einfach unvergesslich!
Der Baxian aus Brussel – Du weiss, was ich dazu gesagt habe, das sparen wir hier.
Heute oder morgen schreibe ich weiter Beiträge über Dancong Huangzhi Xiang, Qilan Xiang und Milanxiang.
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Oh, Ihr macht mir total Lust auf einen solchen Dancong!!! Ich hatte selbst den schönen Phönix Dancong von Menglin … was für ein Genuß!
Leider ist er ausgetrunken … er war herrlich.
Bald wieder neuen Dancong …
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